1500 - Der Albino
rechten Häuserzeile war eine rosafarbene Reklame zu sehen.
Das Wetter hatte die Menschen in die Häuser getrieben. Es war auch niemand zu sehen, der sich dem Lokal genähert hätte. Alles lag in einer schon friedlichen Stille, wobei diese für Justine Cavallo mehr als trügerisch war.
Sie glaubte nicht mehr daran, dass Saladin sie in dem Lokal treffen wollte. Vielleicht war dies nur ein Vorwand gewesen, und so hielt sie ihre Augen weit offen, um eine Gefahr möglichst schnell erkennen zu können.
Sie stand plötzlich still. Etwas hatte sie gestört. Es war ein Laut gewesen, ein Geräusch, das nicht in diese Stille passte.
Sie lauschte, schaute dorthin, wo die rosafarbene Reklame einen vergeblichen Kampf gegen die Dunkelheit focht, und dann vernahm sie das Geräusch erneut.
Ein Kichern…
Justine drehte den Kopf nach rechts. In unmittelbarer Nähe befand sich ein Hauseingang. Und dort stand Saladin in seiner vollen Größe und Arroganz.
Er hatte die Arme locker vor der Brust verschränkt und wollte so beweisen, dass ihm keiner etwas anhaben konnte.
»Aha«, sagte Justine nur.
»Freust du dich?«
»Warum sollte ich mich freuen?«
»Dass ich jetzt hier bin.«
»Da kann ich mir andere Freuden vorstellen.«
»Wie du meinst.« Saladin lächelte kalt. »Vielleicht freust du dich ja, weil ich dir Grüße aus der Vampirwelt bestelle.«
»Etwa von Mallmann?«
»Ja.«
»Schick ihn zur Hölle. Außerdem bin ich nicht gekommen, um mit dir über Mallmann zu sprechen. Was willst du wirklich?«
»Ich wollte mit dir reden. Wenn du mir eine Weile zuhörst, ist es nicht schwer für dich zu begreifen. Ich habe nach einiger Suche in der Vampirwelt mein Domizil gefunden. Man erwartet einiges von mir. Die Bewohner dort wollen ihren Durst stillen, und das geschieht nicht durch Wasser. Ich habe ihnen versprochen, für den entsprechenden Nachschub zu sorgen. Sie brauchen Menschen, in deren Adern das Blut zirkuliert. Verstehst du?«
»Und woher holst du sie?«
Saladin lachte. Er fühlte sich als King. Es machte ihm auch nichts aus, dass die dünnen Regentropfen über seinen blanken Schädel liefen. Denn er allein bestimmte durch seine Kraft, wo er auftauchte und wo nicht.
Er schüttelte den Kopf. »Bitte nicht eine solche Frage, meine Gute. Ich habe bereits alles in die Wege geleitet. Sie sind bereit. Deshalb habe ich dich angerufen, denn ich denke auch an dich. Du wirst es zwar nicht gern hören, aber es entspricht den Tatsachen. Ich habe sie bereits vorbereitet, und sie befinden sich an unserem Treffpunkt.«
»Also in der Kneipe.«
»Ja.«
Justine überlegte. »Und wer ist noch dort? Sie sind sicherlich nicht allein.«
»Genau. Es gibt noch diese Wirtin, die sich Madame nennt.« Er winkte ab. »Sie ist kein Problem, und du bist gekommen, wie ich es mir gedacht habe. Das freut mich.«
Die blonde Bestie lächelte. Sie hatte zwar jedes Wort verstanden, konnte Saladin aber nicht so recht folgen.
»Warum tust du das? Womit habe ich diese Großzügigkeit verdient?«
»Wir sollten darüber nachdenken, wie wir eine neue Basis schaffen. Dracula II hat seine Vampirwelt fertig. Sie ist fast perfekt. Er ist dort der Herrscher. Er sagt, wo es langgeht. Sein Volk muss immer wieder Nahrung bekommen, und wie ich bereits sagte, habe ich ihm versprochen, dass ich dafür sorge. Ich besorge ihm das Blut, und dafür brauche ich Menschen. Sie warten in der Kneipe der Madame…«
»Du hast sie also unter deine Kontrolle gebracht, denke ich mal.«
»So ist es.«
»Und weiter?«
»Wieso weiter? Es gibt kein Weiter mehr. Es ist alles genau eingerichtet. Sie stehen unter meiner Kontrolle. Ich hätte sie längst wegschaffen können, aber ich habe auf dich gewartet, denn du sollst auch etwas von ihnen haben.«
Die Vampirin nickte. »Ja, das sagtest du bereits.« Sie lächelte und zeigte dabei ihre Zähne. »Das ist alles so wunderbar, und ich gebe dir völlig recht.«
»Wunderbar.«
»Nein, nein, so ist das nicht gemeint. Du musst mich schon ausreden lassen.«
»Bitte.«
»Ich wundere mich über deine Großzügigkeit. Du stehst auf Mallmanns Seite. Ich nicht, denn ich habe mich von ihm getrennt, und genau das ist der Punkt. Mallmann kann es nicht verkraften. Er will mich vernichtet sehen, und plötzlich erscheint sein Partner und reicht mit die Hand zum Frieden. Das kann ich nicht akzeptieren. Da steckt etwas dahinter. So völlig selbstlos seid ihr nicht.«
»Doch, das sind wir. Das kann alles sein, wenn man einen neuen Weg
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