1565 - Der Intrigant
Lachen klang auf, und es hörte sich gar nicht an wie das Lachen aus einem Menschenmund. „Narr", kam die Antwort. „Wieso glaubst du mir jedes Wort? Das mit dem Klonstamm war doch eine bewußte Irreführung der Besatzung. Es hat nie einen Klonstamm an Bord gegeben, und es war auch nicht das Werk von Pedrass Foch alias Monos, der alles bewirkte. Diese Hyperraumblase, weißt du, was das ist, Gunziram Baal?"
Der Maaliter begann etwas zu ahnen, aber er wollte sichergehen und schüttelte den Kopf. „Du befindest dich im Innern meiner Kriegskiste", erklärte Stalker und schaltete die Körperprojektion ab.
Eingehüllt in seine erdfarbene Kombination, erinnerte er in keiner Weise mehr an das Wesen, das er bis vor wenigen Sekunden dargestellt hatte. Die Kleidung, die er trug, bestand aus einem wulstigen und überaus steif wirkenden, dabei jedoch elastischen und widerstandsfähigen Kunststoffmaterial, das wie Leder aussah und auch von den genormten Truillauern vom Schlage Per-E-Kits getragen wurde. Die Funktionen der Kombination ähnelten denen des SERUNS, sie diente ihrem Träger nicht nur als Bekleidung, sondern auch als Schutz- und Raumanzug mit den dazugehörenden technischen Geräten. „Alles, was sich an Bord ereignet hat, hat seinen Ursprung in dieser Kiste", fuhr Stalker fort. „Bei Gelegenheit werde ich dir erzählen, wie ich an sie gekommen bin. Der Maniac, dieser Modulroboter, hatte hier sein Depot."
„Ich verstehe", sagte Baal. „Aber wozu das alles? Wieso ein eigenes Schiff?"
„Weil ich allein sein muß. Oder fast allein. Es geht nicht anders. Ich lege keinen Wert darauf, mit tausend Mann Besatzung an mein Ziel zu gelangen und Rechenschaft darüber abzulegen. Auf Maniacs End hätten sie es alle gut gehabt, und die HARMONIE und MUTTER hätten Hilfe herbeiholen können. Es hat nicht geklappt, deshalb werden wir auf unsere nächste Chance warten müssen."
„Und du brauchst mich und meine Artgenossen unbedingt?"
„Jemand muß Zeugnis ablegen von dem, was in Estartu los ist. Und du bist der einzige, dem ich vertrauen kann. Schau dir Shina Gainaka an oder Ronald Tekener - sie glauben mir kein Wort. Sie tun, als trüge ich das Kainsmal des Lügners im Gesicht. Sie tun mir unrecht, und diese Bitterkeit in meinem Innern ist kaum auszuhalten."
„Es wird sich eine Möglichkeit finden, die ROBIN in unsere Gewalt zu bringen", erklärte der Maaliter. „Solange es unblutig zugeht, sind wir einverstanden."
„Du kennst mich gut genug, Gunziram. Ich habe die Galaktiker immer mit Samthandschuhen angefaßt. Glaube mir, mein Handeln hat keinen egoistischen Hintergrund. Es geht mir nicht um mich, sondern um die Mächtigkeitsballung Estartu."
„Nicht um ESTARTU selbst?"
„Schweig!" fuhr Stalker ihn an. „Was weißt du schon von ESTARTU? Ist sie jemals zurückgekehrt? Kann sie ihre Mächtigkeitsballung jemals übernehmen? Ist es nicht so, daß es in den über siebenhundert Jahren keine Kontakte zwischen ihrem Reich und anderen sternenfahrenden Völkern und Mächten gab? Es ist so, denn jeder hatte genug mit sich selbst zu tun. Die Blicke der Völker und Einzelwesen in diesem Bereich des ehemaligen Psionischen Netzes von DORIFER waren ohne Ausnahme nach innen gerichtet, nicht nach außen. Und jetzt? Könnte es nicht einem Schock gleichkommen, wenn Fremde die Wahrheit erfahren?"
„Ich kann es nicht beurteilen."
Baal war von diesem Augenblick an fest entschlossen, an der Seite Stalkers zu bleiben und jeden seiner Schritte mitzutun. Er wollte wissen, was sich hinter den Andeutungen verbarg, die der Intrigant von eigenen Gnaden mit voller Absicht von sich gab. „Du kannst dich auf mich und meine Männer und Frauen voll verlassen", bekräftigte er. „Das ist sehr gut. Dann können wir jetzt mit den Übungen anfangen. Ich werde dich in die mentale Steuerung verschiedener Systeme meiner Kriegskiste einweihen. Du wirst sie brauchen, treuer Freund!"
*
Zu sechst standen sie an der Brüstung der Balustrade und blickten hinab auf die Roboter, die mit der Wartung der Energieerzeuger beschäftigt waren. Zwischen den Maschinen bewegte sich eine einzelne Gestalt, und in ihrer grauen Kombination fiel sie kaum auf. Man mußte schon genau hinsehen, um sie als Lebewesen zu identifizieren. „Er heißt Voun Braata und ist einer der sechsundfünfzig Maaliter an Bord", raunte Amadeus Kant. „Irgendwie scheint er mir ein Einzelgänger zu sein. Man sieht ihn nur selten zusammen mit seinen Artgenossen."
„Das will doch
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