1536 - Ghoul-Parade
der offenen Tür. Sein Gesicht zeigte einen gepressten Ausdruck, und die Lippen lagen so fest aufeinander, dass sie so gut wie keine Farbe mehr aufwiesen.
»Ist er hier, John?«
Ich nickte, hob aber auch die Schultern. »Wir können es nur hoffen. Bleib im Hintergrund.«
»Ja, mache ich.«
Suko und ich stimmten uns durch knappe Kopfbewegungen ab. Wir waren ein eingespieltes Team. Nur wenige kleine Schritte mussten wir gehen, um den Schrank zu erreichen.
Wie gesagt, er hatte zwei Türhälften. Ich hatte meine Hände frei und legte die rechte um den Knauf, den ich nicht mal zu drehen brauchte, denn die Tür ließ sich leicht aufziehen.
Zu leicht, denn von innen drückte eine Masse dagegen, die mich sogar zurückschob.
Einen Augenblick später quoll die Horrorgestalt aus der Schranköffnung in das Zimmer hinein…
***
Der Anblick verschlug uns die Sprache. Diese Gestalt war völlig anders als die normalen Ghouls.
Wir kannten sie als stinkende und schleimige Wesen, aber wir kannten auch Johnnys Beschreibung und waren deshalb nicht überrascht, so etwas wie ein grünes Skelett vor uns zu haben.
Das traf aber nur bedingt zü. Es gab zwar dieses Skelett, aber es war auch zugleich von einer Masse aus Schleim umgeben, die die Knochen schützte.
Der Schleim war dick und trotzdem durchsichtig. So sahen wir die Knochen nur verschwommen. Zudem tat uns der Ghoul noch den Gefallen, in der Tür stecken zu bleiben, und es sah so aus, als wäre er nicht mehr in der Lage, von der Stelle zu kommen.
Ich trat zurück. Von der Tür her hörte ich Johnny irgendetwas sagen, was ich nicht verstand. Mein Herz schlug in den folgenden Sekunden schneller, und ich nickte, als Suko mich bat, ihm den Leichenfresser zu überlassen.
Wer Ghouls meint, der denkt in der Regel an die widerlichsten aller Dämonen. Man konnte sie auch als die Aasfresser unter den schwarzmagischen Gestalten bezeichnen. Zum Glück hatten wir bisher nicht zu oft mit ihnen zu tun gehabt, aber auch die wenigen Male reichten aus, um einfach nur den Kopf zu schütteln und diese widerlichen Wesen hassen zu lernen.
Friedhöfe waren ihre Welt. Da gab es welche, die durch Gänge von Grab zu Grab krochen und sich die Leichen holten, wobei sie es sogar schafften, Särge aufzubrechen, um an das verwesende Fleisch der Toten zu gelangen.
Diese Wesen waren kein Thema, über das man in einer geselligen Runde diskutierte.
Diese Gedanken waren mir innerhalb weniger Sekunden durch den Kopf geschossen. Eine Zeit, in der der Ghoul ebenfalls abgewartet hatte. Ob ein Wesen wie dieses auch überrascht sein konnte, das wusste ich nicht.
Möglich war es. Ich konnte mich leider nicht in seine Lage hineinversetzen, aber es entsprach auch den Tatsachen, dass die schleimigen und stinkenden Monster mit lebenden Menschen nichts anfangen konnten. Wenn sie auf Menschen trafen, die lebten, dann sorgten sie dafür, dass diese so schnell wie möglich gekillt wurden.
Da der Dämon in der Tür eingeklemmt war, wussten wir nicht, wie er genau aussah. Normal wahrscheinlich viel breiter, doch hier hatte er sich in die Länge gestreckt, und ich wartete darauf, dass er sich jeden Moment durch die Türöffnung gequetscht hatte.
Er hatte keinen Kopf. Es sein denn, man sah den grünen Skelettschädel als einen solchen an. Ansonsten war das Gerippe von der schleimigen Masse umgeben, die ebenfalls die leicht grünliche Farbe angenommen hatte, sodass er aussah wie aus Gel bestehend.
Er drückte und schob sich aus seinem Versteck hervor, und ich hörte meinen Freund Suko leise lachen.
Da er recht nahe an seinem Feind stand, konnte ihn dieser einfach nicht übersehen und so schob sich der Leichenfresser bereits in Sukos Richtung. Er streckte die Skelettarme aus, an denen natürlich auch der Schleim hing und durch die Erdanziehung in dicken langen Fäden zu Boden fiel.
Ich sah Sukos Lächeln. Er ließ die massige Gestalt kommen, die jetzt keinen Widerstand mehr spürte und als großer Schleimballen über den Boden glitt.
Urplötzlich schlug Suko zu. Es hatte keine Vorwarnung gegeben. Mein Freund hatte nur auf den richtigen Moment gewartet und die drei Riemen der Peitsche von unten nach oben gezogen.
Sie huschten durch die Lücke zwischen den beiden Armen des Ghouls und trafen genau dort, wo Suko es gewollt hatte. Sie klatschten gegen die obere Körperhälfte und in das Gesicht der widerlichen Gestalt.
Bei jedem anderen Feind wären sie wieder nach unten gesunken, hier aber drangen die drei Riemen tief
Weitere Kostenlose Bücher