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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mörder?“ wendete er sich in amtlich strenger Würde an mich.
    „Nein.“
    „Dieser sagt es aber doch!“
    „Wäre ich ein Mörder, so müßte ich doch jemand ermordet haben!“
    „Du hast morden wollen; das ist genug. Kommt alle in die Stube! Ich werde ein strenges Verhör anstellen, und der Schuldige mag ja nicht glauben, daß er dem Kreuzfeuer meiner Fragen entrinnen kann. Nehmt ihn in die Mitte!“
    „Das verbitte ich mir!“ sagte ich. „Noch wissen wir nicht, wer der Schuldige ist. Ich gehe voran.“
    In der Stube angekommen, setzte ich mich zu meinem Rakitopf. Es war das der bequemste Sitz, den es gab.
    „Weg mit dir!“ meinte der Kiaja. „Das ist mein Platz.“
    „Siehst du denn nicht, daß es der meinige ist? Ich sitze ja bereits!“
    „So stehe auf!“
    „Ich sehe keinen unter euch, vor dem ich aufzustehen hätte.“
    „Siehst du nicht mich? Gehorchst du nicht gutwillig, so werde ich dir deinen Platz mit Gewalt anweisen lassen!“
    „Wer es wagt, mich anzurühren, dem werde ich diese sechs Schüsse in den Leib geben!“
    Ich hielt ihm den Revolver entgegen. Er tat einen Satz nach rückwärts, welcher einem Kunstturner alle Ehre gemacht hätte. Dann sagte er:
    „Dieser Mensch ist wirklich gefährlich. Wir wollen ihn einstweilen sitzen lassen.“
    Er suchte einen andern Platz, legte das Papier vor sich hin, stellte das Tintenfaß daneben, zog die Stirn wichtig in Falten, hielt die Feder gegen das Licht und untersuchte den Schnabel derselben. Das Resultat dieser Untersuchung war der Befehl:
    „Gib mir ein Messer!“
    Der Wirt brachte einen ‚Kneif‘ hervor, mit welchem man Holz hätte hacken können. Der Kiaja schnitzte mit demselben an dem Kiel herum, daß es eine Art hatte; dann gebot er:
    „Gib mir Wasser!“
    Das Tintenfaß wurde vollgegossen, und dann stampfte und rührte er mit der Feder in dem Schlamm, der nur sehr langsam weich wurde, so herum, als ob er Teig machen wolle.
    Die Situation belustigte mich außerordentlich. Ich schob ihm meinen Topf hin und sagte:
    „Das ist eine schwere Arbeit. Trink!“
    Es geschah wirklich, wie ich erwartet hatte. Er fragte:
    „Was ist darin?“
    „Zwetschgenbranntwein.“
    „Ist er gut?“
    „Sehr.“
    Er nahm den Topf, sah hinein, roch daran und trank.
    „Willst du mehr?“ fragte ich.
    „Hast du Geld?“
    „Ja, ich bezahle.“
    „Laß ihn vollmachen. Wir alle trinken dann.“
    Der Topf wurde gefüllt und ging von Mund zu Mund.
    Als die Reihe an mich kommen sollte, meinte der Kiaja:
    „Dieser ist der Verbrecher; er bekommt nichts!“
    Das war mir lieb, obgleich ich den Knechten anmerkte, daß sie mir gern einen Schluck gegönnt hätten. Sie schienen überhaupt auf meiner Seite zu sein. Den letzten Schluck nahm der würdige Beamte. Dann sagte er, die Brille festrückend:
    „Also jetzt beginnt das Verhör! Du hast auf diesen Mann geschossen. Nicht wahr?“
    „Nicht auf ihn, sondern auf seine Flinte.“
    „Das ist ganz gleich. Du hast geschossen; du hast es eingestanden. Das Verhör ist also zu Ende. Ich brauche gar nicht zu schreiben. Bezahle den Zwetschgenbranntwein und dann wirst du abgeführt.“
    „Wohin?“
    „Das wirst du schon erfahren. Jetzt hast du zu gehorchen, ohne zu fragen.“
    „Schön! Aber wenn ich nicht fragen darf, so wünsche ich, daß du doch wenigstens einige Fragen tust.“
    „Was hätte ich zu fragen? Ich bin fertig.“
    „Ganz wie du willst! So bin ich also auch fertig und werde meinen Weg fortsetzen.“
    „Das wirst du nicht tun, denn du bist mein Gefangener!“
    „Höre, wenn du einen Spaß machen willst, so mache wenigstens einen guten. Ich möchte wissen, wer mich halten wollte! Etwa du?“
    Er warf sich in die Brust und antwortete:
    „Ja, ich!“
    „So komm her und versuche es. Wenn ich dich zwischen meine Hände nehme, so bist du im Augenblick geknickt wie ein Schilfrohr. Und will mich etwa ein anderer halten, den schieße ich nieder.“
    „Hört ihr's?“ rief er. „Wir werden ihn fesseln müssen.“
    „Das ist nicht nötig. Ich tue euch nichts, denn ich weiß, daß auch ihr mir nichts tut. Du hast dein Verhör beendet, ohne zu fragen, wer ich bin. Mußt du nicht deinem Vorgesetzten meinen Namen nennen?“
    „Ja. Wer bist du und wie heißt du?“
    „Sieh, jetzt kannst du auf einmal fragen!“
    „Ich wollte nur nicht anfangen, weil ich dich nicht ganz und gar unglücklich machen wollte. Denn wenn ich einmal ins Fragen komme, so werden auch alle andern Verbrechen, die du begangen hast,

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