14a Stephanie Plum: Der Winterwundermann (Visions of Sugar Plums)
sich doch bloß hinzubeamen brauchen … so wie Sie sich auch in meine Wohnung gebeamt haben.«
»Damit will ich mich zurückhalten … Beamen hebe ich mir für besondere Gelegenheiten auf.«
»Sie sind gar kein Weihnachtsgeist, oder doch?«
»Wenn ich wollte. Ich habe gehört, die Stelle wäre noch frei.«
Er trug dieselben Boots und Jeans und dieselbe Jacke, nur das schmutzige Shirt hatte er gegen einen Pullover getauscht.
»Sind Sie nach Hause gegangen, um sich umzuziehen?«
»Zuhause? Das ist weit weg.« Er wickelte verträumt eine Strähne von meinem Haar um seinen Finger. »Sie stellen aber viele Fragen.«
»Ja, aber Antworten bekomme ich keine.«
»Im Wohnzimmer sitzt ein kleiner pummliger Mann neben Ihrem Vater. Ist das Ihr Freund?«
»Das ist Valeries Freund. Albert Kloughn.«
Ich hörte, wie die Haustür aufging, und Sekunden später schlenderte Morelli in die Küche. Er sah erst mich an, dann Diesel, dann hielt er Diesel die Hand zur Begrüßung hin. »Joe Morelli«, sagte er.
»Diesel.«
Ein Moment des Kräftemessens. Diesel war ein paar Zentimeter größer und hatte mehr Körperfülle. Morelli war ein schlankes, kompaktes Muskelpaket mit finsteren prüfenden Augen. So einem wie ihm wollte man nachts in einer dusteren Gasse lieber nicht in die Arme laufen. Dann lachte Morelli mich plötzlich an und hauchte mir einen federleichten Kuss auf die Stirn.
»Diesel ist so was wie ein Alien«, sagte ich zu Morelli. »Heute Morgen tauchte er auf einmal in meiner Küche auf.«
»Solange er nicht die Nacht mit dir verbracht hat«, sagte Morelli. Er fasste hinter mich, nahm den Deckel von einer der Plätzchendosen ab und suchte sich einen Keks aus.
Ich sah Diesel verstohlen von der Seite an und ertappte ihn bei einem Schmunzeln.
Morellis Pager summte. Er überprüfte die Digitalanzeige und schimpfte. Er benutzte das Telefon in der Küche und starrte beim Reden auf seine Schuhe. Kein gutes Zeichen. Das Gespräch fiel kurz aus.
»Die Arbeit ruft«, sagte Morelli. »Ich muss gehen.«
»Sehen wir uns später noch?«
Morelli zog mich hinaus auf die hintere Veranda und schloss die Küchentür hinter sich. »Sie haben gerade Stanley Komenski in einem Fass für Industrieabfall entdeckt. Hinter dem neuen Thai-Restaurant in der Summer Street. Anscheinend steht das Ding schon seit Tagen da und zieht Schmeißfliegen an, von streunenden Hunden und Krähen gar nicht zu reden. Stanley war Gorilla von Lou Two Toes, das kann also eklig werden. Und als würde das nicht reichen, spielt auch noch das Stromnetz verrückt. Im Großraum Trenton ist es in einigen Gebieten zu Stromausfällen gekommen, die urplötzlich von allein wieder behoben waren. Nicht weiter schlimm, aber das hat natürlich zu einem Verkehrschaos geführt.« Morelli wandte sich um und deutete mit einem Kopfnicken zur Fensterscheibe in der Küchentür. »Wer ist dieser Riese?«
»Ich habe dir doch gesagt, der stand heute Morgen einfach so in meiner Küche. Ich glaube, das ist ein Alien. Vielleicht auch irgendein Geist oder so.«
Morelli legte eine Hand auf meine Stirn. »Hast du Fieber? Bist du wieder auf den Kopf gefallen?«
»Mir geht es gut. Hör lieber zu, was ich dir sage. Der Typ ist einfach in meiner Küche aufgetaucht.«
»Na gut, aber alle möglichen Leute tauchen in deiner Küche auf.«
»Aber nicht so wie er. Er ist wirklich einfach so erschienen. Wie gebeamt. Vom Himmel oder so.«
»Okay«, sagte Morelli. »Ich glaube dir. Er ist ein Alien.« Morelli zog mich zu sich heran und küsste mich saftig. Dann verschwand er.
»Und?«, fragte mich Diesel, als ich wieder in der Küche war. »Wie ist es gelaufen?«
»Er glaubt mir nicht.«
»Kein Wunder. Wenn Sie allen Leuten erzählen, ich sei ein Alien, dann kommen Sie irgendwann in die Klapsmühle. Und ganz nebenbei, ich bin kein Alien. Und ich bin auch kein Geist.«
»Was dann? Ein Vampir?«
»Ein Vampir würde niemals ungefragt ein Haus betreten.«
»Das ist mir zu hoch.«
»Überhaupt nicht«, sagte Diesel. »Ich kann eben einige Sachen, die andere Menschen nicht können. Machen Sie es nicht dramatischer, als es ist.«
»Ich weiß ja nicht einmal, was es ist.«
Diesmal konnte sich Diesel ein Lachen nicht verkneifen.
Punkt sechs Uhr setzten wir uns zu Tisch.
»Ist das nicht schön?«, sagte Grandma. »Ich komme mir vor wie auf einem Fest.«
»Ich kriege Platzangst«, sagte Mary Alice. »Pferde haben es nicht gern, wenn es eng ist. Es sitzen zu viele Leute am Tisch.«
»Bei mir
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