155 - Reiseziel: Mars
Kommandantin Ihnen das nicht beigebracht, Maddrax?«
Der zynische Zug in ihrer Miene schlug in Feindseligkeit um, und dass sie ihn bei seinem Barbarennamen nannte, war pure Missachtung.
»… sogar nur ein paar Eckdaten meiner Geschichte«, fuhr Matthew unbeirrt fort. »Wenn Sie Zeit haben, diene ich Ihnen gern mit Einzelheiten: mein letzter Wagentyp, der Name meiner Frau, meine Freunde, meine Lieblingsbücher, den Tabellenstand meiner Basketballmannschaft in der Woche, als feststand, dass der Komet die Erde treffen würde… Ich spreche von Ihrem Mutterplaneten, Ladies und Gentleman!«
»Verzeihen Sie, Commander Drax«, ergriff wieder die ältere Marslady das Wort. »Ich unterbreche Sie ungern, aber uns würde vor allem interessieren, warum Sie und die Dame Tsuyoshi zum Mond geflogen sind…«
»Und wer auf der Erde imstande und skrupellos genug ist, aus Menschen halbe Roboter zu machen«, zischte die Präsidentin.
»Jetzt niemand mehr, fürchte ich«, sagte Matt. »Und davor Naoki Tsuyoshi selbst, um die zweite Frage zuerst abzuhaken. Für die erste muss ich ein wenig ausholen. Doch eigentlich habe ich das alles bereits Ihrer Raumschiffbesatzung geschildert.«
»Holen Sie ruhig aus, Commander Drax.« Die Moderatorin lächelte freundlich. »Wir würden diese Dinge gern noch einmal aus Ihrem Mund hören.«
»Also gut.« Matt beugte sich vor und faltete die Hände auf dem Tisch. »Am 25. August des Jahres 2011 entdeckten zwei Hobbyastronomen einen neuen Kometen. Wie in unseren ehemaligen Fachkreisen üblich, benannte man ihn nach seinen Entdeckern ›Christopher-Floyd‹. Leider stellte sich bald heraus…«
»Niemand hat sie um weitere Einzelheiten Ihrer fantastischen Geschichte gebeten, mein Herr!« Diesmal war es der Mann, der neben der jungen Präsidentin saß. Er hatte einen Silberblick und war kräftiger gebaut als anderen, die am runden Tisch saßen. »Wir wollen wissen, wer Sie zum Mond geschickt hat und was Sie dort verloren hatten.«
»Ich bin nicht taub, Mann!« Die Wut stieg Matt schon wieder in den Hals. »Aber ich muss weit ausholen, um Ihre Frage zu beantworten. Ihre Sprecherin hat mir genau das gestattet!«
Ein Raunen ging durch Runde. Wahrscheinlich sprang er nach marsianischen Maßstäben gerade von einem Fettnapf in den nächsten. Es war ihm gleichgültig.
»Ich muss Sie bitten, sich zu mäßigen, Commander Drax«, sagte die Ratslady namens Merú Viveca Saintdemar, und dann an die Adresse des Schielauges: »Und Sie, verehrter Herr Carter Loy Tsuyoshi, bitte ich, den Commander nicht mehr zu unterbrechen.« Sie lächelte in die Runde. »Es wird später noch Gelegenheit geben, Fragen an den… äh, den Commander zu richten.« Sie schickte ein Lächeln in Matts Richtung. »Bitte, Commander.«
Der Mann aus der Vergangenheit zuckte mit den Schultern und fuhr fort: »Ein paar Wochen später steckte die Regierung einen Hochschullehrer und Astrophysiker zu Ausbildungszwecken in meine Staffel, einen gewissen Dr. David McKenzie…«
Matt Drax ließ sich Zeit. Er schilderte die albtraumhaften Monate vor der Apokalypse, [2] den Raketenbeschuss des Kometen, den Beobachtungsflug seiner Staffel und die Notlandung in den Alpen. So plastisch wie möglich versuchte er den schmerzhaften Prozess darzustellen, den er durchlaufen musste, bis er akzeptieren konnte, in der Zukunft gelandet zu sein.
Seine Odyssee durch das postapokalyptische Mitteleuropa an Aruulas Seite handelte er im Telegrammstil ab. Anders die Begegnung mit den Communities auf der britischen Insel und die Erkenntnis, dass es sich bei den Kometenkristallen um Mentalspeicher mit den Persönlichkeiten Außerirdischerhandelte. Hier brachte der Mann von der Erde viele Einzelheiten. Dieses Gremium sollte verstehen, warum er und Naoki mit dem Shuttle in den Orbit starten mussten. Also schilderte er auch die Vernichtungspläne der Daa’muren, so weit sie ihm bekannt waren, und den Aufzug der Kriegsallianz am Kratersee. Von der ISS aus hatten Naoki und er die Bodentruppen unterstützt.
»Leider kam die Offensive zu spät«, schloss Matthew Drax.
»Die Nuklearbomben explodierten, ein dauerhafter Elektromagnetischer Impuls legte sämtliche Elektronik auf der Erde lahm und beschädigte leider auch die kybernetischen Anteile in Naoki Tsuyoshis Körper. Der einzige Weg, der mir blieb, war der zum Mond. Also flog ich hin.«
Lange Sekunden des Schweigens folgten. Sehr still war es während dieser Sekunden, so still, dass der Mann von der Erde sich
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