1500 - Der Albino
gegangen. Nur nicht bei der Cavallo, denn sie musste nicht atmen.
Zwei »Helden« standen vor ihr, die bereit waren, Justine Gewalt anzutun. Auch Justines Haare waren nass vom Regen. Die blonde Pracht war jetzt mehr mit einem nassen Lappen zu vergleichen, der das Gesicht einrahmte.
Justine tat nichts. Sie schaute die noch recht jungen Männer nur forschend an und gab dann Antwort. Aber keine, worüber sich die beiden freuten.
»Haut ab!«
»He, was sollen wir?«
»Einfach nur verschwinden und euch nicht mehr blicken lassen.«
Die Typen grinsten wie auf ein geheimes Kommando. Sie waren ja so von sich überzeugt, auch wenn sie durch die Haltung der Frau eigentlich hätten gewarnt sein müssen. Bei ihr gab es kein Anzeichen von Angst. Sie stand selbstbewusst auf der Stelle, als würde sie hier die Befehle geben.
Einer schnippte mit den Fingern. Er war der Größere der beiden und auch zwei Jahre älter.
»Wir haben immer durchgezogen, was wir wollten. Du brauchst es auch nicht hier im Freien zu machen. Wir kennen ein Haus, das leer steht. Dort gibt es einen Keller, wo wir ungestört sind. Alles klar?«
Die Blutsaugerin nickte. Sie hatte es eilig und wollte sich nicht lange aufhalten lassen. Die Kerle brauchten auch nicht zu sehen, wen sie vor sich hatten, deshalb hielt sie ihren Mund geschlossen, als sie zwei Schritte nach vorn trat.
Der Größere wollte zurück. In dieser kurzen Spanne schien ihm klar geworden zu sein, dass es doch nicht so einfach war.
Nicht mal die ruckartige Bewegung zurück schaffte er.
Justine griff zu!
Dabei nahm sie nur eine Hand. Sie reichte aus, um die Kraft zu dokumentieren, die in ihr steckte. Mit den Fingern umklammerte sie das Kinn, ein kurzer Ruck, und der Typ verlor den Boden unter den Füßen. Er wurde in der Luft gehalten. Der Schmerz wühlte sich durch sein Gesicht. Er konnte nicht mal schreien, nur stöhnen.
Sein Kumpan tat nichts.
Er war nur entsetzt.
Justine wuchtete ihre menschliche Beute nach vorn und ließ sie los.
Die beiden Kerle prallten zusammen.
Und sie landeten aufeinander und blieben auf der nassen Erde liegen.
Justine hörte ihr Stöhnen. Sie wusste auch, dass die Männer leichte Beute für sie waren. Es juckte sie schon, ihre Zähne in die warmen Hälse zu schlagen, aber da wartete eine Aufgabe auf sie, die noch erfüllt werden musste.
»Ihr habt Glück gehabt!« flüsterte sie den beiden zum Abschied zu und ging davon.
Den Park hatte sie schnell hinter sich gelassen. Die Straße, in die sie einbiegen musste, lag schnurgerade vor ihr. Sie war nicht unbedingt breit, und die hohen Hausfronten ließen sie noch schmaler erscheinen.
Die blonde Bestie ging kein Risiko ein. Sehr genau schaute sie hin.
Es konnte sein, dass aus dem Dunkeln plötzlich Gestalten erschienen, die zu einem Angriff starteten.
Der dünne Regen senkte sich wie ein nie abreißendes Netz vom Himmel.
Automatisch fing sie wieder an, über Saladins Plan, den sie nicht kannte, nachzudenken. Der Hypnotiseur war raffiniert. Er hätte auch allein zurechtkommen können, aber er hatte sich einen Partner gesucht, und das war Will Mallmann, alias Dracula II, der sich eine Weile mit Justine Cavallo verbündet hatte. Doch sie hatte sich zu stark eingeengt gefühlt und hatte sich deshalb von ihm gelöst. Genau das war ihr von Mallmann übel genommen worden. Hätte er sie in die Gewalt bekommen, er hätte sie am liebsten vierteilen lassen.
Aber Justine wusste genau, was sie tat. Sie ging Mallmann zwar nicht unbedingt aus dem Weg, aber er wusste auch verdammt genau, dass mit ihr nicht zu spaßen war, denn wehren konnte sie sich.
Saladin war jetzt wichtiger, obwohl sie sich vorstellen konnte, dass er und Mallmann gemeinsam einen Plan ausgeheckt hatten, und dabei würde sicherlich die Hypnose eine nicht unbedeutende Rolle spielen. So konnte Saladin versuchen, sie zu hypnotisieren. Bisher hatte er es noch nicht versucht, und genau über diese Gründe grübelte sie nach. Ihm war es ein Leichtes, Menschen in seine Gewalt zu bringen, aber sie war kein Mensch. Sie ernährte sich vom Blut der Menschen.
Okay, sie war in dieses Lokal bestellt worden. Saladin hatte ihr einen Gefallen erweisen wollen. Er hatte davon gesprochen, ihr so viel Blut wie möglich zu präsentieren, sodass sie davon übersatt werden konnte. Aber was würde sie davon haben? Und sie fragte sich zugleich, ob jemand wie Saladin nicht auch übertrieb.
Dass der Treffpunkt in dieser Straße lag, erkannte sie mit einem Blick. In der
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