1517 - Die Mondhexe
Superintendent schob seine Brille zurück und zog die Augenbrauen zusammen. Bevor er eine Antwort geben konnte, hatte ich meinen Mund schon geöffnet.
»Sie denken an Glenda Perkins?«
»Genau.«
Suko und ich schauten uns an. Wir beide wussten, dass Glenda mehr war als unsere Sekretärin. Sie hatte schon manchen Einsatz mit uns hinter sich gebracht und war mit gefährlichen Situationen vertraut. Hinzu kam, dass sie bereits seit längerer Zeit eine besondere Eigenschaft besaß. In ihren Adern floss ein Serum, dessen Kraft sie in die Lage versetzte, sich von einem Ort zum anderen zu bewegen, sich praktisch unsichtbar zu machen und sich wegzubeamen.
Freiwillig hatte sie das Serum nicht zu sich genommen. Es war von Saladin anders gedacht gewesen, doch jetzt hatte sich Glenda an ihren Zustand gewöhnt, und sie war auch in der Lage, ihre neue Kraft gezielt einzusetzen.
Sie würde uns als Maulwurf im Kreis der Frauen sicherlich helfen können.
Da ich noch nicht so schnell geantwortet hatte, fragte Sir James: »Kein guter Vorschlag, John?«
»Doch, doch. Er ist schon interessant. Ich weiß nur nicht, was Glenda selbst dazu sagt.«
»Wir werden sie fragen.«
»Ich bin auch dafür«, meinte Suko.
»Okay, dann soll sie mal zu uns kommen, damit wir hören, was sie dazu sagt.«
Sir James griff zum Telefon, und ich ging davon aus, dass Glenda zustimmen würde…
***
Ihr sommerlicher Leinenanzug war von einer gebrochenen weißen Farbe. Er saß nicht zu eng, sodass der warme Wind noch über die Haut der Trägerin streifen konnte. Unter der Jacke trug sie ein gelbes Top, und ihre Füße steckten in flachen hellen Stoff schuhen.
Glenda Perkins hatte nicht lange gezögert, den Auftrag anzunehmen.
Drei Männer hatten sie eingeweiht und auch auf die Risiken hingewiesen und hatten es schließlich ihr überlassen, die Entscheidung zu treffen.
Ohne großartig nachzudenken war Glenda ins Boot gesprungen, und sie hatte sich die Informationen gut eingeprägt, die man ihr mit auf den Weg gegeben hatte.
Es ging um einen sehr rätselhaften Fall. Glenda Perkins wusste bereits einiges durch ihre Internetrecherche über die Mondfrauen. Ihr war außerdem immer schon klar gewesen, dass die Kraft des Mondes eine besondere war, denn auch Vampire und Werwölfe waren ihr nicht eben fremd.
In diesem Fall waren diese Dämonenarten außen vor.
Was die Mondfrauen genau bezweckten, hatten John und Suko ihr auch nicht erklären können, aber sie musste schon davon ausgehen, dass es sich bei ihnen um außergewöhnliche Wesen handelte und sich eine Frau namens Luna dabei besonders hervortat.
Als Überraschungsgast hatte Glenda nicht kommen wollen. Die Daten der Mondfrauen lagen ja offen, und so hatte sie mit der Chefin telefoniert und von ihr grünes Licht bekommen. Man würde ihren Besuch akzeptieren und sie nicht abweisen. Man würde sie als eine Hospitantin ansehen, und in dieser Eigenschaft war sie willkommen.
Man hatte ihr zwanzig Uhr als Termin genannt, und einige Minuten zuvor stieg sie aus dem Taxi, das sie ans Ziel gebracht hatte.
Sie wusste, dass sich John Sinclair und Suko in der Nähe aufhielten.
Den Vorschlag, sie verkabeln zu lassen, hatte Glenda abgelehnt. Es hätte zu leicht auffallen können, und deshalb verließ sie sich nur auf ihr Handy, das sie mit der Außenwelt verband, und sie war jetzt froh, dass bestimmte Kräfte in ihrem Blut vorhanden waren.
Sie zahlte den Fahrpreis und blieb an der Vorderseite des Hauses stehen, wobei sie die breite Doppeltür betrachtete. Glenda wusste auch, dass es einen Hintereingang gab, aber als Gast musste sie das Haus von vorn beteten. Alles andere wäre zu auffällig gewesen.
Wie viele Frauen sich an diesem Abend treffen würden, war ihr nicht bekannt, und als sie vor der Tür stehen blieb, da stellte sie fest, dass sie allein war. Jedenfalls entdeckte sie keine andere Person, die den gleichen Weg gehabt hätte.
Sie brauchte nicht weiter nach einer Klingel zu suchen, denn jemand hatte sie bereits gesehen. Die Tür wurde ihr geöffnet, und Glenda schaute in das sonnenbraune und lächelnde Gesicht einer älteren Frau, die irgendwie alterslos wirkte, aber vor Energie sprühte.
»Guten Abend, ich bin…«
»Glenda Perkins - oder?«
»Ja…«
»Wie schön, dass du gekommen bist. Wir freuen uns über jede Frau, die einen neuen Weg beschreiten will.«
Glenda hob die Schultern. Sie gab sich ein wenig schüchtern.
»Nun ja, noch steht ja nicht fest, ob ich von Ihnen aufgenommen werde.
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