1568 - Schreckenskammer
getroffen. »Aber ich, Sheila, werde auch recherchieren.«
Sie kannte ihren Mann. Bill hatte den letzten Satz mit einer Intensität gesprochen, die keinen Widerspruch duldete. Wenn ein gewisser Punkt erreicht war, wusste Sheila, dass sie den Mund halten musste.
»Okay, mach, was du willst, Bill.«
»Ja, ich muss als Zeuge auftreten, und dann werde ich den Leuten von der Spurensicherung die Urne übergeben. Ich werde auch genau darlegen, was wir gesehen haben.«
»Bitte.«
Mit der Ruhe war es kurz darauf vorbei. Zwar fuhren die Wagen nicht mit heulenden Sirenen vor, aber Blaulicht rotierte schon auf zwei Dächern.
Das Licht bahnte sich geisterhaft einen Weg durch die Dunkelheit und huschte über Fassaden und Fensterscheiben hinweg.
Bill Conolly stieg aus. Die Urne nahm er mit.
»Bis gleich. Ich werde mich beeilen.«
»Okay.«
Der Reporter war gespannt, wie man auf seine Aussagen reagieren würde. Sie waren schwer zu glauben, aber den Beweis hielt er schließlich in den Händen.
Und noch einen Trumpf hielt er in der Hinterhand. Wenn man ihm hier nicht glaubte, würde er trotzdem am Ball bleiben und am nächsten Morgen Sir James Powell einen Besuch abstatten. Wie er den Superintendent kannte, hatte der immer ein offenes Ohr für ihn.
Ein Polizist in seiner dunklen Uniform versperrte ihm den Weg.
»Sorry, aber hier kommen Sie nicht durch.«
»Ich möchte den Chef sprechen, um eine Aussage zu machen.«
Der Polizist starrte die Urne an. »Sind Sie ein Zeuge?«
»Ja, denn ich war es, der euch gerufen hat.«
»Okay, gehen Sie…«
***
Der Chef hieß leider nicht Tanner, den Bill gut kannte. Ein Mann namens Tim Benning leitete die Mordkommission. Er war noch jünger, hatte braunes Haar und trug eine randlose Brille, die in seinem Gesicht kaum auffiel.
Bill hatte ihm berichtet, was er erlebt und gesehen hatte. Als Beweis drückte er Benning die Urne in die Hände. Zudem erklärte er, dass wahrscheinlich noch weitere Urnen gestohlen worden waren.
Benning hatte sich alles angehört. Er hatte noch ein paar Fragen gestellt und Bill dann gebeten, auf ihn zu warten. Das tat der Reporter nicht im Mordzimmer, sondern im Flur und vor der Metalltür zum Kühlraum, die geschlossen war.
Tim Benning tat seinen Job. Es dauerte nicht besonders lange, da kehrte er wieder zurück. Seine Fragen waren jetzt präziser.
»Und Sie hatten wirklich nichts mit diesem Eric Delko zu tun?«
»Nein.«
»Dann wissen Sie nicht, ob er noch eine Ehefrau hat oder andere Verwandte?«
»So ist es.«
Tim Benning lachte. Seine Augen erreichte das Lachen allerdings nicht.
»Sie haben sicher die Wahrheit gesagt. Trotzdem kann ich noch immer nicht begreifen, dass Sie sich so in den Fall hineingehängt haben.«
»Das habe ich deshalb getan, weil ich die Urne wieder zurückbringen wollte.«
»Das war mutig.«
»So etwas bin ich gewohnt.«
»Oh. Wieso?«
»Ich bin Reporter.«
Tim Benning schwieg. Doch es war ihm anzusehen, dass er von dem Reporter nicht eben begeistert war, und er wollte auch nicht mehr an einen Zufall glauben, sondern sinnierte halblaut darüber nach, ob Bill nicht schon vorher über diese Bestatter recherchiert hatte.
»Nein, es war wirklich reiner Zufall.«
»Und was schreiben Sie morgen in Ihrer Zeitung?«
»Nichts. Ich schreibe Artikel und Berichte für Magazine. Mit der Tagespresse habe ich nichts zu tun.«
»Hm«, brummte Benning, der nicht überzeugt wirkte. »Kommen wir zu einem anderen Thema. Ich hatte Sie vorhin schon nach einer Beschreibung des Mannes gefragt. Da haben Sie sich nicht festlegen können. Wie sieht es denn jetzt aus?«
»Ich kann Ihnen nichts anderes sagen.«
»Das heißt, Ihnen ist nichts mehr eingefallen, was für die Aufklärung wichtig wäre?«
»Ja. Ich habe mir den Kopf zerbrochen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass wir es mit einem Mann zu tun gehabt haben. Es war schon zu dunkel, um von seinem Gesicht mehr zu erkennen als einen hellen Fleck.«
»Was für ein Auto fuhr er?«
»Ich habe keines gesehen. Er ist zu Fuß weggelaufen. Mehr kann ich nicht sagen. Aber gehen Sie weiterhin davon aus, dass dieser Unbekannte hier eingebrochen ist, um die Asche von Menschen zu stehlen. Den Beweis habe ich Ihnen geliefert. Und es befinden sich noch mindestens zwei Urnen in seinem Besitz.«
»Ja, das muss ich Ihnen wohl glauben.«
»Aber Sie müssen sich auch die Frage stellen, was dieser Dieb mit menschlicher Asche will.«
»Das werde ich auch, Mr. Conolly. Nur möchte ich Ihnen ans Herz
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