1551 - Die Linguidenforscher
bei der vorhandenen Meßgenauigkeit seiner Systeme noch nach drei Tagen festzustellen sein müßte. Der Syntron hatte diesen Wert bestätigt.
Schließlich steckte der Haluter die Meßsonde in eine der beiden Spuren, die er als die jüngsten ermittelt hatte -und zwar in jene, die aus Richtung der Kuppelstadt kam. „Minus 121,387 Grad", meldete der Syntron sofort. „Bitte, laß die Sonde noch stecken, damit ich feststellen kann, mit welcher Geschwindigkeit die Temperaturangleichung erfolgt. Dann ermittle den Wert für die Spur, die zurück zur Kuppelstadt führt."
Da ergaben sich minus 121,379 Grad.
Zweimal acht hundertstel Grad!
Icho Tolot überschlug mit seinem Planhirn die ermittelten Werte, ohne auf weitere Mitteilungen der Syntronik zu warten.
Er kam auf ein erstaunliches Ergebnis.
Das Alter der Spur in Richtung Kuppelstadt betrug etwa zwei Stunden! Und die von der Stadt kommende Spur war vor ungefähr vier Stunden in den Boden gedrückt worden.
Oder anders ausgedrückt: Vor ungefähr vier Stunden war jemand aus der Stadt gekommen und in den Krater geklettert. Und vor etwa zwei Stunden hatte er ihn wieder verlassen und den Rückweg angetreten.
Der Haluter spürte, daß er ganz dicht vor dem Ziel war. Er war davon überzeugt, auf der Spur des Friedensstifters zu sein. Demnach mußte sich Aramus Shaenor jetzt wieder in der Kuppelstadt aufhalten.
Am liebsten wäre Tolot sofort losgespurtet, aber er sagte sich, daß es auf ein paar Minuten auch nicht mehr ankam. Erst wollte er einen Blick in den Krater werfen. Er mußte das tun, denn es war die letzte Bestätigung dafür, daß er sich auf die richtige Fährte geheftet hatte.
Er raffte seine Ausrüstung zusammen und stürmte dann den Hang des Kraters hinauf. Seine Erwartungen wurden nicht enttäuscht.
In der Mitte der tiefen Mulde erhoben sich zwei Energieglocken, deren Reflexe seine Ortung erst jetzt zu trennen vermochte. Sie waren dreißig Meter weit voneinander entfernt. An den Innenrändern steckten mehrere technische Geräte im Boden. Sie versorgten die kleinen, autarken Lebenssysteme mit allem, was sie brauchten.
Unter der ersten Glocke erhob sich ein kleiner Kima-Strauch. Unter der zweiten jedoch reckte sich eine drei Meter hohe Pflanze. An den Zweigen hingen ovale Blätter, die an der Unterseite silbrig glänzten.
Die Pflanze war über und über mit etwa fünf Zentimeter durchmessenden Blüten verziert. Die weißen Blütenblätter bildeten Schalen, in deren Mitte es golden schimmerte.
Icho Tolot wußte, was sich da seinem Blick darbot: Der Kima-Strauch von Aramus Shaenor
4.
Genar Tintal entpuppte sich als ausgezeichneter Fremdenführer. Er kannte fast alle wichtigen Gebäude der Stadt, viele Familien und Geschichten über sie.
Reginald Bull und seine beiden Begleiter erfuhren eine Reihe von Fakten, die ihr Bild von den Bewohnern dieses Planeten weiter abrundeten.
Auf das Kernproblem, nämlich die Herkunft der Linguiden, kam aber zunächst noch niemand zu sprechen. Ein bißchen erstaunlich war das schon, denn von einem Archäologen hatte Bully eigentlich erwartet, daß er sich am liebsten über sein Gebiet unterhalten würde. „Es gab vor ungefähr zwanzig Jahren bei uns einen Umschwung in den Interessen", erzählte Genar Tintal. „Sicher hing das damit zusammen, daß die Linguiden erstmals in größerem Umfang mit anderen galaktischen Völkern in Berührung kamen und erfuhren, wie sie lebten und was sie über sich selbst wußten. Man könnte von einer wissenschaftlichen Revolution sprechen, aber das ist sicher etwas zu drastisch ausgedrückt."
Der Archäologe erklärte dann ausführlich, was er meinte.
Mit der Geschichtsforschung in größerem Umfang hatten die Linguiden erst vor zwanzig Jahren begonnen, angeregt durch andere galaktische Völker. Davor hatten sich die wissenschaftlichen Disziplinen fast ausschließlich auf die technischen Gebiete beschränkt.
Auch seine Wissenschaft, die Archäologie, steckte wahrlich noch in den Kinderschuhen.
Ein zentraler Komplex war die Frage nach der Herkunft oder nach der eigenen biologischen Entwicklung. Bull zweifelte nicht daran, daß Genar Tintal die Wahrheit sagte, als er behauptete, daß selbst die Linguiden im dunkeln tappten. Vergleiche mit der Entwicklungsgeschichte anderer Völker hatten bei den interessierten Wissenschaftlern immer neue Theorien aufkommen lassen.
Der Archäologe räumte allerdings auch ein, daß sich nur ein verschwindend kleiner Teil der
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