1527 - Gesil und der Gesandte
Antigrav würde auf den Schirmen der nächsten Ortungsstationen leuchten wie eine Nova zwischen den Sternen ihrer Umgebung.
Nachdem er auf dem Moospolster zwischen den Luftschlingern und Sprühsträuchern aufgesetzt hatte, ließ er den Ulupho zu Boden gleiten und erklärte: „Von hier aus geht es mit Biokraft weiter. Du mußt gehen, denn ich habe an meinem Deflektor und der Vario-Waffe genug zu tragen."
Shif trippelte brav hinter dem Kontiden her. Er wagte nicht zu jammern, weil er wegen seines leichtfertigen Verhaltens im Fall Trak ein schlechtes Gewissen hatte. Hätte er Gesil über das besondere Verhältnis zu den Ke-Ri aufgeklärt, wäre sie nicht wegen Entführung und Diebstahl Traks verhaftet worden, und sein Partner und Vorgesetzter Per-E-Kit müßte nicht in die Wildnis fliehen.
Der Kontide beschäftigte sich längst nicht mehr mit Schuldzuweisungen. Was geschehen war, war geschehen.
Es zählte einzig und allein, was noch zu geschehen hatte.
Er rollte und hüpfte über das Moos und bemühte sich, die Richtung zum Depot in Planquadrat 1188-Q einzuhalten. Der in seine Kombination installierte Kompaß war ihm dabei nur bedingt eine Hilfe, weil er sich bisher nicht die Zeit genommen hatte, ihn exakt nach den Orientierungs-Peiltaktsignalen der im Orbit von Bipula stationierten Navigationshilfs-Satelliten einzujustieren. Das hätte ihn mehr als eine ganze Stunde gekostet, und so viel Zeit wollte er nicht vergeuden.
Seine Kalkulation wurde bestätigt, als eine Kette von mindestens hundert Schweren Kampfgleitern in zirka dreihundert Metern Höhe über das Gelände fegte.
Die Hetzjagd hatte begonnen.
Sobald die Suche nach ihm System bekam, blieben ihm höchstens noch vierzig Minuten. Dann würde man ihn mit Infrarot- und Neuropulsdetektoren orten.
Vierzig Minuten.
Wenn nichts dazwischenkam, schaffte er es in dieser Zeitspanne gerade bis zum Depot. „Schneller!" rief er dem Ulupho zu und bemühte sich seinerseits um eine höhere Geschwindigkeit.
Das war eine zweischneidige Sache, denn je schneller er sich bewegte, um so stärker zehrte es an seinen Kräften.
Dazu kamen noch die Gefahren des Trockendschungels, dessen Grenze er wenig später überschritt. Er wurde so genannt, weil er über einem Karstgebiet wuchs, in dem alle Niederschläge im Nu versickerten.
Das Wasser trat zu einem Teil im Feuchtdschungel und zum anderen Teil in den Naßsanden wieder zutage.
Hier aber fehlte es. Deswegen hatten sich auf dem teilweise dick mit Staub überzogenen Boden nur ausgesprochene Trockenpflanzen angesiedelt. In erster Linie wuchsen hier lockere Bestände von Dornenbäumen mit kahlen Stämmen bis in drei Meter Höhe. Es gab kaum Unterholz. Nur hier und da hatten sich kleine Inseln aus niedrigen Dornensträuchern gebildet. Ihre Nähe mußte man meiden, denn in ihnen verborgen wuchsen die Sandpeitschen, Pflanzen, die blitzschnell bis zu zwölf Meter lange, stahlharte Lianen über den Boden schießen konnten. An ihren Vorderenden saßen Hohldornen, die sich durch jede Montur bohrten und mit denen Säure in den Körper des Opfers gespritzt wurde, die den Organismus innerhalb weniger Sekunden auflöste.
Wer diese Gefahr kannte, konnte ihr wenigstens ausweichen. Das war bei einer anderen Gefahr viel schwieriger. Unter dem Staub und oft sogar unter der dünnen, grauen Schrattgrasnarbe waren manchmal trichterförmige Löcher in der kalkigen Karstdecke verborgen. An sich wäre das nicht möglich gewesen, da nach jedem Regen das versickernde Wasser den Staub und das Schrattgras mit in die tiefer gelegenen Karsthöhlen schwemmte.
Doch die Satansschiingen, seilähnliche Pflanzen, die meist zusammengerollt waren, holten sehr schnell neuen Staub herbei. Sie molken dazu die Baumrinden, die ständig Unmengen von Staub produzierten.
Er wurde in die Trichter gefüllt und dort, wo es notwendig war, legten die Satansschlingen neues Schrattgras darüber.
Dann rollten sie sich in ihren Fallen zusammen und warteten geduldig, bis ein anderes Lebewesen - Tiere, Bipulaner oder auch Wanderpflanzen - hineingeriet. Das Opfer wurde blitzschnell umschlungen und mit kaum vorstellbarer Kraft zerdrückt. Die Satansschlingen nahmen von dem Leichnam, nur die bei der Verwesung entstehenden Giftstoffe auf; alles andere holten sich Mikroorganismen.
All diese Gefahren kannte Per-E-Kit, aber er war nicht in den Trockendschungeln von Bipula aufgewachsen und besaß deshalb keinen sechsten Sinn, der ihn vor Sandpeitschen und Satansschiingen warnte.
Er
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