1514 - Zombie-Dämmerung
sich um und bewegte sich auf die Türöffnung zu, die uns am nächsten lag. Dabei schwebten ihre Hände dicht über den Griffen der beiden Schnellfeuerwaffen, und sie machte den Eindruck eines weiblichen Westernhelden.
Ich wartete noch und ging erst los, als sie den Raum betreten hatte. Sie war stehen geblieben, schaute sich um und sah ebenso viel wie ich.
Nämlich nichts, abgesehen von vier kahlen Wänden. Nicht mal irgendwelche Anschlüsse für Wasser oder Elektrik waren vorhanden.
Karina hob die Schultern und sagte: »Ich frage mich, ob es in allen Räumen hier im Haus so aussieht.«
»Wir können sie durchsuchen.«
»Du, nicht ich.«
»Und was hast du vor?«
Karina hob die Augenbrauen. »Ich denke, dass wir erst mal diese Siedlung durchschreiten sollten. Es kann durchaus sein, dass wir etwas entdecken.«
»Skelette?«
»Auch.« Karina befeuchtete mit der Zungenspitze ihre Lippen. Dann schob sie die Schöße ihrer dunklen Lederjacke zurück und drehte sich auf der Stelle im Kreis.
»Du kannst mich für übergeschnappt halten oder auch nicht, aber ich habe allmählich das Gefühl, dass wir nicht mehr allein sind, obwohl wir keinen Menschen sehen.«
»Aha. Sonst noch was?«
»Ja, zum Teufel.« Sie trat mit dem linken Fuß auf. »Ich komme mir wirklich beobachtet vor.«
Ich nickte.
»Ach, du auch?«
»Ja, ich habe dich schon darauf ansprechen wollen. Man sieht nichts, man erkennt nichts, und man hat trotzdem den Eindruck, von irgendwoher nicht aus den Augen gelassen zu werden.«
»Was könnte das sein?«
Ich hob die Schultern.
Karina gab keine Ruhe. »Denkst du an den Schatten?«
Ich lachte leise auf. »Der geht dir wohl nicht mehr aus dem Kopf, wie?«
»So ist es.«
»Tut mir leid, aber ich habe noch keinen zu Gesicht bekommen.«
»Sehr schön. Aber ich denke nicht, dass ich hier Wurzeln schlagen werde. Das Haus zu untersuchen hake ich ab. Ich möchte mich weiterhin draußen umsehen.«
»Tu das.« .
»Ach, du nicht?«
»Schon, aber ich schaue mir noch ein paar andere Räumlichkeiten an.«
»Wie du willst. Wir sehen uns auf der Straße. Und sollte etwas sein, ein Ruf genügt.«
»Okay, bis gleich…«
***
Ich hatte Karina Grischin nicht die ganze Wahrheit gesagt. Und zwar, dass etwas in dieser kalten Leere unnormal war. Das hatte mir mein Kreuz bekannt gegeben. Es war dieser leichte Anfall von Wärme, den ich spürte. Die Atmosphäre wirkte aufgeladen.
Ich wartete noch eine Weile und verließ dann den kahlen Raum. Im Flur wartete ich nachdenklich ab, und das Gefühl, heimlich beobachtet zu werden, wollte einfach nicht weichen.
Aber wer und wo?
Es war sinnlos, sich weiterhin Gedanken zu machen. Ich betrat einen anderen Raum und fand ihn ebenso leer wie den ersten. Bei einem dritten war es ebenso, und so ging ich davon aus, dass alle Zimmer in diesem Bau so leer und kahl waren.
Das Kreuz sollte nicht länger vor meiner Brust hängen bleiben. Ich streifte die Kette über den Kopf und ließ es in meiner Tasche verschwinden, wobei ich weiterhin die leichten Wärmestöße auf dem Metall fühlte. So etwas passierte nicht grundlos. Das Kreuz war ein perfekter Indikator. Irgendwo musste sich etwas versteckt halten, was es störte.
Im Flur fand ich mich wieder und blieb zunächst mal stehen. Die Düsternis hüllte mich ein, ich hörte meinen Herzschlag und dachte darüber nach, ob ich das Haus verlassen sollte, um den gleichen Weg zu gehen wie Karina.
Etwas hielt mich noch zurück. Das war wie eine unsichtbare Leine, die mich nicht loslassen wollte. Ich wusste nicht, was richtig war und was nicht. Im Haus hatte ich bisher nichts zu sehen bekommen, und trotzdem wurde ich den Eindruck auch weiterhin nicht los, von irgendwoher beobachtet zu werden.
Natürlich dachte ich an Kolew, den Schamanen. Aber er war nicht zu sehen, nicht präsent. Er hielt sich irgendwo im Verborgenen auf, wenn überhaupt.
Ich drehte mich wieder und sah es! Nur ein ES!
Keine Ahnung, was es gewesen war. Es war an meinen Augen vorbeigehuscht.
Es hatte keine Gestalt gehabt, es war wie ein Schatten oder wie ein schnell geschleudertes Tuch, das durch die Luft gehuscht und dann wieder verschwunden war.
So schnell alles abgelaufen war, ich hatte genau mitbekommen, wo es verschwunden war. Nicht in einer Wand, sondern weiter vorn im Flur, wo die Treppe begann.
Dort ging ich hin!
Zu sehen bekam ich nichts. Wer oder was sich hier immer aufgehalten haben mochte, es war verschwunden. Nur dass ich es gesehen hatte, war eine
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