1517 - Die Mondhexe
Mond besitzt Kraft, er ist wunderbar, und er ist sehr gerecht.«
Dany konnte nichts mehr sagen. Alles war in ihm wie einbetoniert. Er leckte über seine Lippen, ohne sie richtig anfeuchten zu können. Er kam sich verloren vor, und er wusste nicht, ob er sich vor dieser Erscheinung fürchten sollte.
»Und du heißt Luna?«, hauchte er.
Trotz der leise gesprochenen Worte hatte sie ihn gehört.
»Ja, ich heiße Luna.«
»Wie der Mond also.«
»Das ist richtig.«
»Und dein Platz ist jetzt nicht mehr auf dem Mond, sondern hier auf der Erde?«
»Ja, du hast es erfasst.«
»Was willst du hier?«
»Dich!«
Dany Pino durchfuhr ein heftiger Schreck. Er hatte das Gefühl, von einem Blitz getroffen zu sein, der vom Kopf her bis in seine Beine hinunter fuhr. Reden konnte er nicht mehr, aber er streckte Luna beide Arme entgegen, als wollte er sie abwehren.
Es war nichts anderes als eine Geste der Hilflosigkeit.
Die Mondhexe setzte sich in Bewegung und ging auf ihn zu. Sie war jemand, der sich nicht aufhalten ließ, und Pino wusste, dass es keinen Sinn hatte. Er ließ deshalb die Arme sinken und konzentrierte sich voll und ganz auf ihre Begegnung. Er dachte auch nicht daran, sich umzudrehen und zu Tom zurückzulaufen. Der Coup lag für ihn so weit zurück, als wäre das alles in einem anderen Leben geschehen.
Dafür vernahm er die Stimme der Mondhexe. Eiskalt hielt sie ihm seine Sünden vor.
»Du hast es getan. Du hast dich schlecht benommen. Du hast immer nur auf deinen Vorteil geachtet, und deshalb hast du die Bestrafung verdient, die ich für dich vorgesehen habe. Ich werde dich in meine Arme schließen, und du wirst die Möglichkeit bekommen, dich mit dem Licht des Mondes bekannt zu machen.«
»Was - was - willst du?«
»Ich habe es dir gesagt!«
Diese Antwort gab sie, als sie nur noch drei Schritte von Dany Pino entfernt war. Er hätte jetzt seine Waffe hervorholen können, doch da gab es eine innere Sperre, die ihn davon abhielt.
Dann ging sie die letzten Schritte.
Dicht vor dem Mann blieb sie stehen.
Er musste sie anschauen, denn sie ließ ihn nicht aus dem Blick. Obwohl sie aussah wie ein Mensch, war sie das für ihn nicht. Sie war eine andere Person, die irgendwie ein menschliches Aussehen angenommen hatte.
Und dann fasste sie ihn an.
Es war so sanft, und trotzdem jagte in ihm die Angst hoch, als er ihre Hände auf den Schultern spürte.
Luna musste nicht einmal fest drücken, als etwas mit Dany Pino geschah, das er nicht begriff.
Er hatte das Gefühl, als wäre etwas Fremdes in seinen Körper eingedrungen, und dabei blieb es leider nicht.
Da war etwas Fremdes, das sich gegen den Menschen stellte.
Plötzlich erfasste ihn eine nie erlebte Kälte, und es passierte etwas, das er nicht richtig mitbekam. Er sah noch einen hellen Mondschein um sich herum, dann fiel auch der zusammen.
Luna setzte ihren Weg fort.
Wo vor wenigen Sekunden noch ein Mann namens Dany Pino gestanden hatte, gab es nichts mehr…
***
Der Coup war glatt und perfekt abgelaufen. Es hatte keinen Ärger und keine Probleme gegeben. Tom Kerry konnte mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sein.
Ohne Widerstand zu leisten, hatte die Frau ihm ihren Schmuck überlassen und auch noch Bargeld. Zwei Handys hatte er ebenfalls an sich genommen und die flachen Apparate in seinen Taschen verschwinden lassen.
Jetzt war die Zeit gekommen, um an den Rückweg zu denken, und dazu gehörte auch sein Kumpan Dany Pino. Tom hatte nur gesehen, dass Dany nicht mehr nahe am Auto stand. Er war gegangen und hatte das vor ihnen liegende Feld betreten.
Über den Grund hatte sich Pino keine großen Gedanken gemacht, doch nun begann die Unruhe an ihm zu nagen, und er wollte sehen, wo sich Dany aufhielt.
Kerry sah ihn auf dem Feld und wunderte sich darüber. Dany war nicht an seinem Rand stehen geblieben. Er war schon einige Meter weit auf das Feld gegangen und stand dort so still wie jemand, der etwas Besonderes entdeckt hatte.
Das war tatsächlich der Fall, denn Dany Pino war nicht mehr allein. Er hatte jemanden getroffen. Es war eine Frau, und Tom Kerry riss seine Augen vor Staunen weit auf. Er vergaß auch das Paar im Jaguar. Ihn interessierte nur noch, was sich auf dem Feld abspielte.
Wenn er einen Vergleich hätte anstellen sollen, dann wäre ihm in den Sinn gekommen, dass die beiden dort standen wie zwei Figuren auf einer Bühne, die sich nichts zu sagen hatten und erst noch auf ihren Einsatz warteten, den der Regisseur gab.
Und die Frau war
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