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155 - Reiseziel: Mars

155 - Reiseziel: Mars

Titel: 155 - Reiseziel: Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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befiel ihn allerdings; vermutlich hatte er während der neunzig Tage Tiefschlaf konditioneil ein wenig abgebaut.
    Das Glutgewaber vor den Fenstern ließ nach, erlosch schließlich ganz und machte einem fahlen Licht Platz. Matt sah Wolkenschleier, eine erschreckend kleine Sonne und Bergmassive, deren Gipfel weit über Flughöhe und Blickfeld hinaus in den Marshimmel ragten.
    Bald erkannte er einen bunten Fleck zwischen Wäldern und Seen. Je tiefer die PHOBOS sank, desto deutlicher konnte er die Gebäudekomplexe voneinander unterscheiden, die immer wieder durch unglaublich hohe, sich spiralartig in den Marshimmel schraubende Türme durchbrochen wurde.
    Bald kam ein Flugfeld in Sicht, vergrößerte sich rasch, und Minuten später setzte die PHOBOS auf.
    »Maya Joy Tsuyoshi an Raumfahrtkommando: Die PHOBOS und ihre Besatzung melden sich zurück auf dem Mars«, tönte Mayas Stimme aus dem Bordfunk.
    »Hier spricht die Ratspräsidentin Cansu Alison Tsuyoshi«, antwortete eine fremde Stimme. »Im Namen des Rates, der Einwohner der fünf Städte und der fünf Häuser begrüße ich die Kommandantin der PHOBOS und ihre Besatzung. Willkommen zu Hause…!«
    Der Rest ging in lautem Jubel unter. Die Männer und Frauen im Passagierraum sprangen auf. Die meisten applaudierten, einige fielen einander um den Hals. Matt löste seine Gurte und sank in seinem Sessel zusammen. Er fühlte sich unendlich einsam…
    ***
    Das ferne Heulen der Triebwerke verstummte endgültig. Noch wogte das Laubdach des Waldes hin und her, doch schon verebbte das Rauschen der Blätter. Das Raumschiff auf dem Flugfeld stand still. Wie Ausläufer eines Orkans waren die aufgewirbelten Luftmassen weit über die Stadtgrenzen hinaus bis tief in den Wald gebraust.
    Nach dem Blätterrauschen war das vielstimmige Summen und Singen unter dem größten Baum am Rande des Kraterinnenhangs nun umso deutlicher zu hören. Hoch oben in seiner Krone tönten die Führungsstimmen.
    Was ein Vogel oder der Pilot eines Luftschiffes für eine späte und ungewöhnliche Blüte im Wipfellaub des alten Ginkgos gehalten hätten, war in Wirklichkeit der weiße Schopf eines jungen Waldmannes. Schwarzstein. Sein Bass pendelte gleichmäßig zwischen zwei Tönen hin und her, sein Zwerchfell, sein Brustkorb und die Kehle vibrierten.
    Der Schüler des Baumsprechers warf einen letzten Blick nach Norden. Klein wie eine silbrige, harmlose Käferlarve wirkte das widerliche Schiff auf dem knapp sieben Kilometer entfernten Raumhafen. Über achthundert Kilometer entfernt schälten sich die Umrisse eines Gipfels aus dem Licht des neuen Morgens: der Elysium Mons. Aus dieser Entfernung nur eine spitze Erhebung am Horizont, tatsächlich aber ein ungeheures Bergmassiv.
    Schwarzstein lockerte seinen Griff um die Äste. Behutsam und fast geräuschlos führte er sie in ihre Ausgangsstellung zurück. Dichtes Laub verdeckte nun die Sicht auf Raumhafen, Stadt und Berg. Er blickte hinauf zu Windtänzer. Mit einer Kopfbewegung bedeutete sein Lehrer ihm und Aquarius, wieder hinab zu den anderen zu steigen.
    Windtänzers kräftiger Bariton gab die Grundmelodie des Gesanges vor, und Aquarius ließ seinen glockenhellen Tenor über der Hauptstimme und dem Chor tanzen. Während der Landung des Monstrums hatten sie den Gesang angestimmt.
    Ein Gesang, der den Wald trösten und beruhigen sollte und ihm zugleich erklärte, was der Abstieg des eisernen Kolosses aus dem Marshimmel zu bedeuten hatte.
    Vor mehr als siebzig Stunden waren sie aus der Felsenklause des Uralten aufgebrochen. Angesichts der drohenden Gefahr hatte der Meister ihnen gestattet, einen Gleiter in das Grenztal zu rufen. Ohne das Fahrzeug hätten sie sieben oder acht Tage bis hierher an die Nordwestseite von Elysium gebraucht.
    Die drei Männer unterbrachen ihren Gesang nicht, während sie aus dem Baum kletterten; nicht einmal, als sie von den unteren Ästen ins Moos hinunter sprangen. An die dreißig Männer und Frauen aus Windtänzers Sippe standen im Kreis mit den Rücken zum Baumstamm und sangen das vielstimmige Lied in den Wald hinein. Auch die alte Städterin Vera Akinora Tsuyoshi hatte sich unter den Chor gemischt. Im Laufe der langen Jahre, die sie schon im Wald lebte, waren die Lieder des Waldvolkes ihre Lieder geworden.
    Der Chor drehte sich langsam um, die Blicke der Männer und Frauen suchten den Baumsprecher. Windtänzer hob die Arme und schloss seine dunkelgrünen, leicht schräg stehenden Augen.
    Seine Haut hatte die Farbe des Eises auf den

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