1515 - Die Balkan-Bestie
wahr?«
»Ja, Morgana.«
»Dann ist sie hier.«
»Und hat bereits ihre Zeichen gesetzt«, murmelte ich. »Der Biss in die Kehle Frank Tylers war ihr Werk.«
»Könnte sein.«
Das Thema war deshalb für uns erledigt, weil Manescu stoppte. Rechts von uns stand ein Bau mit weißer Fassade und grün gestrichenen Fensterläden. Eine Doppeltür lud zum Eintreten ein.
»Das ist Ihr Hotel«, erklärte Graham Ford. »Sie können sich die Zimmer aussuchen.«
»Danke. Und was machen Sie?«
Er drehte den Kopf noch weiter herum. »Sie werden es kaum glauben, aber ich lege mich aufs Ohr. Irgendwann braucht ein Mensch auch mal seine Ruhe. Die letzten Tage waren stressig genug. Und meinem Fahrer gönne ich auch eine Pause.«
»Okay, wir wollen Sie nicht aufhalten.«
Suko und ich stiegen aus, und mein Partner meinte: »Ein komischer Typ, dieser Ford.«
»Ich will ihn nicht in Schutz nehmen, aber das ist eben so, wenn es um Werwölfe geht…«
Über die Hotelzimmer wollten wir den Mantel des Schweigens breiten.
An ihnen war die Zeit wirklich vorbeigegangen, aber die Eigentümer hatten sich zumindest Mühe gegeben und die Zimmer so sauber wie möglich gehalten. Außerdem waren sie sehr freundlich zu uns, und der Mann, der einen karierten Hut trug, wechselte ihn mit einem alten Motorradhelm.
»Sie haben ein Motorrad?«
Der Mann hatte Suko verstanden und nickte.
»Kann ich es sehen?«
»Gut, gehen wir.«
Suko freute sich, dass er auch mal seine Deutschkenntnisse hatte einsetzen können, und verschwand mit dem Mann hinter dem Haus. Die Zimmer hatten wir schon besichtigt, das Hotel bereits verlassen, und ich stand vor dem Bau und wartete auf Sukos Rückkehr.
Graham Ford war mit Manescu wieder verschwunden. Unser Landsmann hatte noch zu tun, aber er würde sich später wieder bei uns melden, das war abgemacht.
Hier in Craia konnte sich ein Bauherr noch austoben, wenn er sich ein Haus errichtete. Es gab genügend freie Flächen, auch jetzt war zwischen den einzelnen Häusern noch genügend Platz für Gärten oder Wiesen.
Die im Osten üblichen Zäune fielen mir auch hier auf, und nur zum Zentrum des Ortes hin standen die Häuser dichter beisammen. Dort befand sich auch der Marktplatz, wo der Tote gefunden worden war.
Direkt neben dem Brunnen.
Ein Knattern erregte meine Aufmerksamkeit. Es war in meiner Nähe aufgeklungen, und als ich mich umdrehte, sah ich Suko auf einer alten Maschine sitzen.
Einen Helm trug er nicht, doch er grinste von Ohr zu Ohr, als er neben mir anhielt. Er sagte etwas, was ich nicht verstand, und deshalb hob ich nur die Schultern.
Suko stellte den Motor ab. »Das ist unser fahrbarer Untersatz hier im Ort.«.
»Woher hast du ihn?«
»Ich habe ihn mir ausgeliehen. Gegen eine kleine Gebühr.« Er legte seine Hand auf den altmodisch wirkenden Scheinwerfer. »Es ist eine BMW, die schon im Zweiten Weltkrieg gefahren wurde. Ein starkes Stück, läuft noch immer.« Seine Augen glänzten. »Und du passt auch noch hinter mir auf den Sozius.«
»Und weiter?«
»Damit fahren wir jetzt zu diesem Polizisten. Den Weg habe ich mir beschreiben lassen. Steig auf.«
»Ohne Helm?«
»Wir machen mal eine Ausnahme. Außerdem kannst du dich meinen Fahrkünsten ruhig anvertrauen.«
»Okay.«
Ich kletterte auf den Sozius und erlebte einen Sattel, der sehr weich war und unter meinem Gewicht zusammensackte. Der Wirt winkte und schaute uns nach, als wir davonfuhren. Zum Glück war die Straße gepflastert, sodass kein Staub aufgewirbelt wurde und wir einigermaßen gut vorankamen.
Tatsächlich standen die Häuser bald schon dichter beisammen. Ich sah auch die ersten Geschäfte, deren Auslagen in den Schaufenstern sich im Gegensatz zu früher schon verändert hatten. Dass Rumänien von der EU profitierte, war nicht zu übersehen.
Es gab keine hohen Häuser in der Stadt, und genau das machte ihren Charme aus. Der Kirchturm schaute über alle hinweg. Er stand dort wie ein ruhender Pol.
Das galt auch für den Brunnen, neben dem wir stoppten. Aus Stein gemauert stand er etwas erhöht auf einem ebenfalls steinernen Podest, sodass sich die Menschen auch setzen konnten, um das Treiben auf dem Marktplatz zu genießen.
Suko bockte die Maschine auf und umging den Brunnen ebenso wie ich.
Wir richteten unsere Blicke nach unten und hofften, irgendwelche Spuren zu finden.
Tatsächlich waren dort einige braune Flecken zu sehen. Wir mussten nicht lange nachdenken, um zu wissen, dass es sich um das Blut des Opfers handelte, das
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