14a Stephanie Plum: Der Winterwundermann (Visions of Sugar Plums)
Küche, und jetzt ist es weg.«
»Ich dachte, Grandma wollte es wegwerfen, deswegen habe ich es Charlotte gegeben«, sagte Mary Alice.
Charlotte ist ein großer lila Dino, der in Grandmas Schlafzimmer wohnt. Grandma hatte ihn vor zwei Jahren an der Strandpromenade von Point Pleasant gewonnen, ganze vier Vierteldollar hatte sie dafür auf die rote Einunddreißig gesetzt. Der Mann brachte das Glücksrad in Schwung. Und Grandma gewann Charlotte. Ursprünglich sollte Mary Alice den Dino bekommen, doch Grandma verliebte sich in Charlotte und behielt sie. Die Füllung in Charlottes gewaltigem Dinoleib hatte sich seitdem ein bisschen umverteilt, deswegen wies sie hier und da klumpige Stellen auf, so wie Grandma.
Mary Alice lief nach oben und holte Charlotte, und tatsächlich, in Charlottes klaffendem Maul steckte, wie angepasst, Grandmas Gebiss.
»Charlotte waren die Zahnfüllungen ausgefallen«, sagte Mary Alice. »Sie hatte Probleme beim Essen, deswegen habe ich ihr Grandmas Gebiss gegeben.«
»Ach, wie lieb«, sagte Grandma. »Das ist mir nie aufgefallen.«
Wir sahen uns die Zähne etwas genauer an. Sie waren alle bemalt, mit Blumenmotiven, Regenbogen und bunten Sternchen.
»Ich habe die Zähne mit meinen Markerstiften hübscher gemacht«, sagte Mary Alice. »Ich habe die wasserfesten benutzt, damit die Bilder beim Zähneputzen nicht gleich wieder weggehen.«
»Das ist ganz lieb von dir«, sagte Grandma, »aber ich brauche meine Hauerchen, weil ich doch heute Abend eine ganz heiße Verabredung habe. Ich kaufe Charlotte welche, sobald ich kann.«
Grandma nahm Charlotte die Zähne aus dem Maul und steckte sie sich in den Mund. Sie lachte, und wir alle versuchten, nicht loszuprusten, außer mein Vater.
»Ach, du liebe Scheiße«, sagte er und starrte wie gebannt auf Grandmas Dentaldekor.
Das Telefon klingelte, und Grandma lief, um abzuheben. »Das war mein kleiner Weiberheld«, sagte sie, nachdem sie wieder aufgelegt hatte. »Er sagte, er hätte einen anstrengenden Tag hinter sich und müsste erst noch ein Nickerchen machen, um seine Batterie aufzuladen. Wir treffen uns nach dem Essen bei Stiva. Da gibt es heute eine Weihnachts-Spezialtotenwache für Betty Schlimmer.«
Bei uns gibt es Weihnachten immer Backofenschinken. An Heiligabend wird er heiß gegessen, und am Ersten Weihnachtsfeiertag baut meine Mutter ein riesiges Buffet auf, dazu gibt es den Schinken kalt, in Scheiben geschnitten, Makkaroni und noch ungefähr tausend andere Gerichte.
Wir hatten uns gerade zu Tisch gesetzt, da kam Kloughn. »Komme ich zu spät?«, fragte er. »Ich hoffe, ich komme nicht zu spät. Ich habe mir Mühe gegeben, nicht zu spät zu kommen, aber auf der Hamilton Avenue gab es einen Unfall. Sogar einen ziemlich einträglichen. Schwere Halswirbelverletzungen und so. Vielleicht nehmen sie mich ja als Anwalt.« Er küsste Valerie auf die Wange und wurde knallrot. »Alles gut?«, fragte er. »Hast du viel kotzen müssen heute? Geht es dir jetzt besser? Ich wäre so froh, wenn es dir wieder besser gehen würde.«
Grandma reichte Kloughn den Kartoffelbrei. »Ich habe mal gehört, dass diese Halswirbelverletzungen eine Menge Geld einbringen«, sagte Grandma.
Kloughn sah Grandmas Zähne, und der Schöpflöffel für den Kartoffelbrei fiel ihm aus der Hand und knallte auf seinen Teller. »Hä?«
»Sie wundern sich bestimmt über meine Zähne«, sagte Grandma. »Mary Alice hat sie für mich angemalt.«
»Ich habe noch nie bemalte Zähne gesehen. Bemalte Fingernägel, die ja. Und Tätowierungen tragen die Leute ja überall. Bemalte Zähne sind wahrscheinlich der nächste große Renner«, sagte Kloughn. »Vielleicht sollte ich mir meine Zähne auch bemalen lassen. Könnte man sich einen Fisch daraufmalen lassen? Wie fänden Sie einen Fisch?«
»Eine Regenbogenforelle sähe schick aus«, sagte Grandma. »Da hätten Sie gleich alle Farben drin.«
Mary Alice rutsche auf ihrem Stuhl herum. Sie redete leise mit sich selbst, zwirbelte Haarsträhnen um ihren Zeigefinger, zappelte unentwegt.
»Was ist los?«, fragte Grandma. »Musst du galoppieren?«
Mary Alice sah zu meiner Mutter.
»Na los, mach schon«, sagte meine Mutter. »Es war in letzter Zeit sowieso viel zu ruhig hier. Ein Pferd könnte ein bisschen Stimmung ins Haus bringen.«
»Ich weiß, dass es Santa Claus eigentlich gar nicht gibt«, sagte Mary, »aber wenn es ihn doch gibt - glaubst du, dass er auch Geschenke für Pferde dabeihat?«
Wir alle gingen sofort darauf
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