1514 - Zombie-Dämmerung
Aber ich habe gelernt, sie nicht zu fürchten.«
»Noch mal, Kolew, Menschen sind nicht kugelfest.«
»Dann probiere es aus!«
Die Sicherheit des Schamanen beeindruckte sie schon. Bluffte er?
Sie wusste wirklich nicht, wie sie sich verhalten sollte. Es war nicht ihre Art, auf einen Unbewaffneten zu schießen. Am liebsten wäre es ihr gewesen, John Sinclair an ihrer Seite zu haben, doch der Gedanke an ihn wurde ihr geraubt, denn der Schamane drehte sich einfach von ihr weg und wandte ihr den Rücken zu. Er ging davon, und sein Ziel war die offene Tür des am nächsten liegenden Hauses.
Karina schoss nicht. Sie ließ ihn gehen. Den Grund dafür konnte sie nicht sagen. Sie war entschlossen gewesen, über ihren Schatten zu springen, und hätte ihn erschossen, aber da gab es etwas, das sie davon abhielt und letztendlich auch verwunderte.
Um sie herum hatte sich die Dunkelheit verändert. Sie war noch grauer geworden. Aber das war nicht alles. Ihre Kompaktheit hatte sich aufgelöst. Es sah so aus, als wäre sie zerschnitten worden, und so hing sie wie lange Streifen oder Fahnen in der Straßenschlucht.
Konnte eine Finsternis leben? Gehorchte sie besonderen Gesetzen?
Karina hatte nie zuvor darüber nachgedacht, in diesem Fall musste sie es tun, und sie erlebte auch ihre besondere Stärke. Die Schatten kamen ihr jetzt kompakter und schwerer vor. Sie hüllten sie ein wie eine Kleidung, und als sie beide Hände mit den Schnellfeuerpistolen anhob, da kamen ihr die Waffen doppelt so schwer vor.
Was passierte hier?
Der Schamane gab ihr keine Erklärung. Er hatte mittlerweile sein Ziel erreicht und stand in der offenen Tür.
Lässig drehte er sich um. Er öffnete den Mund und deutete ein Lachen an.
Karina Grischin wollte nicht, dass dieser Mensch entkam. Das konnte sie nicht zulassen. Jetzt war sie an der Ehre gepackt worden, und es war ihr auch egal, ob sich John Sinclair bei ihr befand oder nicht.
Sie musste Kolew auf den Fersen bleiben.
Deshalb ging sie ihm nach, und sie schritt dabei durch eine Luft, die fast greifbar zu sein schien. Sie war jetzt noch komprimierter als vorhin.
Beim Gehen wurde ihr von vorn Widerstand entgegengesetzt, als hätten sich die Schatten tatsächlich verändert.
Sie kämpfte sich weiter voran und ärgerte sich darüber, dass dies mit fast rudernden Bewegungen geschah.
Die Schatten waren für sie keine Schatten mehr. Sie hatten sich verdichtet und so etwas wie eine amorphe Form angenommen, gegen die sie ankämpfen musste.
Aber sie gab nicht auf. Karina hatte sich etwas in den Kopf gesetzt, und das zog sie durch. Ihr Blick war nach vorn gerichtet, und jetzt versuchte sie sogar, mit ihm die Dunkelheit zu durchbohren, die sich um sie herum immer mehr verdichtete.
Kariha schaffte es trotz aller Widerstände. Sie erreichte die offene Tür.
Für einen winzigen Moment sah sie die Gestalt des Schamanen wie eine schwarze Schliere in der Finsternis. Er bewegte sich, und diese Bewegungen kamen ihr vor, als würde jemand einen Schleier durch die fette Finsternis ziehen.
Dann war er weg!
Karina hatte noch einen Schritt zu gehen, und sie tat etwas, was sie eigentlich nicht verantworten konnte.
Sie schob sich über die Schwelle hinein in eine Finsternis, die nicht von dieser Welt war…
Ich stand auf der Straße und machte mir Vorwürfe. Ich hätte Karina nicht allein gehen lassen dürfen, das war einfach nicht zu verantworten gewesen. Und nun gab es sie nicht mehr.
Ich hoffte nicht, dass ihr das Schlimmste passiert war, aber ich kannte sie auch. Karina ließ sich so leicht nicht die Butter vom Brot nehmen. Sie kämpfte sich durch. Sie war eine Fighterin, sie rannte Mauern ein, wenn es sein musste. Ich hatte sie schon öfter kämpfen und auch siegen gesehen, denn sie konnte nicht nur mit allen möglichen Waffen umgehen, sie war auch als Kampf Sportlerin perfekt. Doch all diese Fähigkeiten würde sie hier nicht einsetzen können.
Diese Siedlung war von einer gefährlichen Magie in Besitz genommen worden.
Die Umgebung war von ihr verändert worden. Sie war jetzt noch düsterer. Meiner Ansicht nach hatten die Schatten sich aufgeteilt. Jetzt hingen sie wie lange Fahnen von Himmel herab. Sie hätten aber auch aus dem Boden steigen können, so deutlich war es für mich nicht zu erkennen. Für mich stand nur fest, dass sich mit den Schatten auch die Gefahr verdichtet hatte.
Die Luft kam mir schwerer vor. Zumindest war sie schwerer zu atmen.
Ich schmeckte sie auf meiner Zunge, aber ich war
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