15 - Geheimagent Lennet und das Kommando Sonderurlaub
schwere Eingangstür hinter ihnen geschlossen hatte, schnupperte Silvia plötzlich in der Luft herum. »Riechst du es, Lennet, riechst du es?«
»Ja, was denn?«
»Moschus! Julie ist in unserer Abwesenheit wieder hiergewesen.« Vor dem Abendessen gab Lennet vor, noch etwas in Fecamp besorgen zu müssen, in Wirklichkeit fuhr er aber zum Campingplatz. Das schlechte Wetter hatte alle Camper bis auf zwei Ausnahmen verscheucht. Am Eingang entdeckte Lennet einen grauen Lieferwagen mit ein paar Antennen auf dem Dach.
Der Agent klopfte an die Wagentür, und ein kleiner magerer Mann von etwa fünfzig Jahren mit Bürstenhaarschnitt und aufgerollten Hemdsärmeln kam zum Vorschein.
»Hier in der Nachbarschaft sind Hähne", sagte Lennet. »Stört Sie das morgens nicht?«
»Ich bin Nachbarschaft 3, Sergeant Dupont.«
»Und ich bin Nachbarschaft 2, Leutnant Lennet.«
»Guten Tag, Monsieur Dupont. Hatten Sie eine angenehme Reise?«
»Jawohl, Herr Leutnant. Von Nachbarschaft l soll ich Ihnen etwas ausrichten.
Aha, eine Nachricht von Hauptmann Montferrand, dachte Lennet.
»Das Telefon von Loiseau und Petitluron wird abgehört. Bis jetzt haben wir noch nichts Verdächtiges mitbekommen.
Anastase kann nicht abgehört werden, da er kein Telefon hat.«
»Versteht sich. Stehen Sie in Verbindung mit dem FND?«
»In ständiger Verbindung.«
»Dann erkundigen Sie sich jetzt bitte nach einer gewissen Julie Crencks. Ich brauche ihre Adresse. Außerdem soll ihr Telefon abgehört werden.« Dupont kletterte zurück in seinen Lieferwagen. Fünf Minuten später stieg er wieder aus.
»Madama Crencks wohnt in Deauville, Rue de Paris 24, ihr Name ist in keiner Polizei- oder Geheimdienstkartei gespeichert.«
»Danke", sagte Lennet. »Installieren Sie auch ein Abhörgerät in der Telefonkabine des Café Victor am Marktplatz. Dann parken Sie ihren Wagen in der Nähe des Hauses von Monsieur Marais. Das ist...«
»Ich habe es schon auf der Straßenkarte gefunden, Herr Leutnant. " »Sie werden sicher nicht unbemerkt durchkommen, es wimmelt dort von Polizei. Falls Sie angehalten werden, zeigen Sie Ihren Dienstausweis, und dann läßt man Sie in Ruhe. Prüfen Sie alle Sendefrequenzen und halten Sie alle Radiosender fest, die im Hause empfangen werden. Besonders nach zwanzig Uhr.«
»Geht in Ordnung, Herr Leutnant. Ich werde in der Nähe des alten Brunnens parken.«
»Na prima, Sie kennen sich hier aus. Auf Wiedersehen, Monsieur Dupont. Bis heute abend.« Lennet setzte sich wieder ans Steuer seines Wagens und fuhr zurück. Der Kreis um Petitluron zieht sich zusammen, dachte er.
Merkwürdig, der pensionierte Beamte hat Telefon zu Hause, und trotzdem telefoniert er vom Café aus. Warum? Das Abendessen fiel diesesmal besser aus als am Vorabend.
Seit sich Silvia ihrem Freund anvertraut hatte, war sie nicht mehr so unglücklich. Der Braten war saftig und nicht verbrannt, der Pudding mit köstlichem Rum übergössen.
Marais scherzte wie üblich. »Lennet, kennen Sie den Unterschied zwischen einer Zitrone und einem Filmstar?«
»Es gibt keinen, Monsieur. Beiden werden leicht ein Opfer der Presse!« Gegen acht Uhr erschienen die drei Spiritisten zu ihrer allabendlichen Sitzung, und Lennet bat, teilnehmen zu dürfen.
Die Spiritisten waren davon nicht sehr begeistert.
»Ist das wirklich Ihr Ernst?« fragte ihn der Professor.
»Willst du nicht lieber mit mir fernsehen?« erkundigte sich Silvia.
»Wenn man jung ist, sollte man keine Gelegenheit auslassen, sich weiterzubilden", erklärte Lennet großartig. Er zwinkerte Silvia verstohlen zu, um ihr klarzumachen, daß er etwas im Schilde führte.
»Die Anwesenheit von Ungläubigen verjagt die Geister", bemerkte Monsieur Anastase bissig.
»Junge Leute haben vor nichts Respekt", meinte Monsieur Loiseau.
»Nun ja, aber wenn doch Panayotis Kraft sein Onkel ist", murmelte Monsieur Petitluron einlenkend.
Zögernd willigten die anderen ein. Lennet durfte in die Bibliothek mitkommen. Wie am Vorabend setzte man sich um den Tisch. Alle legten die Handflächen auf die Tischplatte.
Silvia löschte das Licht. Nur die kleine Lampe in der Ecke brannte. Lennet hatte zwischen Marais und Anastase Platz genommen, und seine Fingerspitzen berührten die große, runzlige Hand des Wissenschaftlers links von ihm und die schwielige, robuste Hand seines Nachbarn zur Rechten. Von Zeit zu Zeit knarzte ein Balken des alten Hauses. Vielleicht war es aber auch nur ein Windstoß, der einen der
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