Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1548 - Orbit im Nichts

Titel: 1548 - Orbit im Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
mit den Geistesgaben eines Genies ausgestatteten Myles Kantor: daß er seine Grenzen nicht kannte. Myles war von schwächlicher körperlicher Konstitution. Wenn er sich derart besessen auf eine bestimmte Aufgabe konzentrierte, zehrte er von den nicht eben reichlichen Energiereserven seines Körpers, und wenn diese Art der gedanklichen Überbeanspruchung längere Zeit anhielt, konnte es auch zu akuten Schwächeanfällen kommen.
    Myles spürte, wie seine Kräfte wichen. Er hatte ein dumpfes Dröhnen in den Ohren und sah sein Blickfeld verengt. Nur jetzt nicht schlappmachen! ging es ihm durch den Kopf. Er brauchte Hilfe. Er brauchte jemand, der ihm beim Denken Beistand leistete. „Gib mir eine Verbindung mit ..." begann er mit zittriger Stimme.
    Weiter kam er nicht. Eine zusätzliche Bildfläche leuchtete vor ihm auf. Ein hübsches Gesicht mit Stupsnase und einem von vollen Lippen umrahmten Mund blickte ihn an. Gelocktes schwarzes Haar fiel schwer bis auf die Schultern und wirkte leicht unordentlich, wie es sich für diese Nachtzeit gehörte. Sorge schimmerte in den grünen Augen. „Kallia ...!" staunte Myles Kantor. „Wie kommst du dazu ... mein Gott, ich wollte dich gerade anrufen."
    „Gedankenübertragung", nickte Kallia Nedrun ernst und ohne eine Miene zu verziehen. „Ich fuhr plötzlich in die Höhe. Ich hatte das Gefühl, daß es dir nicht gutginge. In deinem Quartier warst du nicht, also rief ich bei Zenkon an."
    „Kallia, ich brauche dich", sagte Myles Kantor eindringlich. „Sie spionieren in unseren Daten herum!"
    „Sie ...?"
    „Saboteure. Wahrscheinlich Oktober neunundsechzig. Ich weiß, wie wir sie fassen können. Aber allein schaffe ich es nicht."
    „Ich bin schon unterwegs", rief Kallia Nedrun. „Sorge dafür, daß Zenkon mich reinläßt."
    Die Bildfläche erlosch. Myles sank aufatmend in den Sitz zurück. Er fühlte sich erleichtert. Er durfte sich nicht so verausgaben. Solange Kallia in der Nähe war, konnte ihm nichts geschehen. Kallia würde ihn zur Ordnung rufen, wenn er sich wieder hemmungslos in ein Problem verrannte.
    Er zwang sich zur Ruhe. Es würde ein paar Minuten dauern, bis Kallia hier war. Sie war nicht die Frau, die sich mitten in der Nacht einen Morgenmantel überwarf und meinte, sie sei damit ausreichend gekleidet. Wenn Kallia durch den Eingang trat, würde sie aussehen, als sei sie zum Ausgehen bereit. Es war merkwürdig, dachte er, daß sie ihn gerade in demselben Augenblick angerufen hatte, als er sich mit ihr in Verbindung setzen wollte.
    Es führte kein Weg um die Erkenntnis herum, daß der, der sich da unautorisiert an der Projekt-Software und den Projekt-Daten zu schaffen machte, detaillierte Kenntnis der vom Wissenschaftler-Team entwickelten Zugriffsmethoden und Sicherheitsvorkehrungen haben mußte.
    Ein unangenehmer, häßlicher Gedanke schlich sich in Myles Kantors Bewußtsein. Er versuchte, ihn beiseite zu schieben. Aber der Verdacht ließ sich nicht so einfach verdrängen
     
    2.
     
    Das Bild war verwirrend.
    Der Pararealist blickte in eine vom mattblauem Leuchten erfüllte Weite. Der Raum, der nach Chukdars Darstellung eine vom umgepolten Lasim erzeugte Simulation des fünfdimensionalen Kontinuums verkörperte, war konturlos. Er enthielt keine definierbaren Objekte, nur flüchtige Leuchterscheinungen, die für Sekundenbruchteile aufflackerten und wieder in sich zusammensanken. Chukdar hatte vor Beginn der Demonstration keine Erklärung darüber abgegeben, was Sato Ambush zu sehen bekommen würde und wie das Bild zu deuten sei.
    Er mochte dies jetzt, nachträglich, als Unterlassung erkennen; denn plötzlich hörte der schmächtig gebaute Terraner mit dem großen Kopf die Stimme des Nakken - oder vielmehr die synthetischen Laute, die Chukdars Sichtsprechmechanismus hervorbrachte. „Ich sehe in die Tiefe des inneren Kosmos", erklärte Chukdar. „Jeder Blitz, den du aufleuchten siehst, verkörpert ein Ereignis im fünfdimensionalen Raum. Meine Aufgabe ist es, aus der Fülle der Ereignisse diejenigen herauszufiltern, die mit unserem Vorhaben in Zusammenhang stehen. Sodann muß ich eine Korrelation unter den auf unser Vorhaben bezogenen Ereignissen herstellen, die es mir ermöglicht, eine Beschreibung der Umlaufbahn des gesuchten Objekts anzufertigen."
    Sato Ambush hörte nur die Stimme, die in eintönigem Tonfall vor sich hin dröhnte. Chukdar selbst war nirgendwo zu sehen. Das Bild, das der umgepolte Lasim projizierte, war allumfassend. Es umgab den Pararealisten von

Weitere Kostenlose Bücher