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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Aghatsch oder fünfzehn deutsche Meilen; ich meine in der Luftlinie.“
    „Das wären drei Tagreisen. Aber weil wir nicht fliegen können, so brauchen wir länger.“
    „Hm! Ich auf meinem Rappen würde in nicht ganz zwei Tagen dort sein. Maultiere pflegen sehr störrisch zu sein. Wie betragen sich die ihrigen?“
    „O, sehr gut!“
    Er sprach das so gedehnt aus, daß ich vermutete, er sage mir eine kleine Unwahrheit, um mich nicht auf den Gedanken kommen zu lassen, von seiner Begleitung abzusehen.
    „Hören Sie, lieber Albani, Sie flunkern wohl so ein bißchen?“ fragte ich.
    „O nein, gar nicht!“
    „Sollten diese Maultiere, diese Mietmaultiere so ganz ohne Fehler sein?“
    „Na, dasjenige, welches ich reite, hat einen ganz kleinen Klapps. Es hat die Angewohnheit, sich zuweilen auf die Vorderbeine zu stellen und mit den hinteren Beinen in der Luft herumzufuchteln. Und das Packtier läuft nicht immer so, wie man will. Es bleibt zuweilen stehen, um sich die Gegend mit Verständnis zu betrachten; auch legt es sich dann und wann nieder, um Denkübungen zu halten, und sonderbarerweise allemal da, wo der tiefste Schlamm ist. Aber das schadet nichts, denn es holt das Versäumte stets wieder ein. Wenn es ihm nämlich dann wieder in den Sinn kommt, daß eine kleine Bewegung für die Gesundheit eigentlich von Vorteil sei, so rennt es wie eine Eilzugslokomotive. Und dann wiehert es vor Vergnügen, wenn es sieht, daß wir zurücklaufen müssen, um die Sachen aufzulesen, die es verloren hat. Es will eben jedes Tierchen seine Pläsierchen haben, und ich bin menschlich genug, es ihm zu gönnen.“
    „Danke bestens! Das größte Pläsierchen eines solchen Tierchens muß sein, seinem Herrn zu gehorchen.“
    „Na, urteilen Sie nicht zu streng! Oppositionsgeist gibt es überall. Übrigens sind das die einzigen Fehler, welche die Maultiere haben.“
    „So scheint es mir, als ob Ihr Führer für sich das beste Tier ausgewählt habe?“
    „Ja. Das ist wahr; aber ich kann es ihm nicht verdenken. Ein jeder ist sich selbst der nächste.“
    „Das sind edle Grundsätze, nach denen aber Sie selbst sich auch der nächste wären. Ich bin neugierig, wie Sie mit solchen Tieren über die schlimmen Strecken kommen werden, welche vor uns liegen. Wohin wollen sie von Menlik aus?“
    „Das ist noch unbestimmt. Entweder reise ich südwärts nach Salonichi – oder nach Westen bis an das Adriatische, um dort zur See nach Triest zurückzukehren.“
    „Ich rate Ihnen das erstere.“
    „Warum?“
    „Weil es das weniger Gefährliche ist.“
    „Halten Sie denn die Menschheit hier für böse?“
    „Für böse gerade nicht; aber die Leute, welche zwischen hier und der Adria wohnen, haben eigentümliche Gewohnheiten. Sie lieben die Gütergemeinschaft, das heißt nur dann, wenn ein anderer etwas hat. Und sodann pflegen Sie oftmals allerlei Schieß- und Stechübungen zu halten, und dann nehmen sie wunderbarerweise am liebsten irgendein lebendes Wesen als Ziel.“
    „Das ist freilich sehr unangenehm.“
    „Sie haben allerlei Waren bei sich, vielleicht auch Geld. Das ist sehr verführerisch für Menschen von solchen Anschauungen. Es könnte leicht sein, daß man sich Ihre Sachen auf Lebenszeit von ihnen borgt. Oder es könnte sich gar ereignen, daß Sie bei Ihrer Einschiffung bemerken, man habe Sie da oben in den Bergen erschossen, und dann in irgendeiner wilden Schlucht eingescharrt.“
    „Für solche Bemerkungen danke ich nun freilich. Ich habe mir die Sache gar nicht so vorgestellt. Bis jetzt ist mir weiter nichts passiert, als daß ich in Adatschaly auf eine ziemliche Weise ausgehauen worden bin, aber nicht in Marmor, und daß ich sodann eine Brieftasche verloren habe. Dieses letztere kann ich natürlich nur meiner Nachlässigkeit zuschreiben, nicht aber auf die Rechnung der hiesigen Bevölkerung bringen.“
    „Vielleicht doch.“
    „Kann ein anderer schuld sein, wenn ich etwas verliere?“
    „Nein, wenn Sie es wirklich verloren haben.“
    „Meinen Sie, daß man mir die Brieftasche gestohlen hat?“
    „Möglich. Aber wenn nicht, so konnte der Finder sie Ihnen doch zurückgeben.“
    „Hm? Kannte er mich? Ich weiß gar nicht einmal, wo sie mir abhanden gekommen ist.“
    „Hoffentlich ist der Verlust nicht so bedeutend?“
    „Nein. Es steckten achtzig österreichische Papiergulden drin. Das wäre nicht sehr schlimm; aber ich hatte auch einige sehr, sehr liebe Andenken drin, die ich schmerzlich vermisse.“
    „Was war

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