1514 - Zombie-Dämmerung
wie Abfall auf der Straße lagen, als hätte man sie weggeworfen.
Bleiche Skelette mit ebenfalls bleichen Totenschädeln, in deren Löchern früher einmal Augen, Nase oder Mund Platz gehabt hatten.
Nun war alles anders. Jemand hatte hier grausam gewütet, und erneut dachte sie an Kolew, den Schamanen, den sie hier getroffen hatte.
Das war bei ihrem ersten Besuch gewesen. Jetzt allerdings hatte er sich bisher nicht blicken lassen, und genau das bereitete ihr schwere Sorgen.
Karina schaute zurück. Sie sah keinen John Sinclair, der ihr gefolgt wäre. Möglicherweise hatte er innerhalb des Hauses etwas Interessantes entdeckt oder wollte sämtliche Räume von unten bis oben durchsuchen.
Sie hatte das Gefühl, von der normalen Welt verdammt weit entfernt zu sein. Sie schien sich hier auf einer Insel zu befinden, aber sie musste erleben, dass es doch eine Möglichkeit gab, mit der realen Welt in Verbindung zu treten, denn es meldete sich ihr Telefon.
Nicht das normale Handy. Sie trug ein Satellitentelefon bei sich, einen etwas klobigen Apparat, den sie jetzt gegen ihr Ohr drückte und sich meldete.
»Ja…«
»Geht es dir gut, Karina?«
Trotz des Rauschens hatte sie die Stimme erkannt, und zum ersten Mal konnte sie wieder lächeln.
»Noch, Wladimir.«
»Dann hoffe ich, dass es so bleibt. Hör zu, Karina, ich habe etwas über diesen Schamanen herausgefunden, und das ist alles andere als ein Spaß. Es geht um finstere Experimente, die er zu Zeiten der UdSSR durchgeführt hat. Später ließ man ihn dann fallen, und so machte er allein weiter. Leider weiß ich nicht, mit was für Experimenten er sich genau beschäftigt hat, aber als Schamane hat man da so seine Kenntnisse. Und wenn er sich auf die andere Seite gestellt hat, kann das böse enden.«
Karina war stehen geblieben und stellte eine Frage. »Und du kennst keine Einzelheiten?«
»So ist es.«
»Das ist schlecht. Sehr schlecht sogar. Dann weiß ich nicht, wo ich einhaken soll.«
»Ich wollte es dir nur als Information durchgeben. Es geht dir wirklich gut?«
»Ja, und ich hoffe, dass es so bleibt. Diese Siedlung ist ein Horrorort, obwohl noch nichts passiert ist, aber man spürt, dass etwas in der Luft liegt.« Karina gab eine knappe Beschreibung von dem, was sie sah, und sie konnte sich vorstellen, dass sich ihr Partner nicht eben wohl fühlte.
Seine Besorgnis war auch der Auslöser für die nächste Frage.
»Wäre es nicht besser, wenn ihr wieder von dort verschwinden würdet? Wir könnten dann hier in Moskau alles besprechen und die Siedlung durch eine Hundertschaft stürmen lassen. Das meine ich.«
»Nein, so denke ich nicht, Wladimir. Wir haben ja noch nichts herausgefunden. Es liegt wirklich noch alles im Halbdunkel, und zu einer Begegnung mit dem Schamanen ist es auch noch nicht gekommen.«
»Welche Pläne habt ihr?«
»Was John vorhat, kann ich dir nicht sagen. Ich bin unterwegs, um mir ein genaueres Bild zu machen.«
»Bist du schon angegriffen worden?«
»Nein, bisher nicht.«
»Soll ich kommen und Verstärkung mitbringen?«
Karina lachte leise. »Das ist zwar sehr lieb von dir gedacht, aber das möchte ich nicht.«
»Gut, du musst es wissen.«
»Ist schon okay. Bis später.«
»Ja, ich drücke dir die Daumen.«
Das Gespräch war beendet, und Karina spürte, dass sie angefangen hatte zu schwitzen. Es hatte sie aufgewühlt, und sie brauchte einen Moment Pause.
Der Anruf hatte ihr gut getan. Sie wusste, dass sie nicht allein war, auch wenn zwischen ihr und Wladimir einige Hundert Kilometer lagen. Wenn es hart auf hart ging und sie Hilfe benötigten, dann würde er eingreifen.
Nicht persönlich, sondern mit einer Truppe, die immer in Bereitschaft stand, um etwas aus dem Feuer zu holen.
Karina hielt wieder nach John Sinclair Ausschau und musste erkennen, dass sie noch immer allein auf der Straße war. Allmählich machte sie sich Gedanken, aber sie wollte nicht zu ihm zurückgehen. Außerdem wurde sie von einer Bewegung abgelenkt, die sie vor sich sah.
Es war kein Skelett, das plötzlich zum Leben erwacht war und nun seinen Weg gehen wollte. Die Gestalt, die sich vor dem Hintergrund der Ruinen abhob, war ihr nicht unbekannt.
Der Schamane kam!
***
Ohne dass sie es wollte, klopfte ihr Herz schneller, und sie legte beide Hände auf die Griffe der Schnellfeuerpistolen. Den Wunsch, sie zu ziehen, unterdrückte sie, denn Kolew sollte sehen, dass sie in friedlicher Absicht gekommen war.
Er schlenderte heran. Seinen Gang sah Karina als
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