155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
um den Hals, als man Euch fand.“
Briana starrte das schlichte Kreuz an und streckte schließlich eine Hand danach aus. Doch die Bewegung war zu anstrengend für sie. Kraftlos ließ sie die Hand fallen.
Keane legte ihr das Schmuckstück in die Hand, wobei sich ihre und seine Finger leicht berührten. Abrupt zog Briana die Hand zurück, als hätte sie sich verbrannt, und presste den Körper tiefer in die Decken.
Unhörbar seufzend trat Keane einen Schritt zurück. Er runzelte die Stirn, was ihm ein düsteres Aussehen verlieh. Offenbar war dem Mädchen jede Art von Berührung durch ihn unangenehm. Wahrscheinlich waren alle Dienerinnen Gottes so empfindlich. „Ich verlasse Euch jetzt“, erklärte er. „Aber ein Dienstmädchen wird in Kürze zur Stelle sein und sich um Euch kümmern. Sie wird Euch jeden Wunsch erfüllen.“
Noch während Keane zur Tür ging, fielen Briana die Augen zu. Innerhalb von Sekunden war sie eingeschlafen. Sie wurde von dunklen Träumen gequält, in denen sie das eisige Lächeln eines Soldaten sah, dessen Namen sie nicht kannte. Aber sie wusste, dass es ihm Freude bereitete zu töten.
„Wie geht es ihr?“ Keane trat leise in die Kammer und stellte sich neben das Bett.
Beinahe die ganze Woche hatte er mehr oder weniger in diesem Raum verbracht, wo er die Dienstmädchen herumkommandierte, damit sie beim Verbinden der Wunden nicht nachlässig arbeiteten. Er wollte unter allen Umständen vermeiden, dass sich die Wunden entzündeten. Das Mädchen im Bett war nur selten für kurze Augenblicke bei Bewusstsein gewesen. Es fantasierte unzusammenhängend und bekam ständig Opiate, damit es die Schmerzen nicht spürte.
Keane ahnte, das seine Anwesenheit die Kranke verunsicherte. Umgekehrt erging es ihm ganz ähnlich. Doch den Grund dafür vermochte er beim besten Willen nicht zu erkennen. Aber gleichzeitig zog es ihn immer wieder mit Macht zu ihr hin. Sie gab in diesen Tagen seinem Leben einen Sinn. Er war wie besessen von ihr, und hinter seinem Rücken fingen die Bediensteten an zu munkeln. Niemand konnte sich erklären, warum Lord Alcott so vehement für die Fremde kämpfte.
„Sie schläft sehr unregelmäßig, weil sie so große Schmerzen hat, Mylord“, gab Cora Auskunft, die an Brianas Bett Wache hielt.
„Hat sie irgendetwas gegessen?“
„Nein, Mylord. Gar nichts. Dabei ist sie so dünn und blass. Mistress Malloy hat ein Tablett mit Speisen heraufgeschickt. Aber unsere Kranke hat nichts angerührt.“
„Und was ist mit dir, Cora?“, erkundigte sich Keane. Ihm war aufgefallen, dass das Mädchen kaum noch den Kopf hochhalten konnte vor Erschöpfung.
„Mistress Malloy wird mir später etwas zu essen geben.“
„Geh am besten jetzt nach unten in die Küche. Ich werde mich eine Weile hier ans Bett setzen und auf die kleine Nonne aufpassen.“
Cora brauchte nicht überredet zu werden, sich eine Pause zu gönnen. Sie verbrachte die meisten Stunden des Tages am Krankenbett, achtete auf jedes Zeichen, das eine Änderung im Befinden der Patientin andeutete, und kümmerte sich rührend und aufopferungsvoll um sie.
Doch die Nachtstunden gehörten Lord Alcott. Allabendlich kam er ins Krankenzimmer, schickte die Dienstboten zu Bett und nahm seine Position am Bett ein.
So auch an diesem Abend. Als Cora hinausgehuscht war, presste er die Hände in den Nacken, lehnte den Kopf weit zurück und dehnte die verkrampften Muskeln. Wenn er sich nicht hier bei der Kranken aufhielt, verbrachte er die meiste Zeit in dem Arbeitszimmer und mühte sich mit den Eintragungen in den Rechnungsbüchern seines Vaters ab. Zwischendurch empfing er Rechtsanwälte, die ihm helfen sollten, die Angelegenheiten seines Vaters zu regeln.
Kieran O’Mara, der verstorbene Lord Alcott, hatte augenscheinlich schon vor vielen Jahren jegliches Interesse an seiner Heimat und seinem Besitz verloren. Mehrere Gebäude bedurften größerer Reparaturarbeiten. Das Land, obwohl es grün und fruchtbar war, war schlecht bewirtschaftet worden und warf jedes Jahr eine noch mickrigere Ernte ab als im Jahr zuvor.
Carrick House benötigte nicht nur eine kräftige Finanzspritze, sondern musste wahrscheinlich erst einmal wieder zu neuem Leben erweckt werden.
Doch das wird nicht mehr mein Problem sein, dachte Keane, während er durch das Fenster auf die grünen Hügel starrte. Schon bald werde ich dieses elende Anwesen verlassen und auch die damit zusammenhängenden unglücklichen Erinnerungen.
Es war weniger ein Geräusch als vielmehr
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