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155 - Reiseziel: Mars

155 - Reiseziel: Mars

Titel: 155 - Reiseziel: Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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höchsten Gipfeln in den Grenzlagen der Wälder. Unzählige braune Pigmentstreifen bedeckten sie. Seine Ohren und Nase waren auffällig lang und schmal.
    Der hymnische Schlussgesang des Chores verhallte zwischen den Stämmen und in den Kronen. Windtänzer ließ die Arme sinken und öffnete die Augen. Eine Zeitlang schwiegen alle. Bis Windtänzer die Lippen schürzte und ein leises Zirpen anstimmte. Im Unterholz begann es zu rascheln, Sträucher und das Geäst von Büschen bewegten sich da und dort. Fußhohe und bis zu achtzig Zentimeter lange Käfer wurden sichtbar, schwärzlich braune Burschen mit langen Fühlern, kräftigen Kauzangen und kurzen haarigen Rüsseln.
    Sie zogen kleine Wagen durch das Unterholz. Die Holzvehikel hatten jeweils vier hohe Räder aus einem korkartigen Material und waren mit Körben und Kisten beladen, in denen die Waldleute auch sonst ihre Waren zu den Straßenmärkten der Städte transportierten.
    »Hier trennen sich unsere Wege«, sagte Windtänzer. »Zwölf gehen mit Morgenblüte zum Regierungsgebäude und errichten die Stände.« Die rothaarige Morgenblüte war Windtänzers einziges Kind. Trotz ihrer gerade einmal acht Marsjahre galt sie als umsichtig und mutig.
    »Neun gehen mit Rosen und Felsspalter zur Luftschiffstation am Raumhafen.« Rosen, des Baumsprechers Lieblingsfrau, und Felsspalter hatten grüne Locken. Bedingt durch die schwere Arbeit mit seinem Lieblingsstoff – Stein – fiel Felsspalter durch einen muskulösen Körper auf. Sonst sah er seiner Zwillingsschwester zum Verwechseln ähnlich. Die Unzertrennlichkeit der Geschwister war sprichwörtlich unter den Waldleuten der südwestlichen Sippen.
    »Drei begleiten Dame Vera Akinora Tsuyoshi in die Stadt«, schloss Windtänzer. »Die anderen gehen mit meinen Schülern und mir. Das Glück des reifen Augenblicks, die Kraft des Felsens und die Klugheit des Waldes mögen euch begleiten…«
    ***
    »Da!« Der alte Gonzales schob seinen Rollstuhl dicht an die Konsole und deutete auf den Monitor. »Der Blonde! Das muss er sein!« Der Mann, den er meinte, stieg zwischen zwei Besatzungsmitgliedern der PHOBOS über eine ausgefahrene Teleskoptreppe zum Flugfeld hinab.
    »Wie klein er ist«, sagte der zweite, weitaus jüngere Mann im Raum. »Und wie gedrungen.« Er stand hinter dem Rollstuhl seines Großonkels, hielt die Arme vor der Brust verschränkt und fixierte den Monitor. Sein Name war Ettondo Lupos Gonzales. »Sieht aus wie ein primitiver Raufbold. Bist du sicher, dass er was im Kopf hat? Am Ende lohnt sich die ganze Aufregung überhaupt nicht.«
    Ettondo Lupos trug sein schwarz gefärbtes Haar streng zurückgekämmt und zu einem festen Dutt geflochten und gebunden. Die Ansätze seiner in einen Backenbart mündeten Koteletten und seines langen und dünnen Schnurrbartes waren weiß. Unter knielangen Hosen aus Kunstfasern trug er rote Strümpfe, unter seiner schwarzen Weste eine rote Samtjacke.
    Eine künstliche weiße Blüte zierte seinen breitkrempigen Hut; eine gekrümmte Scheide, aus der ein mit Edelsteinen besetzter Griff ragte, hing an seiner rechten Hüfte. Scheide, Ohr- und Fingerschmuck waren aus Goldimitat.
    »Gibst du immer noch so viel auf Äußerlichkeiten?«, krächzte der Alte im Rollstuhl. »Erinnere dich an die Bilder von John Carter und seinen Pionieren.« Er bedachte den Jüngeren mit einem tadelnden Blick und wandte sich dann wieder dem Monitor zu. »Was der Blonde da im Kopf hat, können wir erst nach seiner Vernehmung mit Sicherheit sagen. Bis dahin gehen wir davon aus, dass er wertvoll für uns sein wird.«
    Ettondo Lupos repräsentierte das Haus der Gonzales im Rat.
    Mit zweihundertsechs Zentimetern war er relativ klein, dafür waren seine Schultern breiter und seine Oberschenkel und Handgelenke kräftiger als die eines durchschnittlichen Marsmannes. Im Vergleich mit seinem Großonkel allerdings ging er noch als normal proportioniert durch. Der alte Jarro Fachhid Gonzales, Ettondos Vorgänger als Ratsdelegierter des Gonzales-Clans, war massig und fett geworden, seit er im Rollstuhl saß.
    »Dame Rätin Braxton!« Jarro Fachhid kicherte. »Wer hätte gedacht, dass sie als Resozialisierungsfall zurückkehren wird?«
    In der Mittelluke des Schiffes war die Gestalt der Ratsdame erschienen, auch sie flankiert von zwei Personen. Zumindest in regierungsnahen Kreisen hatte sich ihre Verhaftung herumgesprochen.
    »Resozialisierung?« Ettondo Lupos zog die schwarzen Brauen hoch. »Wenn die Berichte von Bord der PHOBOS

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