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155 - Der Teufelsrocker

155 - Der Teufelsrocker

Titel: 155 - Der Teufelsrocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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an.«
    Er hoffte, Sprüche und Formeln zu finden, die ihn mit dem Kristall noch enger verbanden.
    Leidenschaftlich drückte er ihn an sein Herz wie eine Geliebte. »Niemand darf es wagen, dich mir wegzunehmen«, sagte er. »Ich könnte mich von allem trennen, sogar von Shelley - aber niemals von dir.«
    Er legte den Kristall wieder auf den Beistelltisch und las weiter.
    Die Zeit verging wie im Flug, bald war es 24.00 Uhr, doch Professor Robinson war immer noch nicht müde.
    Es entging ihm, daß mit dem geheimnisvollen Kristall etwas passierte.
    An einer der scharfen Kanten bildete sich auf einmal eine senkrechte Öffnung.
    Der Kristall tat sich auf!
    Und ein bläulicher Atem wehte heraus, ohne daß es dem Professor auffiel. Während er las, stieg unbemerkt der Geisteratem hoch, richtete sich auf und entfaltete sich. Ein grauenerregendes Wesen nahm unauffällig Gestalt an.
    Der Geist aus dem Kristall…
    ***
    Was Zoltan Lupino besaß, trug er bei sich. Die Zeiten waren für ihn schon mal besser gewesen - wenigstens finanziell. Zufriedener allerdings war er heute, wenn ihm das auch niemand glauben wollte. Wo gibt es schon einen glücklichen, zufriedenen Penner?
    Nun, Zoltan Lupino war ein Paradebeispiel dafür, daß es auch das gab.
    Er brauchte keinen Reichtum und keinen Luxus. Er mußte nicht in einem teuren Wagen von einem Chauffeur in Uniform durch die Stadt gefahren werden. Sein Schöpfer hatte ihm gesunde Beine gegeben, die ihn überall hinbrachten. Manchmal war er sogar schneller am Ziel als die Autofahrer.
    Für ihn gab es keinen Verkehrsstau und keine Parkplatzmisere, er verpestete die Umwelt nicht mit Abgasen, und niemand konnte den glänzenden Lack seines vierrädrigen Götzen zerkratzen.
    Die Welt hätte noch lange in Ordnung sein können, wenn alle so gelebt hätten wie er - genügsam und umweltbewußt. So jedenfalls sah er es.
    Deshalb war er auch nicht beleidigt, wenn man ihn Penner nannte.
    Er trug eine prall gefüllte Ledertasche, die an einem Trageriemen hing, und zwei Plastiktüten. Sein zerschlissener Mantel war für jemanden geschneidert worden, der zwei Köpfe größer war als er, und die weiß-schwarzen Schuhe hatte er neben einer Mülltonne entdeckt. Sofort hatte er die Sandalen, die nur noch von dünnen Schnüren zusammengehalten wurden, abgeschüttelt und diese »Prachtschuhe« angezogen.
    Die warme Jahreszeit verbrachte er unter freiem Himmel, während der kalten Monate wohnte er im Männerheim. Es ging ihm gut, er hatte keine Sorgen.
    Daß ihm jemals jemand nach dem Leben trachten würde, konnte er sich nicht vorstellen - und doch kam es dazu…
    Er wanderte an Paul Robinsons großem Haus vorbei. Als er den Lieferanteneingang erreichte, blieb er kurz stehen und gähnte herzhaft.
    Er war heute spät dran, hatte drüben in Bloomsburry eine lange Diskussion mit Freunden gehabt. Vielleicht war es übertrieben, sie Freunde zu nennen. Genaugenommen waren es nur gute Bekannte, mit denen Zoltan nicht auf derselben Stufe stand.
    Sie tranken Wermut und billigen Fusel - er nicht; er rührte keinen Tropfen Alkohol an. Sie sahen sich als Ausgestoßene der Gesellschaft - er nicht; er hatte diese Gesellschaft selbst verlassen, weil es ihm in ihr nicht mehr behagt hatte. Diese anderen Penner fühlten sich als Abschaum - er nicht; seiner Ansicht nach war er ein wertvollerer Mensch als viele von denen, die verächtlich auf ihn herabsahen.
    Zoltan ging weiter.
    Sein Ziel war der Green Park, dort war er »zu Hause«. Wer etwas von ihm wollte, konnte ihn häufig dort finden.
    Dort hielt er auch seine »Amtsstunden« ab. In Pennerkreisen nannte man ihn allgemein den »Richter«. Er wußte über die Gesetze Bescheid und kannte sich mit den Paragraphen aus.
    Wenn also jemand eine Auskunft wollte, was rechtliche Dinge anging, konnte er sich an den Richter wenden. Gab man ihm hinterher etwas, wies er es nicht zurück, bekam er nichts, war’s ihm auch recht.
    Er ließ die Leute in dem Glauben, daß er einmal Richter gewesen wäre. In Wirklichkeit aber hatte er nur im Gericht gearbeitet und sich dabei sein Rechtswissen angeeignet.
    Der Richter war der Aristokrat unter den Pennern. Er trug einen Hut, dessen Krempe eingerissen war, und sein langes Haar wurde hinten von einem Gummiring zusammengehalten.
    Die Tür des Lieferanteneingangs öffnete sich, und eine furchterregende Gestalt verließ das Haus.
    Zoltan Lupino bemerkte es nicht. Nur eine merkwürdige Kälte strich ihm über den Nacken. Er konnte sie sich

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