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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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getroffen.
    „Parmak-im, el-im, fakir-im, wüdschud-im, ten-im – mein Finger meine Hand, mein Arm, mein Leib, mein Körper!“ brüllte er. „Bulmisch-um, beni wur-di, beni, beni – ich bin getroffen worden, er hat mich erschossen, mich – mich!“
    Dabei sprang er trotz seines schweren Körpers wie ein Rasender hin und her.
    „Zeig!“ gebot ich ihm.
    „Hier, hier! Da läuft das Blut; da fließt das Leben hin! Ich bin tot; ich bin eine Leiche!“
    Ich sah, daß die Kugel den Finger nur ganz leise gestreift hatte; nur ein wenig Haut und Fleisch war weg.
    „Schweig doch!“ sagte ich. „Das ist ja gar keine Wunde! Das tut nicht weh; das kannst du kaum fühlen!“
    „Das? Nicht fühlen?“ fragte er erstaunt.
    Er sah den Finger genauer an, horchte, ob er ihm auch wirklich weh tue, und antwortete dann:
    „Allah ist gnädig! Dieses Mal bin ich dem Tod noch glücklich entwischt. Aber ein wenig weiter nach rechts, so wäre es um mich geschehen gewesen!“
    „Ja, zwei Fuß weiter nach rechts!“
    „Zwei Fuß nur! Effendi, dir hat die Kugel gegolten! Warum tatest du deinen Kopf so schnell weg?“
    „Um nicht getroffen zu werden, natürlich!“
    „Dafür hat er dann mich getroffen! Dieser Elende konnte mich um das Leben bringen! Ich hatte ihm meine Tochter versprochen, und er schießt auf mich! Konnte er nicht besser zielen? Konnte er sich nicht mehr in acht nehmen? Zwischen mir und ihm ist es aus, vollständig aus! Saban, komm her und verbinde mich!“
    Aber Saban, der Bettler, kauerte bei Mosklan, um dessen Verletzung zu untersuchen. Der Verwundete wollte sprechen, konnte aber nicht; er brachte nur gurgelnde Töne heraus. Desto beredter aber waren seine Augen, deren Blick uns alle erstochen hätte, wenn das möglich gewesen wäre. Er sah, daß wir uns nicht in Feindschaft beieinander befunden hatten.
    „Wie steht es?“ fragte ich.
    „Ich weiß es noch nicht“, lautete die Antwort. „Die Kinnlade ist auch verletzt. Man wird nach einem richtigen Arzt senden müssen. Er muß hier liegenbleiben.“
    Ich begriff sehr wohl den Hintergedanken des Sprechers, antwortete aber doch:
    „So kannst du nicht mit nach Dschnibaschlü, denn du mußt doch hierbleiben. Wir andern aber müssen sofort aufbrechen.“
    „Was!“ sagte Halef. „Du willst diesen Menschen hierlassen, Sihdi?“
    „Ja.“
    „Bedenke, daß er entflohen ist! Wie ist ihm das gelungen? Vielleicht hat er den Schmied ermordet!“
    „Das werden wir erfahren. Er kann uns ja nicht entgehen. Saban mag für ihn sorgen, bis wir Botschaft senden.“
    „Und ich werde einen Arzt holen“, sagte Murad, der auf dem Herweg meinen Führer gemacht hatte.
    „Tue das!“ antwortete ich. „Ihr anderen aber kommt jetzt augenblicklich mit!“
    Keiner weigerte sich. Ich durchschaute die Kerle. Sie wollten mir ihr Wort nicht brechen, aber doch auch ihren verwundeten Verbündeten nicht im Stich lassen. Osco und Omar holten ihre Pferde. Wir stiegen auf. Der dicke Färber war wunderbarerweise der eiligste dabei.
    Die anderen folgten uns, langsamer und immer langsamer. Als wir den Wald hinter uns hatten, waren sie nicht mehr zu sehen.
    „Sihdi, warten wir, bis sie kommen?“ fragte Halef.
    „Nein. Ich bin froh, daß ich sie los bin!“
    „Sie müssen ja mit zu Boschak!“
    „Ich brauche sie nicht!“ sagte der Genannte. „Ich brauche überhaupt keinen Freund, welcher auf mich schießt. Dort kommt wieder ein Reiter!“
    Ich hatte bereits den Mann gesehen, welcher auf einem ungesattelten Pferd uns entgegenkam. Ich sah, daß er sein Pferd langsamer gehen ließ, als er uns bemerkte.
    „Ah, so ist ihm also nichts geschehen“, atmete ich auf.
    „Wer ist es?“ fragte Osco.
    „Der Schmied. Heute jagt immer einer hinter dem anderen her. Eine wahre Hetzjagd!“
    Wir spornten die Pferde an. Als Schimin mich erkannte, rief er von weitem:
    „Hamdullillah – Preis sei Gott, du lebst! Ich habe große Sorge um dich ausgestanden.“
    „Und ich um dich. Ist dir ein Leid geschehen?“
    „Nein!“
    „Aber deinem Weib?“
    „Er hat sie mit der Faust auf den Kopf geschlagen; aber es bedeutet weniger, als ich dachte.“
    Jetzt hatten wir uns ganz erreicht. Er war außer Atem.
    „Habt ihr ihn gesehen?“ fragte er.
    „Ja. Er schoß nach mir, traf mich aber nicht.“
    „Woher mag er die Waffe haben?“
    „Wie ist er denn entkommen?“
    „Zuerst kamen deine Freunde“, erzählte der Schmied, „und ich sandte sie nach dir zu Boschak, der sich hier an deiner Seite

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