1510 - Der Hexenbrunnen
»Was sagt denn Ihr Pfarrer dazu?«
»Nichts, weil er nichts mehr sagen kann. Er ist aus Altersgründen ausgeschieden, und einen neuen Pfarrer hat man uns noch nicht zugeteilt. So ist das.«
»Danke für die Auskunft.«
»Das war auch die letzte«, erklärte Quinlain. »Und jetzt sehen Sie zu, dass Sie aus unserem Dorf verschwinden. Wir hier in Gaerwen brauchen keine Schnüffler.«
Er drehte sich einfach um und ging weg.
Suko und ich blieben noch. Der Inspektor schüttelte den Kopf.
»Ein verdammt komischer Kauz ist das. Ich schätze ihn nicht eben als harmlos ein.«
»Richtig. Er weiß mehr, als er zugeben will.«
»Und was? War er dabei, als Kendall getötet würde?«
»Nein, er weiß mehr über die Hexen, die Justine gesehen hat. Ich gehe zudem davon aus, dass sie sich hier irgendwo in der Gegend aufhalten. Nicht allzu weit vom Brunnen entfernt. Damit sie ihn schnell erreichen können.«
»Und wer könnte dahinterstecken?«
Wir wussten beide die Antwort nicht. Aber es war jemand in der Nähe, der sie kannte.
»Ja, da stehen die beiden Helden nun und wissen nicht mehr weiter. Das habe ich mir fast gedacht.«
Wir mussten uns nicht umdrehen, um zu wissen, wer da gesprochen hatte.
Es war Justin Cavallo!
***
Jetzt hörten wir auch ihre Schritte. Sie näherte sich uns von hinten, und wir drehten uns beide langsam um.
Sie schlenderte grinsend auf uns zu. »Na, gut hergekommen?«
»Besser als du«, sagte ich. »Wir mussten zumindest nicht zu Fuß gehen.«
»Ach, das war kein Problem.«
»Und worin liegt das Problem?«
»In eurem Unwissen.«
Keiner von uns fühlte sich nach dieser Antwort beleidigt. Sie hatte ja recht. Im Prinzip waren wir unwissend, und so sagte Suko ihr, dass sie uns hoffentlich aufklären könne.
»Das müss ich ja wohl.«
Ich schaltete sofort. »Dann hast du uns heute Morgen nicht alles gesagt - oder?«
»So ist es. Und ich bin auch schon aktiv gewesen. Es hat zudem einen weiteren Toten gegeben.«
»Wer ist es?«
»Ich kenne den Namen nicht, aber ich habe erlebt, dass der Hexenbrunnen seine Aktivitäten noch nicht verloren hat. Er ist in der Lage, Menschen zu töten.«
»Und weiter?«
»Fünf Freundinnen halten zu ihm. Ich denke mal, dass es Hexen sind. Ich habe ja versucht, von einer das Blut zu trinken. Es war widerlich. Es schmeckte bitter, und wenn ihr euch in den Kessel beugt, werdet ihr es noch riechen können, schätze ich.«
Justine hatte zwar einiges geredet, aber nicht viel gesagt. Und das sollte sich ändern. Deshalb wollte ich von ihr wissen, was alles geschehen war in der vergangenen Nacht.
»Und vergiss den frühen Morgen nicht, John.«
»Meinetwegen auch den.«
Justine Cavallo packte aus. Wir hörten sehr genau zu und erfuhren, dass sie nur beobachtet und nicht eingegriffen hatte, was uns beide ein wenig verwunderte, denn wir hatten sie auch schon anders erlebt.
Wahrscheinlich waren auch ihr die fünf Hexen unheimlich, denn ihnen konnte sie nicht so gegenübertreten wie normalen Menschen, obwohl sie so aussahen, wie Justine sie uns beschrieb.
Und wir erfuhren außerdem, dass der zweite Tote auf dem Biomüll gelandet war. Ob man ihn schon gefunden hatte, konnte Justine nicht sagen.
»Kannst du dir denn vorstellen, woher sie gekommen sind?«, fragte ich leise.
»Nein.«
»Nicht hier aus dem Ort?«
»Das weiß ich nicht. Aber ich glaube nicht, dass sich in einem Kaff wie dem hier so viele Personen finden lassen, die auf der Seite der Hölle stehen.«
Jetzt sprach sie wie eine von uns. Das war sie in diesem Moment auch, denn die Hexen waren auch ihre Feinde.
Ich sprach sie noch mal auf ihr morgendliches Erlebnis an. »Und du hast diese fünf Frauen nicht verfolgt?«
»So ist es nicht ganz, John. Ich habe gesehen, wohin sie sich zurückgezogen haben.«
»Das hört sich schon besser an.«
»Es gibt hier in der Nähe ein kleines Waldstück. Darin sind sie verschwunden. Ich habe allerdings nicht feststellen können, wo genau sie im Wald untergetaucht sind. Aber wenn ihr wollt, können wir eine Suchaktion starten.«
Ich schaute Suko an, und der hob die Schultern. Dagegen hatte er nichts.
Außerdem glaubten wir nicht daran, dass die Hexen gerade jetzt hier auftauchen würden. Es war auch vorstellbar, dass sie sich nicht mehr in der Umgebung des Dorfes aufhielten.
Erin Kendall hatte von einem schwarzen Wagen gesprochen, aus dessen Kofferraum ihr verstorbener Mann hervorgeholt worden war.
Gesehen hatten wir den Wagen bei unserer Ankunft
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