1526 - Galaxis der Verdammten
genauso intelligent wie die Kontiden, obwohl sie nach dem ersten Eindruck der Blinden Göttin von den Kontiden als Schoßtiere gehalten wurden.
Sie erfuhr, daß das nur eine Vorsichtsmaßnahme war - für den zwar unwahrscheinlichen, aber nicht absolut auszuschließenden Fall, daß ein Unbefugter sich nach Talintan verirrte. Als blinder Passagier beispielsweise, der nicht entdeckt wurde und dem es gelang, Talintan auf dieselbe Art und Weise wieder zu verlassen und auf einem Planeten über seine Erlebnisse zu plaudern, der von einem sogenannten Sensorplus-Computer-System überwacht wurde. In diesem Fall sollte die Vorsichtsmaßnahme verhindern, daß das Überwachungssystem die Ke-Ri als intelligente Wesen erkannte. Warum, dahinter war die Blinde Göttin bisher nicht gekommen.
Aber sie würde schon noch alles erfahren - und sie glaubte auch fest daran, daß es Suung und Poang gelingen würde, ihr alle verlorenen Erinnerungen wieder ins Bewußtsein zu rufen. Die bisherigen Erfolge waren zwar mager, doch ihre Betreuer versicherten ihr, daß ihre Methode der gesteuerten Träume von Mal zu Mal ergiebiger wäre. Alles sei nur eine Frage der Zeit.
Gebückt ging sie hinter den beiden drolligen Pelzwesen her, eine Treppe hinauf und in eine Art Innenhof, in dem ein Kontide sich in einem großen Planschbecken vergnügte, das von üppiger Vegetation umgeben war. Wie er in dem Wasser Erquickung finden konnte, war nicht ersichtlich, denn er trug auch dabei die rötlichbraune „Lederhülle", ohne die Kontiden niemals zu sehen waren.
Tron-V-Tann, so hieß der Kontide, und die beiden Ke-Ri wechselten einige Worte in einer Sprache, die Spekra genannt wurde und in der Galaxis, zu der Talintan gehörte, die Einheitssprache zu sein schien. Die Blinde Göttin wurde von ihren Betreuern auch darin unterrichtet und kannte schon eine Menge von Begriffen. So wußte sie unter anderem, daß diese Galaxis auf Spekra Truillau hieß. Aber es würde noch einige Zeit dauern, bis sie die Sprache wirklich beherrschte.
Nach dem freundlichen Wortwechsel ging es weiter, durch ein paar helle Räume, deren Decke aber so tief war, daß sie sich auch hier bücken mußte.
Deshalb war sie froh, als sie das Haus verließen. Bevor sie aus der Tür trat, zog sie sich aber noch die Kapuze über den Kopf. Suun hatte ihr erklärt, daß ihre Kombination in einer Spezialwerkstatt durchgecheckt und instand gesetzt werden würde und daß sie bis dahin im Freien stets Kutte und Kapuze tragen sollte. Diese Kleidung bestand aus einem Material, das keinerlei schädliche Strahlung durchließ.
Die Blinde Göttin hielt sich daran, obwohl ihr die Begründung nicht ganz einleuchten wollte, denn Ke-Ri trugen keine Schutzkleidung und hatten bisher offenkundig nicht die geringsten Gesundheitsschäden erlitten.
Die Sonne Kalipao und der Planetenriese Hoa standen diesmal beide am Himmel. Hoa war allerdings nur zu einem Drittel sichtbar. Die Luft war warm und trocken. Ein schwacher Wind trieb dünne Staubfahnen über die Hartschaumdecke der Straße. Nur wenige Kontiden waren zu Fuß unterwegs. Dafür wimmelte es über den Flachdächern und Muschelbauten der Stadt Vagan von Gleitern, die Passagiere und Fracht beförderten.
Als ein Dröhnen die Luft erzittern ließ, blickte die Blinde Göttin in die Richtung, in der sie den Raumhafen Vaganhor wußte. Sie sah, wie sich aus dem rötlichgrauen Himmel ein großes Muschelschiff herabsenkte.
Der Anblick versetzte ihr einen Stich.
Sie fühlte, wie eine verschüttete Erinnerung an ihr Leben vor der Begegnung mit Drush und Tolsh und vor dem Zwischenspiel auf Ma-Nu-The in ihr Bewußtsein drängte, ausgelöst durch den Anblick des landenden Raumschiffs.
Doch die Erinnerung kam nicht durch. Sie versank wieder im Dunkel des Vergessens.
Während die Blinde Göttin ihren Betreuern weiter folgte, überlegte sie, warum das Raumschiff sie innerlich so aufgewühlt hatte, daß der Schleier des Vergessens beinahe aufgerissen wäre.
War sie früher auch in Raumschiffen durchs All geflogen? Konnte sie ehedem vielleicht sogar selbst solche Schiffe steuern? Aufweicher Welt war ihre Heimat? Wer waren ihre Gefährten gewesen? Würde sie sie irgendwann wiedersehen?
Sie seufzte.
Es war schlimm, das alles nicht zu wissen. Aber sie mußte Geduld haben und ihren Betreuern vertrauen. Früher oder später würde sie ihre Erinnerungen zurückerhalten. Es würde wundervoll sein.
Sie blieb stehen, als Poang ihr etwas zurief.
Erst da bemerkte sie, daß ihre
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