1500 - Der Albino
hoch für Sie. Ich gebe Ihnen einen guten Rat. Gehen Sie, und das so schnell wie möglich.«
»Danke, aber das werden wir nicht tun.«
»Bitte? Schauen Sie sich doch mal um, was hier geschehen ist. Das ist der reine Wahnsinn. Dagegen kann man gar nicht anstinken. So etwas ist eigentlich unmöglich.«
»Stimmt.«
»Und ich…«
Suko ließ sie nicht ausreden. »Und Sie sind als Einzige nicht betroffen, wie man sieht.«
»Da haben Sie recht.«
»Und wie kam das?«
»Glück, sage ich Ihnen. Unwahrscheinliches Glück und ein gutes Reaktionsvermögen. Ich konnte noch schnell genug abtauchen, als dieser Glatzkopf erschien.«
»Sie sprechen nicht von diesem Albino – oder?«
Sie schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. Der sieht zwar ähnlich aus, aber der andere Typ ist so etwas wie ein Phänomen. Man kann es schlecht beschreiben, aber er beherrscht eine Gabe, vor der man sich einfach fürchten muss. Er kann die Menschen hypnotisieren und unter seine Knute zwingen.« Sie wies mit ausgestrecktem Zeigefinger an uns vorbei. »Drehen Sie sich um, dann sehen Sie es. Das ist einfach grauenhaft. Ich komme damit jedenfalls nicht zurecht und kann nur sagen, dass ich so etwas noch nicht erlebt habe.«
Suko wollte es auf den Punkt bringen und fragte: »Wie ging es denn genau vor sich?«
»Ja, ähm, das ist nicht leicht zu beantworten, obwohl es eigentlich ganz einfach ist. Als er eintrat, befand ich mich in Höhe der Tür hinter mir. Ich wusste sofort, dass etwas passieren würde, und ich hatte eine hündische Angst. Ich zog mich zurück, schloss die Tür aber nicht völlig. Durch einen Spalt konnte ich es zum größten Teil sehen. Dieser Typ ist wie aus dem Nichts erschienen, und er hatte alles im Blick. Er brauchte nicht viel Zeit. Was er genau tat, habe ich nicht gesehen, aber er muss eine Bewegung gemacht haben, wie auch immer. Jedenfalls saßen meine Gäste da und konnten sich nicht mehr bewegen.«
»Aber Sie schon.«
Die Wirtin nickte Suko zu. »Ja, ich habe mich bewegen können. Er hat mich ja nicht gesehen.« Sie atmete stark aus. »Dann habe ich nur noch gezittert und gehofft, wobei ich wohl Glück gehabt habe.«
»Stimmt«, sagte ich und brachte das Gespräch auf ein anderes Thema. »Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen, Missis…«
»Die Leute sagen nur Madame zu mir.«
»Aber Sie haben doch einen richtigen Namen.«
»Ja, ich heiße Rose Nelson.«
»Okay, Mrs. Nelson…«
»Nein, sagen Sie Rose. Dieses Mrs. Nelson habe ich schon vor langer Zeit abgegeben.«
»Okay, Rose. Ich denke, dass wir Folgendes machen. Mein Kollege und ich werden hier bei Ihnen bleiben, aber nicht hier in der Gaststätte. Der Raum hinter der Theke könnte für uns geeignet sein. Von dort aus ist es sicher möglich, das Geschehen hier im Gastraum zu beobachten.«
»Welches denn?« flüsterte sie.
»Na, ich denke schon, dass derjenige, der schon einmal hier gewesen ist, wieder zurückkehren wird.«
»Der – der – Glatzkopf?«
»Ja. Saladin, der Hypnotiseur.«
»So heißt er also.«
»Einverstanden?« fragte ich.
Sie zögerte noch. »Der Raum ist nicht eben gemütlich. Das ist halb Küche und halb Lager.«
»Das macht uns nichts aus«, sagte ich. »Wir wollen nur auf Saladin warten.«
»Kommen Sie denn gegen ihn an?«
»Das wird sich zeigen.«
Über Rose Nelsons Gesicht rann eine Gänsehaut. »Aber der ist schneller als Sie. Bevor Sie noch Atem geholt haben, hat er Sie schon in seinen Bann gezogen.«
»Wir werden es eben nicht so weit kommen lassen. Außerdem kennen wir ihn und wissen deshalb, wie wir uns zu verhalten haben.«
»So richtig gefällt mir das nicht.«
»Lassen Sie uns erst mal nach hinten gehen.«
»Gut, wie Sie meinen, Mr. Sinclair.«
Suko und ich mussten bis zur linken Seite der Theke gehen, um hinter sie zu gelangen. Wir sahen noch eine zweite Tür. Bestimmt war sie der Zugang zu den Räumen in der ersten Etage. Zwangsläufig musste ich dabei an das Zimmer denken, von dem Maggie Crane berichtet hatte.
Das alles war jetzt nicht mehr interessant. Ich dachte mehr an die Gäste hinter mir. Wie lange würden sie in diesem Zustand bleiben?
Was hatte Saladin mit ihnen und auch mit Lucio, dem Albino, vor?
Wir waren leider nicht eingeweiht und mussten uns die Dinge selbst zusammenreimen.
Das Zimmer, in das uns die Wirtin führte, war mit einer Rumpelkammer zu vergleichen. Es war tatsächlich eine Kochstelle vorhanden. Dort hätte mir niemand ein Essen zubereiten dürfen. Der
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