15 - Geheimagent Lennet und das Kommando Sonderurlaub
er Geister beschwört obwohl das für einen Mann wie ihn ziemlich ungewöhnlich ist nein, es ist eher die Tatsache, daß die Geister ihm auch antworten. Da ich selbst nicht an Erscheinungen glaube, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder will er jemanden an der Nase herumführen - oder umgekehrt. Wenn letzteres der Fall ist, dann hat wohl einer seiner Kollegen die Hand im Spiel. Augenblicklich ist mein Hauptverdächtiger Petitluron.«
»Warum?« fragte Silvia gleichgültig.
»Weil er angeblich Panayotis Kraft, ein Medium, das ich erfunden habe, kennt. Hör mal, beunruhigt dich das alles denn gar nicht? Diese Phantasiegebilde, diese Erscheinungen, diese Stimmen, die dein Vater wahrnimmt?« Plötzlich verbarg Silvia das Gesicht in den Händen. »Ach, Lennet", schluchzte sie, »wenn es doch nur die Stimmen und die Erscheinungen wären!«
»Dein Vater macht mir Sorgen", begann Lennet, als er mit Silvia den Steilhang erreicht hatte
Eine besondere Duftnote
Ungefähr fünf Minuten lang weinte Silvia in Lennets Armen.
Vergebens fragte er sie nach dem Grund. Vergebens wies er sie scherzhaft darauf hin, daß das Meer schon salzig genug wäre, ganz umsonst zog er sie damit auf, dem Regen Konkurrenz zu machen, und es half auch nichts, daß er ihr auf die Schulter klopfte und sie bat, sich zu beruhigen. Die Tränen strömten nur weiter. Offenbar hatte sich so allerlei während der letzten Wochen angestaut, und nun war der Damm endlich gebrochen.
Silvia weinte alles aus sich heraus. Endlich schüttelte sie den Kopf, trocknete sich die Tränen ab, putzte sich die Nase.
»Papa... Papa will wieder heiraten", brachte sie hervor.
»Hat er dir das gesagt?«
»Nein, ich habe es erraten.«
»Aber das ist doch kein Grund so zu weinen. Schließlich ist dein Vater noch kein Greis. Deine Mutter ist schon lange tot, da ist es doch ganz normal...«
»Ich weiß selbst, daß es ganz normal ist", unterbrach ihn Silvia heftig. »Aber du verstehst das nicht! Diese schreckliche Frau wird ihn todunglücklich machen. Ich habe die beiden zusammen gesehen. Sie liebt ihn nicht. Sie ist nur auf das bißchen Geld aus, das er hat, und natürlich auf sein Ansehen...
Ich möchte aber, daß er eine Frau heiratet, die ihn auch liebt.«
»Aber warum bist du so sicher, daß diese Frau ihn unglücklich machen wird?«
»Weil sie sich über ihn lustig macht. Sobald er ihr den Rücken zuwendet, sieht sie ihm verächtlich nach, und sie behandelt ihn wie einen Schwachkopf, dabei ist er ein Genie.«
»Und wie reagiert er darauf?«
»Er merkt nichts davon.«
»Entschuldige, wenn ich das so sage, aber siehst du nicht nur aus Eifersucht die Dinge so?«
»Lennet, ich bin vielleicht ein bißchen eifersüchtig. Doch wenn alles in Ordnung wäre, würde Papa nicht ein Drittel seiner Zeit mit spiritistischen Sitzungen zubringen.«
»Ein anderes Drittel verbringt er immerhin mit seiner Arbeit...«
»Ja, und das letzte Drittel mit seiner Freundin.«
»Wie heißt sie denn?«
»Julie Crencks. Wenn ich den Namen schon höre!«
»Wo wohnt sie?«
»In Deauville. Ich vermute, daß Papa hierhergefahren ist, um ihr näher zu sein.«
»Kommt sie oft zu euch?«
»Seit ich da bin, nicht mehr so oft. Aber manchmal, wenn ich Freunde in Etretat besuchte, roch es bei meiner Rückkehr stark nach Moschus im Salon. Das ist ihr Parfüm. Huh! Ich hasse es!«
»Und besucht dein Vater sie?«
»Ja. Ab und zu verschwindet er für ein paar Tage. Er bietet mir zwar an, mitzukommen, aber ich habe bisher immer abgelehnt.
»Warum bist du so sicher, daß er sie heiraten will? Ist sie Witwe?«
»Nein, geschieden, glaube ich.« Lennet überlegte einen Augenblick. »Ich verstehe schon, daß es dich bedrückt, wenn dein Vater eine Frau liebt, die du nicht ausstehen kannst. Sag mal, beschäftigt er sich mit Spiritismus, seit er die schöne Julie kennengelernt hat?«
»Du meinst wohl, die häßliche Julie. Kurz danach fing es an, Lennet. Aber ich glaube nicht, daß da ein Zusammenhang besteht, bis auf die Tatsache, daß er seine Zeit nicht mit Spiritismus totschlagen würde, wenn er glücklich wäre.«
»Was macht denn Julie beruflich?«
»Ich weiß es nicht genau. Er hat sie auf einem Elektronik-kongreß kennengelernt.« Das Gespräch hatte Silvia gutgetan, sie schien sich etwas beruhigt zu haben. Die jungen Leute gingen zum Auto zurück und fuhren heim. Schließlich war die Heirat noch nicht beschlossene Sache. Als sie wieder das Haus betraten und sich die
Weitere Kostenlose Bücher