1516 - Chaos im Humanidrom
ausgerechnet Perry Rhodan hinter einer Verfaltung festsetzen wollten, mochte ihnen wohlbegründet erscheinen, und keiner, der nicht selbst ein Nakk war, würde diesen Grund jemals verstehen.
So weit war er mit seinen Gedanken gekommen, als er plötzlich eine Stimme hörte. Er konnte den Sprechenden nicht sehen, aber es handelte sich eindeutig um einen Nakken; denn die Worte, die er im Zustand der Erregung von sich gab, gehörten der akustischen nakkischen Banalsprache an.
Der Pikosyn, dem das Nakken-Banal längst einprogrammiert war, veranlaßte den Translator zu übersetzen: „Ich habe getan, was getan werden mußte. Die Loge braucht sich dafür nicht zu verantworten. Du hast kein Recht, mir falsches Verhalten vorzuwerfen."
„Doch, dieses Recht habe ich, Clistor", antwortete eine zweite Stimme. „Was ihr tut, ist falsch und führt nicht zum Ziel."
Dem Zuhörer lief es kalt über den Rücken. Was ging hier vor? Clistor war jener Nakk, den Ronald Tekener auf Wanderer getötet hatte, nachdem offenbar geworden war, daß Clistor unter den sechs Zellaktivatoren, die er Homunk übergab, auch jenen mit sich trug, den Jennifer Thyron einst besessen hatte. Clistor war tot! Wie konnte es hier, im Humanidrom des Jahres 1170, noch jemand geben, der sich mit ihm unterhielt?
Dann kam ihm wieder zu Bewußtsein, daß er sich - anders ließ sich der Vorgang wohl kaum deuten - in einer Raumzeitverfaltung befand. Der Ablauf der Zeit, wie er ihn gewohnt war, hatte hier keine Gültigkeit mehr.
Konnte es sein, daß er ein Geschehnis der Vergangenheit erlebte? Daß er durch die Verfaltung in eine Zeit verschlagen worden war, in der Clistor noch lebte? Nakkische Stimmen waren für menschliches Gehör nicht identifizierbar. Perry Rhodan wußte, daß einer der beiden sich Unterhaltenden Clistor war, nur deswegen, weil ihn der andere beim Namen genannt hatte.
Ein Gedanke durchfuhr ihn. Clistor war derjenige gewesen, der der Superintelligenz ES, die sich durch den Androiden Homunk vertreten ließ, sechs Zellaktivatoren übergeben hatte, die menschlichen Aktivatorträgern abgenommen worden waren: von Galbraith Deighton über Geoffry Waringer bis hin zu Irmina Kotschistowa und Jennifer Thyron. Hatte der Tadel des anderen Nakken, dessen Identität Perry Rhodan unbekannt war, etwas mit diesem Tatbestand zu tun?
Diese Überlegungen stellte er binnen weniger Sekunden an. Er war gespannt darauf, mehr von der Unterhaltung zwischen Clistor und seinem Ankläger zu hören. Statt dessen geschah etwas ganz anderes. Die Unwirklichkeit verschwand von einem Augenblick zum anderen, und er wurde schlagartig wieder in die Wirklichkeit zurückversetzt.
Vor ihm stand Banador von Pakh-Nyuat mit schreckgeweiteten Augen und offenem Mund. „Was ... was war das?" ächzte der Akone. „Was ist geschehen?" lautete Rhodans Gegenfrage. „Ich war ... ich war ... plötzlich an einem anderen Ort. Ich hörte zwei Nakken miteinander sprechen. Ich ..."
„War einer von ihnen Clistor?"
„Woher soll ich das wissen?" jammerte Banador von Pakh-Nyuat. „Ich war viel zu verwirrt, um auf ihre Worte zu hören. Außerdem verstehe ich die Sprache der Nakken sowieso nicht."
Perry Rhodan sprach behutsam. Banador von Pakh-Nyuat befand sich in einer Stimmung der Panik. Man mußte ihn als erstes beruhigen. „Wir sind beide demselben Effekt zum Opfer gefallen", sagte Rhodan. „Die Nakken haben eine Raumzeitfalte geschaffen, in der wir für kurze Zeit gefangen waren. Ich dachte zuerst, sie hätten mir eine Falle gestellt. Aber die Umstände deuten darauf hin, daß es sich um ein Versehen handelt. Die Nakken befinden sich aus irgendeinem Grund im Zustand der Erregung. Dabei geschehen solche Dinge. Sie haben ihre Kräfte nicht unter Kontrolle."
Der Akone gewann allmählich seine Fassung zurück. „Bist du sicher, daß es um weiter - nichts geht?" fragte er. „So gut wie sicher", antwortete Perry Rhodan. „Habt ihr Verbindung mit den Nakken? Können wir von hier aus erfahren, was im anderen Teil des Humanidroms vorgeht?"
Banador von Pakh-Nyuat machte eine Geste der Ungewißheit. „Wir haben im Grund genommen nichts mit ihnen zu bereden", antwortete er. „Am Anfang, als wir die obere Hälfte des Humanidroms gerade übernommen hatten, gab es ein paar Probleme, die wir mit den Nakken besprechen wollten. Sie reagierten entweder überhaupt nicht auf unsere Anrufe, oder sie gaben Zeug von sich, das wir nicht verstanden." Er streckte die Arme zur Seite und spreizte die Hände.
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