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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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so ernst und eifrig hervorgebracht, als ob es sich um Tod und Leben, um Verdammnis und Seligkeit handelte. Ich gab lachend nach und reichte nur den Knechten ein Bakschisch, eine Kleinigkeit, von welcher sie aber so entzückt waren, daß sie der Reihe nach mir die Hand küßten, was ich trotz aller Anstrengung nicht verhindern konnte. Dann ritten wir davon, zunächst ein Stück hinter dem Dorf hin, und dann bogen wir zu der nach Ostromdscha führenden Straße ein, welche aber keine Straße war.
    Nur sehr kurze Zeit ritten wir auf derselben hin; dann aber, als wir das Dorf hinter uns hatten, fragte ich unseren Wirt:
    „Ist diese sogenannte Straße der einzige Weg, welcher nach Ostromdscha führt?“
    „Der geradeste ist sie. Es gibt aber noch andere Wege, welche freilich längere Zeit erfordern.“
    „Suchen wir uns einen solchen Weg aus! Ich möchte gern diesen vermeiden.“
    „Warum?“
    „Weil morgen, wenn uns die beiden Kerle nachkommen – – –“
    „Morgen?“ unterbrach er mich.
    „Ja, sie wollen so lange bei dir bleiben, weil sie nichts bezahlen dürfen. Sie erwarten dich nicht vor morgen zurück, weil du zu deinem Geburtstag ihrer Ansicht nach heute abend tüchtig trinken wirst.“
    „Diese Schurken! Ich werde sie überraschen und ihnen mitteilen, daß ich heute meinen Geburtstag gar nicht habe.“
    „Das wirst du wohl nicht tun.“
    „So? Warum nicht?“
    „Weil es auch in deinem Interesse liegt, daß sie nicht vor morgen mittag nach Ostromdscha kommen. Du wirst das noch erfahren. Wenn sie uns dann nachkommen, könnten sie zufällig inne werden, daß wir doch nach Ostromdscha ritten und nicht nach Doiran. Dies könnte alle meine Pläne zunichtemachen.“
    „Gut! Wenn du es wünschst, so reiten wir anders. Gleich hier führt ein Weg links ab in die Felder und Wiesen. Wir werden so reiten, daß wir auf die Straße von Kusturlu gelangen. Dort kennt uns kein Mensch.“
    Wir bogen also seitwärts ein. Doch war das Ding, welches er einen Weg genannt hatte, alles andere, aber kein Weg. Man sah es dem Boden an, daß hier zuweilen Menschen gegangen waren, aber eine Bahn gab es nicht.
    Rechts und links waren Felder zu sehen, meist mit Tabak bebaut. Auch einige kleine, kümmerliche Baumwollpflanzungen erblickte ich. Dann gab es wieder braches Land und endlich Wald, durch welchen wir ritten, ohne einen Pfad zu sehen.
    Bisher waren wir schweigsam gewesen, nun aber konnte der ‚Herbergsvater‘ seine Neugierde nicht länger zügeln. Er fragte:
    „Hast du gehört, was ich mit den Rakitrinkern gesprochen habe?“
    „Alles.“
    „Ihre Fragen und meine Antworten?“
    „Es ist mir nichts entgangen.“
    „Nun, wie bist du mit mir zufrieden?“
    „Du hast deine Sache ganz vortrefflich gemacht. Ich muß dich wirklich loben.“
    „Das freut mich sehr. Es war gar nicht so leicht für mich, das Richtige zu treffen.“
    „Das weiß ich sehr wohl, und darum habe ich mich doppelt über deinen Scharfsinn gefreut. Du hast bewiesen, daß du ein tüchtiger Pfiffikus bist.“
    „Herr, ich bin entzückt, das aus deinem Mund zu hören, denn ein Lob von dir ist zehnfach mehr wert, als aus einem andern Mund.“
    „So? Warum?“
    „Weil du ein Gelehrter bist, der alles weiß, von der Sonne herab bis auf das Körnchen im Sand, und ein Held, den noch niemand hat besiegen können. Du kennst Kaiser und Könige, welche dich verehren, und reist unter dem Schatten des Großherrn, mit welchem du von einem Teller gegessen hast.“
    „Wer hat dir das gesagt?“
    „Einer, der es weiß.“
    Ich ahnte sogleich, daß mein kleiner, sonst so braver Hadschi hier wieder einmal eine seiner Aufschneidereien losgelassen habe. Er nannte sich meinen Freund und Beschützer, und je höher er mich herausstrich, desto bedeutender war der Abglanz, der von mir auf ihn fallen mußte. Ein Blick nach ihm zeigte mir, daß er, wohl eine Art von Gewitter ahnend, gleich bei Beginn der Rede des Wirtes ein Stück zurückgeblieben war.
    Daß der Wirt meine Frage nicht direkt beantwortete, war mir ein Beweis, daß Halef ihm verboten hatte, ihn zu nennen.
    „Wer ist es denn also, der etwas weiß, wovon nicht einmal ich selbst eine Ahnung habe?“ fragte ich weiter.
    „Ich soll ihn nicht nennen.“
    „Gut! So werde ich ihn nennen. Hat er dir seinen Namen gesagt?“
    „Ja, Effendi.“
    „Es ist ein sehr langer. Heißt der kleine Halunke etwa Hadschi Halef Omar – – – und so weiter?“
    „Effendi, frage mich nicht!“
    „Und doch muß ich dich

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