1568 - Schreckenskammer
nächste Bemerkung im Hals stecken. Sicher konnte er sich nicht sein. Er wusste überhaupt nicht mehr, was in seinem Leben noch sicher war. Es war nicht mal sicher, dass er den nächsten Tag noch erlebte.
Aber eines traf zu: Die Asche rieselte weiterhin durch die dünne Öffnung, und sie wuchs auf dem Boden des anderen Gefäßes zu einem immer höher werden Hügel auf.
Bill wollte einen Kommentar loswerden, als er sah, mit welch einer Spannung im Blick der Mann auf das Stundenglas starrte, als wäre dieses feine Rieseln einer grauen Masse etwas ganz Besonderes.
Für Bill war es das nicht, aber er wollte fragen - und vergaß den Vorsatz schnell wieder, weil sich etwas in dem gefüllten Gefäß verändert hatte, und das war ein Phänomen, das Bill kaum glauben konnte.
Der Rest im Glasgefäß war nicht mehr nur Asche. Über ihm schwebte ein geisterhaftes Gesicht…
***
Sheila wusste, dass sich ihr Mann vielleicht vor dem entscheidenden Schritt befand, der durchaus tödlich enden konnte, und deshalb war sie nervös.
Sie war in die geräumige Küche gegangen, saß halb auf der Arbeitsplatte und überlegte. Zurück ins Bett gehen konnte sie nicht. Sie würde keinen Schlaf finden und sich nur von einer Seite auf die andere wälzen, und das war nicht ihr Ding.
Die Conollys lebten in einem geräumigen Haus. In diesem Fall kam es ihr klein vor, weil sich Sheila wie in einem Gefängnis fühlte. Es bedrückte sie, Bill allein zu wissen, und auch der Klang seiner Stimme hatte ihr nicht besonders gefallen. Da hatte kein Optimismus mitgeschwungen.
Das Fazit war ganz einfach.
Es ging ihm nicht gut!
Wenn Sheila Conolly einmal zu einem derartigen Ergebnis gekommen war, dann blieb sie auch dabei, und sie musste sich etwas überlegen.
Was Bill ihr gesagt hatte, schwirrte ihr auch jetzt noch durch den Kopf.
Bill war in Richtung Wimbledon gefahren. Er hatte von einem Rummel, einer Kirmes erzählt, bei der in der Nacht natürlich nichts los war. Da schliefen die Menschen, um für den nächsten Tag fit zu sein, und nur dieser Entführer und Bill würden dort sein, falls dieser Otto Winkler, der Mörder des Bestatters Delko, keine Helfer hatte, was auch sein konnte.
Sie hatten noch eine lange Nacht vor sich, in der viel geschehen konnte.
Auf keinen Fall wollte Sheila bis zum Morgengrauen warten. Sie musste etwas unternehmen, aber nicht allein. Wären John Sinclair und Suko im Lande gewesen, hätte sie kein Problem gehabt, eine Unterstützung zu organisieren. So aber - oder doch nicht? »Johnny!«
Der Name ihres Sohnes schoss ihr durch den Kopf. Johnny war kein Kind mehr. Er war längst zum Mann geworden und er war schon durch manche Hölle gegangen.
Das war die Lösung und zugleich auch das Problem, denn Sheila wusste nicht, wo Johnny steckte. Er blieb oft über Nacht weg und schlief dann bei einem seiner Freunde.
Aber bei welchem?
Sheila umklammerte das leere Glas mit beiden Händen und dachte konzentriert nach. Es war nicht leicht für sie, denn sie wusste, dass ihr Sohn viele Freunde hatte. Auch Mädchen gehörten zu der Clique. Sie fand es jetzt bedauerlich, dass Johnny ihr keinen Hinweis hinterlassen hatte.
Aber wie fast alle jungen Leute trug Johnny sein Mobiltelefon immer bei sich, und das würde wohl auch an diesem Abend der Fall sein.
Deshalb versuchte sie es mit einem Anruf, und sie hoffte nur, dass Jonny den Quälgeist nicht abgeschaltet hatte. Zuzutrauen war es ihm, wenn er seine Ruhe haben wollte.
Sheila sah keine andere Möglichkeit und gab die Nummer ihres Sohnes ein. Sie atmete auf, als sie das Freizeichen hörte, und wenig später meldete sich Johnnys Stimme.
»Ich bin einfach nicht da. Ich bin weg und liege im Moment über den Wolken.«
»Dann komm mal von dort wieder runter!«
»Ma, du?«
»Ja, ich habe meine Stimme selbst bestimmt nicht imitiert.«
»Worum geht es denn?«
»Um deinen Vater. Er…«
»Ist ihm was passiert?«
»Nein, das will ich nicht hoffen. Aber er könnte schon in Schwierigkeiten stecken.«
»Bist du sicher?«
»Du musst sofort nach Hause kommen, Johnny. Ich gehe davon aus, dass es für Bill gefährlich werden könnte. Du kennst deinen Vater schließlich lange genug. Der geht nichts und niemandem aus dem Weg.«
»Ja, aber was hat er…?«
»Kann ich dir beim besten Willen nicht sagen, Junge. Bitte, komm so schnell wie möglich.«
»Und dann?«
»Werden wir fahren müssen. Wenn du was getrunken hast, übernehme ich das. In der Nähe von Wimbledon muss es eine Kirmes
Weitere Kostenlose Bücher