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155 - Reiseziel: Mars

155 - Reiseziel: Mars

Titel: 155 - Reiseziel: Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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den Hunderte von Nuklearbomben verwüstet hatten und auf dem jetzt vielleicht schon die Daa’muren herrschten?
    Drax riss die Augen auf. Wie Nebelschleier im Wind zerstoben die Bilder. Sein Mund war trocken. Er fuhr sich über die Stirn – kalter Schweiß blieb an seinen Händen kleben.
    »Sie fühlen sich schlecht, nicht wahr?«, sagte der Arzt neben ihm leise.
    Matt sah ihn an. »Wie kommen Sie darauf?« Seine Stimme klang heiser, viel zu heiser…
    Saintdemar zuckte mit seinen schmalen Schultern. »Erstens gehört es zu meinem Beruf, aus Beobachtungen die richtigen Schlüsse zu ziehen, und zweitens – wie soll es einem Mann schon gehen, der buchstäblich alles verloren hat, sogar seine Stiefel?«
    Matthew Drax antwortete nicht. Die neuen Stiefel, nun ja…
    Wieder wurde im bewusst, wie unwohl er sich in dem Bordanzug fühlte. Hosenbeine und Ärmel waren ihm zu lang, an Taille, Schultern und Brust schnürte der Stoff ihn ein. Dabei hatten sie ihm die maximale Größe verpasst.
    »Ich will nicht sagen, dass ich Sie gut verstehe, Maddrax«, fuhr Palun Saintdemar fort, »aber ich kann mir ungefähr vorstellen, wie es einem Menschen gehen muss, der seine Heimat und sämtliche Verwandte und Freunde zurücklassen musste.« Er lächelte wehmütig. »Sie müssen sich unendlich einsam fühlen.«
    Auf der Sesselreihe vor ihnen wandten zwei Frauen und ein Mann die Köpfe. Matt spürte Blicke von hinten und von der Seite. »Lassen Sie mich in Ruhe, Saintdemar.«
    Er lehnte sich zurück und machte wieder die Augen zu.
    Minuten später tönte Maya Joys Stimme aus dem Bordfunk.
    »Orbit erreicht, Landeerlaubnis empfangen, Landung in neunundfünfzig Minuten. Wir sind so gut wie zu Hause.«
    In Gedanken versetzte Matt Drax sich ins Cockpit eines Jets.
    Mit dreifacher Schallgeschwindigkeit raste er in seiner Phantasie der Stratosphäre entgegen. Und diesmal schaffte er es, zu entspannen. Wie Geräusche aus einer anderen Welt drangen das Fauchen der Triebwerke und die Satzfetzen aus dem Bordfunk in sein Bewusstsein: »Haupttriebwerk auf elf Prozent, Kursstabilisatoren gezündet, Landevorgang eingeleitet…«
    Er selbst aber flog über der Ostsee, unter einem blauen, fast wolkenlosen Himmel. Die Welt unter ihm war noch unberührt von einem Großen Auslöscher, von Daa’muren und von fünfhundert Jahren Barbarei. So war es gut, so hätte es bleiben sollen…
    »Wir steigen hinunter«, sagte die Stimme aus dem Bordfunk, eine künstliche Stimme. »Schubumkehr in Bereitschaft, Kurs stabil, Sinkgeschwindigkeit noch dreihundert Meter pro Sekunde, fallend, Flughöhe achthundertsechzig Kilometer.« Eine andere Stimme bestätigte, eine dritte forderte eine Anflugwinkelkorrektur und Informationen über die aktuelle Geschwindigkeit. Matt erkannte Maya und Leto Angelis. Die erste Stimme gehörte dem sekundären Bordrechner.
    Die Fluggeräusche wurden lauter. Der Mann aus der Vergangenheit öffnete die Augen. Glutschwaden flirrten auf den Monitoren, die das Außenbild übertrugen. Es war, als würde die PHOBOS durch ein heißes Plasmameer treiben. Das Schiff raste bereits durch die dichteren Schichten der Marsatmosphäre.
    So ungefähr hatte er sich das vorgestellt – allerdings an Bord der Queen Victoria mit einem Landeplatz in der Gegend um Moskau im Radar, mit Naoki Tsuyoshi neben sich im Copilotensitz und mit Mister Blacks und Aruulas Stimmen im Bordfunk…
    »Druckausgleichsverzögerung aktiviert«, sagte die Stimme des Ersatzrechners. »Schubumkehr Stufe eins gezündet, Kurs stabil, Sinkgeschwindigkeit hundertachtzig Meter pro Sekunde, fallend, Flughöhe fünfhundert Kilometer, Gravitationsneutralisator bei fünfzig Prozent…«
    Die Meldungen ertönten nun im Zehn-Sekunden-Takt.
    Maya Tsuyoshis und Leto Angelis’ Stimme bestätigten abwechselnd.
    Irgendwann ging ein Ruck durch den Schiffsrumpf, und das Fauchen der Triebwerke schwoll für Sekunden zu brandungsartigem Brausen an. Neben Matt begann der Bordarzt zu keuchen. Auch die bisher unhörbaren Atemzüge der anderen Besatzungsmitglieder verwandelten sich jetzt in Gestöhne und Gekeuche. Er selbst spürte nur, wie ihm der Magen in den Unterbauch rutschte und die Gurte hart seine Schultern, Hüften und Schenkel bandagierten, so hart, als wären sie nicht gepolstert, sondern aus Holz oder Eisen.
    Dank seines robusteren Körperbaus verkraftete er das Bremsmanöver besser als die an niedrigere Schwerkraft gewöhnten Marsianer mit ihrem grazilen Knochengerüst. Ein leichter Schwindel

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