1515 - Die Balkan-Bestie
das nicht nur so dahingesagt, ich war auf der einen Seite sogar froh, dass Suko und ich allein agieren konnten. Ein Skeptiker an unserer Seite hätte uns nur gestört mit seinen Fragen.
Wir wurden Manescu vorgestellt, der einige Brocken Englisch konnte, weil er mit Tyler zusammengearbeitet hatte. Es sollte alles normal ablaufen. Wir würden einsteigen und uns von Manescu in den Ort bringen lassen. Doch das stellte ich erst einmal hinten an.
»Ich möchte ihm noch einige Fragen wegen Frank Tyler stellen«, sagte ich zu Ford.
Er wunderte sich. »Warum?«
»Die beiden haben schließlich ein Team gebildet.«
Der EU-Mann winkte ab. »Nun ja, so war das auch nicht. Aber wenn Sie meinen, bitte. Ich kann auch warten.«
Es war nur eine Hoffnung, nicht mehr. Aber wir mussten jeder Chance nachgehen. Ich stellte Suko und mich namentlich vor und sah, dass Manescu nickte.
Sein Blick blieb dabei weiterhin düster, er konnte wohl nicht anders schauen.
»Sie können mich verstehen?«
»Versuchen Sie es.«
»Gut.« Ich sprach langsam und erkundigte mich nach Frank Tyler und wie gut Manescu mit ihm zusammengearbeitet hatte.
»Geholfen habe ich.«
»Wobei?«
»Wenn wir im Wald messen waren. Haben auch Wasser geholt und untersucht. Frank hat es getan.«
»Und am Tag, bevor er starb, waren Sie da auch zusammen?«
»Ja.«
»Wo?«
»Im Wald.« Er deutete schräg an mir vorbei. »In dem alten Wald, dem dichten.«
Ich drehte mich und schaute ebenfalls in diese Richtung. Da mir keine Häuser den Blick versperrten, war der Hang gut zu überblicken. Alte Bäume wuchsen dort dicht beisammen, und die Kronen hatten sich miteinander verflochten.
»Was habt ihr dort gemacht?«
»Bäume kontrolliert und angemalt.«
Was er meinte, hatte ich verstanden. Tyler musste wohl kranke Bäume gekennzeichnet haben. Etwas, das zu seinem Job gehörte.
»Gut, Manescu. Und was passierte dann?«
»Feierabend. Ich ging nach Hause. Er ins Hotel. Das ist alles gewesen. Am nächsten Morgen war ich da, aber nicht er.« Der Rumäne hob die Schultern und sagte nichts mehr.
Ich stellte meine nächste Frage. »Stammen Sie von hier?«
»Wie?«
»Sind Sie hier geboren?«
»Ja, schon immer gewohnt.«
»Und spricht man hier über Wölfe?«
Er senkte seinen Blick. »Im Winter, wenn es kalt ist«, gab er zu.
Graham Ford mischte sich ein. »Bitte, Sinclair, jetzt machen Sie sich nicht lächerlich. Wenn Sie von ihren Werwölfen anfangen, dann schüren Sie noch die Angst. Dieser Typ hat jetzt schon Angst, glaube ich.«
»Noch kann er für sich selbst sprechen.«
»Bitte, wie Sie wollen.«
Manescu hob wieder den Kopf. »Ich weiß, warum Sie hier sind, aber ich habe keinen Wolf gesehen. Es ist noch nicht Winter.«
»Haben Sie überhaupt was gesehen?«
Wir rechneten mit einem Kopf schütteln. Doch genau das Gegenteil trat ein. Er nickte heftig und flüsterte: »Ja, ich habe etwas gesehen. Es war eine Frau, eine schöne Frau.«
Ich horchte auf. »Und wo war das?«
»Im Wald.«
»Gut. Hat sie etwas gesagt?«
»Nein, sie ging schnell wieder weg.«
»Können Sie sich an die Haarfarbe erinnern?«
Manescu nickte heftig. »Lange Haare hatte sie, und die sind braun, nicht schwarz gewesen.«
»Danke, dass Sie es mir erzählt haben.«
Ford schaute erstaunt von einem zum anderen. Dann schüttelte er den Kopf. »Sie glauben doch selbst nicht, was dieser Typ da sagt. Das ist ein Hirngespinst.«
»Sind Sie sicher?«
»Ja, so ziemlich. Oder glauben Sie, dass sich irgendwelche schönen Frauen hier im Wald herumtreiben? Das hat er sich ausgedacht. Das ist nichts anderes als ein Hirngespinst.«
Suko nahm mir die Antwort vorweg. »Ich denke nicht, dass Manescu ein Mensch mit Hirngespinsten ist. Tut mir leid. Man sollte ihm schon zuhören, finde ich.«
Ford sah sich allein auf weiter Flur. Er winkte mit beiden Händen und fragte dann: »Können wir fahren?«
»Sicher.«
Er wandte sich an Manescu und redete in seiner Heimatsprache mit ihm.
Danach stiegen wir in einen alten Daimler, der sicherlich seine fünfzehn Jahre auf dem Buckel hatte.
Aber der Wagen fuhr noch und wurde nicht nur von der staubigen Kruste zusammen gehalten, die auf seiner Karosserie lag. Zwar ächzte und stöhnt er bei den Bodenwellen, aber die Fahrt ging gut voran, und wir rollten in den Ort hinein.
Suko stieß mich an. Da der Dieselmotor recht laut war, konnten wir sprechen, ohne vorn gehört zu werden.
»Du gehst davon aus, dass er eine bestimmte Person gesehen hat, nicht
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