1546 - Die Leichenfalle
Friedhof versteckt, und da hat es meinen Kumpel erwischt.«
»Du meinst, er wurde getötet?«
»Ja.«
Der Küster nickte. Der Blick, mit dem er den Bankräuber anschaute, war recht prüfend. Er wartete mit dem Sprechen, bis Kline einen Schluck getrunken hatte und nach dem Sandwich griff.
»Dann ist er also auf dem Friedhof umgekommen.«
»Ja, und ich bin geflohen. Ich bin hierher gerannt. Zu dir, und ich bin froh, dass du mich aufgenommen hast. Ich weiß nicht, ob ich Verständnis erwarten kann, ich hoffe nur, dass du mir Glauben schenkst, denn was ich erlebt habe, war einfach zu schrecklich, und es ist auch unglaublich, wenn ich ehrlich bin.«
»Was meinst du genau?«
»Ich habe Earl Fonda gefunden«, sagte Kline mit leiser Stimme. »Es ist schlimm gewesen, denn er hat nicht mehr so ausgesehen wie früher. Er war kein Mensch mehr, und ich habe ihn auch nur an der Kleidung erkannt, ansonsten war er…«
»Ein Skelett?«
Kline zuckte nach dieser Frage zusammen. »Ja, das ist er gewesen. Ein Skelett.« Er lachte völlig unmotiviert, als hätte ihn der Wahnsinn gepackt.
»Er ist ein Skelett gewesen. Da gab es kein Gesicht mehr und keine Haut oder auch Fleisch auf den Knochen. Man kann wirklich bei ihm von einem abgenagten Skelett sprechen.«
»Das hört sich nicht gut an.«
»Ich weiß, und wenn du mich auslachen willst…«
»Nein, nein, das werde ich nicht. Ich sage nur, dass es schlimm genug ist.«
»Ach, dann weißt du vielleicht Bescheid?«
»Es könnte sein«, gab der Küster zu, der seine Sicherheit verloren hatte und-blass geworden war. Die nächsten Sätze sprach er mehr zu sich selbst. »Ich habe es gewusst, ja, ich habe es gewusst. Sie ist wieder da.« Er schlug ein schnelles Kreuzzeichen.
»Was meinst du denn damit?«
»Die Leichenfalle.«
»Bitte, was?«
Der Küster winkte ab. »Ja, die Leichenfalle. So wird der alte Friedhof hier genannt. Und dein Freund ist beileibe nicht das erste Opfer.«
Alvin Kline sagte nichts. Er aß nicht mehr weiter, er trank auch seinen Kaffee nicht, er blieb stumm.
»Du hast Glück gehabt, Kline. Sehr, sehr großes Glück, dass es dich nicht auch noch erwischt hat.«
»Ja, das denke ich auch.«
Alvin schloss für einen Moment die Augen. Dann berichtete er, dass ihm nichts aufgefallen war, weil er geschlafen hatte. Später hatte er nach seinem Kumpan gesucht, und dann war ihm dessen Skelett vor die Füße gefallen.
»Und dann bist du geflohen - oder?«
»Klar, zu dir. Das weißt du doch.« Kline schlug mit der Faust auf den Tisch. »Verdammt, den Bankraub gebe ich zu. Aber ich habe nicht geschossen. Das können auch Zeugen bestätigen. Ich hätte es auch nicht getan, und jetzt weiß ich nicht mehr, was ich tun soll. Ich stehe wirklich auf dem Schlauch und habe das Gefühl, als würde mir jemand ein Messer in meinen Kopf bohren.«
»Kann ich verstehen. Es sieht nicht gut für dich aus.«
»Und was soll ich jetzt machen?«
Der Küster hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, denn ich kann nicht für dich sprechen. Ihr habt den alten Friedhof unterschätzt. Er ist eine Leichenfalle.«
Kline starrte den Mann vor ihm an. »Das habe ich schon mal von dir gehört. Aber was steckt dahinter? Kannst du mir das sagen? Da muss es doch ein Motiv geben.«
»Kann sein.«
»Bitte, sag es mir. Ich…«
Der Küster schüttelte den Kopf. »Über manche Dinge redet man besser nicht. Ich habe bereits etwas in die Wege geleitet. Du bist nicht jemand, der gegen dieses Phänomen angehen könnte. Das will ich dir sagen. Dieser Friedhof ist vor langer Zeit dem Teufel geweiht worden, und das hat sich bis heute gehalten. Er ist ein Ort des Bösen. Es wird schon lange kein Toter mehr dort zu Grabe getragen. Das ist längst vorbei. Aber dieser Friedhof ist nicht tot. Es steckt ein unheimliches Leben in ihm. Ein Versprechen. Die alte Weihe. Da ist nichts vergessen worden. Er ist eine Falle.«
Alvin Kline hatte mit offenem Mund zugehört.
»Und daran kann man nichts ändern?«, fragte er.
»Nicht wir. Ich hatte gedacht, dass Ruhe eintreten würde, aber ich habe mich geirrt. Er ist noch da!«, sprach er mit leiser Stimme. »Oder er ist wieder da.«
»Von wem sprichst du denn?«
»Ich kann dir keinen Namen nennen. Bleiben wir einfach beim Teufel. Die Menschen haben ihm dieses Areal geweiht, und dabei soll es auch bleiben.«
»Für immer?«, flüsterte Kline.
Der Küster hob die Schultern. »Das weiß ich nicht. Das hoffe ich auch nicht. Ich möchte diesem Spuk ein Ende
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