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15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan

Titel: 15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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befindet. Dann stand ich in der Schmiede, um zu arbeiten. Da plötzlich sah ich den Gefangenen davonjagen. Ich sprang zu meiner Frau. Sie lag in der Stube und hielt sich den Kopf mit den Händen. Sie war noch nicht ganz bei Besinnung. Er hatte sie überfallen und niedergeschlagen.“
    „Wie aber war das möglich? Wie konnte er aus dem Keller entkommen?“
    „Herr, ich habe einen großen Fehler begangen. Dieser Hadschi Halef Omar wollte den Gefangenen sehen. Als dies geschehen war, ließ ich die Leiter lehnen. Er hat sich von den Banden freigemacht und ist aus dem Keller gestiegen.“
    „Konnte er denn die Tür öffnen?“
    „Sie ist ja nur von Weidengeflecht. Er hat sie aufgesprengt. Das dabei verursachte Geräusch konnte man nicht hören, weil ich schmiedete. Hinter dem Haus stand sein Pferd. Er bemerkte dies und entkam dadurch.“
    „Wie aber kommt es, daß er uns nachgeritten ist? Konnte er wissen, wo ich war?“
    „Er wird gehört haben, was ich mit deinen Gefährten sprach.“
    „Da seid ihr allerdings sehr unvorsichtig gewesen.“
    „Du hast recht. Ich wollte das wieder gutmachen. Darum gab ich meinem Weib Wasser, um sich den Kopf zu kühlen, rannte nach dem Dorf, nahm das erste Pferd, welches ich fand, und ritt nach Dschnibaschlü. Dort hörte ich von der Frau des Bäckers, daß du nach Kabatsch geritten seist, ihr Mann mit Mosklan dir nach und hinter ihnen dann deine Freunde. Darauf war der Entflohene gekommen, hatte dasselbe erfahren und war euch gefolgt. Ich ritt sofort weiter und freue mich von Herzen, daß ich euch wohl zurückkehren sehe. Jetzt werde ich erfahren, was geschehen ist.“
    Ich erzählte ihm in kurzen Worten unser Erlebnis. Als ich geendet hatte, sagte er nachdenklich:
    „Das hat Allah gegeben. Mosklan hat seine Strafe, und ich bin ihn los. Wie hättest du ihn von mir entfernen wollen, Effendi?“
    „Das wäre mir nicht schwer geworden, ist nun aber nicht nötig“, antwortete ich.
    Ehrlich gestanden, hätte ich mich aber doch in Verlegenheit befunden. Mosklan konnte doch nicht ewig im Keller des Schmiedes stecken. Wie nun ihn freilassen, ohne daß es ihm möglich war, sich zu rächen?
    Von dieser zu befürchtenden Rache sagte ich jetzt einige Worte; da aber beruhigte mich der Schmied:
    „Mache dir keine Sorge um mich! Ich habe jetzt durch euch so viel erfahren, daß ich diesen Pferdehändler nicht zu fürchten brauche. Jetzt kann er nicht reden, dir also keine augenblicklichen Verlegenheiten bereiten, und ich werde schon mit ihm fertig werden!“
    „Ich auch!“ knurrte der Dicke. „Er hat auf mich geschossen. Das soll er mir entgelten! Mein Leben hing an einem einzigen Haar.“
    „Nein, sondern an meinem ganzen Kopf!“
    „Vielleicht hat er dich und mich mit einer einzigen Kugel erschießen wollen! Doch, Effendi, das ist das Dorf. Reiten wir langsamer. Ich habe vorher noch einiges zu fragen.“
    Ich blieb mit ihm ein wenig zurück, und da sagte er:
    „Du wirst also dem Sahaf von den Teppichen erzählen?“
    „Ja.“
    „Er wird auch den Ort erfahren, an welchem sie sich befinden?“
    „Ich werde ihm dieselben sogar zeigen.“
    „Willst du das nicht lieber unterlassen?“
    „Nein! Ich will haben, daß er dich anzeigen soll.“
    „Du bist grausam. Verlangst du das denn wirklich von ihm?“
    „Ja.“
    „Wirst du ihn zwingen, wenn er lieber davon absehen will?“
    „Ich muß abreisen; ich kann ihn also nicht zwingen. Er wird es aber sicher tun, wenn du ihm dein Wort nicht hältst. Richte dich also danach!“
    „Ich werde ihm mein Wort halten.“
    „So laß gleich jetzt den Kiaja kommen und drei Nachbarn als Zeugen. Das rate ich dir.“
    „Meinst du?“
    „Ja. Du mußt dem Sahaf zeigen, daß es dein Ernst ist.“
    „Ich werde dir gehorchen, und – o Allah – wie werden sie sich freuen, mein Weib und meine Tochter!“
    Da endlich kam doch die angeborene Gutmütigkeit zum Durchbruch! Sein Gesicht erheiterte sich zusehends, und als wir vor seinem Haus von den Pferden sprangen, er sich aber von dem Maulesel förmlich herabgekugelt hatte, da eilte er uns voran, riß die Tür auf, und wir hörten ihn rufen:
    „Tschileka, Ikbala, gelyn, gelyn, ewetlemyn, burda iz – kommt, kommt, eilt, wir sind da!“
    Und sie liefen herbei. Der Herr des Hauses war der erste, den sie erblickten, ich der zweite.
    „Herr, da bist du!“ rief die Lieblichste von ganz Rumili. „Es ist dir nichts geschehen? Allah sei Dank! Ich habe dich warnen lassen. Hast auch du Wort

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