1539 - In der Eastside
Anlässen ein festliches Gepräge zu verleihen.
Nicht, daß sie es nicht konnten. Sie paßten sich ihren jeweiligen Gesprächspartnern in vieler Hinsicht an, wenn sie das als notwendig erkannten. Den Terranern gegenüber schienen sie es jedoch nicht für erforderlich zu halten, sich übertrieben feierlich zu gebärden: Sie kamen daher, als sei dies eine ganz alltägliche Begegnung.
Sie wirkten lässig, fast ein wenig gelangweilt.
Aber vielleicht lag das auch ganz einfach daran, daß sie bereits wußten, was sie erwartete.
Man hatte es ihnen gesagt. „Neunzig Prozent Leistung - neunzig Prozent Lohn. Wir werden zehn Prozent der Informationen zurückhalten."
Da standen sie nun, in einem der großen, repräsentativen Räume im offiziellen Teil des HQ-Hanse: Zehn Friedensstifter und einige ihrer Schüler. Sie zeigten nicht die geringste Neigung, sich irgendeinem protokollarischen Zwang zu beugen.
Ein noch relativ junger Hanseangestellter, der für die Belange der Etikette zuständig war, hatte vergeblich versucht, die erlauchten Gäste in entsprechend feierlicher Form zu ihren vorgesehenen Plätzen zu geleiten. Jetzt stand er sichtlich frustriert im Hintergrund herum und wußte nicht, was er mit sich anfangen sollte, denn die Linguiden hatten ihn einfach nicht beachtet.
Perry Rhodan durchschaute die Situation auf einen Blick. Er lächelte und gab dem Selbstbewußtsein des jungen Etikettewächters den Rest, indem er ohne die geringste Spur von zeremonieller Würde zu den Linguiden hinging und ihnen einen Datenträger überreichte.
Einer der Linguiden nahm das kleine Ding ebenso gelassen in Empfang. „Ich weiß zwar nicht, was ihr mit diesen Daten anfangen wollt", sagte Rhodan, dem es dann aber wohl doch ein wenig zu schweigsam zuging, „aber ich hoffe, daß ihr zufrieden seid mit dem, was ihr bekommen habt."
Der Anführer der Linguiden - sein Name war Kelamar Tesson, und er besaß trotz seines fremdartigen Aussehens eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Reginald Bull - bedachte den Terraner mit einem seltsamen Blick. „Das glaube ich kaum", erwiderte er kühl. „Ihr habt eure zehn Prozent einbehalten?"
„Ja."
Rhodans Gesicht blieb bei dieser Antwort völlig ausdruckslos. „Du könntest uns helfen, ein wenig Zeit zu sparen", sagte der Linguide. „Verrate mir, welchen Komplex an Informationen ihr uns vorenthalten habt. Ich nehme doch an, daß es sich um ein bestimmtes, komplexes Thema handelt, das ihr uns nicht zugänglich machen wollt?"
Rhodan wirkte verblüfft. Mit einer solchen Forderung hatte er offensichtlich nicht gerechnet.
Dao-Lin-H’ay beobachtete ihn. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß er es fertigbringen würde, die Frage des Linguiden unbeantwortet zu lassen.
Es waren ungeheuer charismatische Wesen, die da in der Mitte des Raumes standen und auf Antwort warteten.
Wäre die Frage an Dao-Lin-H’ay gerichtet gewesen - sie wußte wirklich nicht, wie sie reagiert hätte. Und Rhodan galt in dieser Beziehung als anfällig, seit er den Friedensstifter Balasar Imkord auf dessen sogenanntem „Lebensweg" begleitet hatte. Einen ganzen Tag hindurch waren die beiden in der Bergwildnis von Drostett unterwegs gewesen. Allein. Ohne Begleitung, ohne Zeugen.
Niemand wußte, was in dieser Zeitspanne wirklich geschehen war. Rhodan hatte zwar nach anfänglichem Zögern in allen Einzelheiten darüber berichtet, aber wer hätte schon beurteilen können, als wie objektiv dieser Bericht zu bewerten war?
Rhodan konnte dem Einfluß des Friedensstifters erlegen sein, ohne es bemerkt zu haben.
Er starrte den Linguiden an und schwieg. „Warum antwortest du nicht?" fragte der Friedensstifter.
Dao-Lin-H’ay lauschte auf den Klang der Stimme. Er war drängend und ungeduldig und trotzdem sanft, beinahe freundlich. Eine seltsame Mischung. Und Rhodan schwieg immer noch. Woran er in diesem Augenblick mit Sicherheit am allerwenigsten dachte, das war die Sorgfalt, mit der die für diese Arbeit zuständigen Leute ans Werk gegangen waren. Mit großer Behutsamkeit hatten sie den Datenspeichern eine Reihe von Informationen entzogen und andere, nutzlose Daten an deren Stelle gesetzt - so vorsichtig, daß man die Nahtstellen selbst dann nur mit großer Mühe finden konnte, wenn man wußte, wo sie lagen und worauf man zu achten hatte. Eine haarsträubende Arbeit. Alles umsonst?
Und wie war es mit den Reaktionen der Linguiden, von denen man sich so viel erhofft hatte?
Was, um alles in der Welt, hatten die Friedensstifter mit
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