1568 - Schreckenskammer
ist nicht für mich, sondern für einen anderen, der sie unbedingt haben muss.«
»Interessant. Wer ist dieser Mensch?«
»Er ist kein Mensch - oder nicht nur. Er ist auch ein Dämon oder eine Ausgeburt der Hölle.«
Das waren ganz neue Begriffe, die Bill da um die Ohren geschleudert wurden. Er war selbst ziemlich perplex, weil er nicht mit so etwas gerechnet hatte. Dennoch - tief in seinem Unterbewusstsein hatte er daran gedacht, dass dieser Fall schon etwas Besonderes war. Bill war dafür sensibilisiert. Im Laufe der Jahre hatte er so einiges in dieser Richtung erlebt.
Dennoch fing er an zu lachen und fragte: »Was erzählen Sie denn da für einen Mist?«
»Das ist kein Mist.«
»Aha. Sie behaupten also, dass Sie die menschliche Asche für eine Gestalt benötigen, wie Sie sie mir beschrieben haben. Ist das richtig? Oder muss ich…«
»Nein, Sie müssen nur eines.«
»Und das wäre?«
»Bringen Sie mir die Urne zurück.«
Bill wunderte sich. Er hätte diesem Otto Winkler ja vieles zugetraut, so etwas allerdings nicht. Das war eine naive Reaktion. Die Urne befand sich in den Händen der Polizei, und das erklärte Bill noch mal.
»Ich muss sie aber haben.«
»Nein, das ist nicht möglich. Oder Sie müssen sie sich von der Polizei holen, Winkler.«
Der Mörder starrte dem Reporter ins Gesicht. »Du hättest nicht eingreifen sollen«, flüsterte er, »aber du hast es getan und bist deshalb schon so gut wie tot.«
»Wollen Sie auch mich umbringen?«
»Nein, nicht ich.«
»Wer dann?«
»Das geschieht in der Schreckenskammer. Dort wartet der Tod auf dich in Form eines gewaltigen Skeletts. Er ist der Tod mit dem Stundenglas, und ich weiß, dass dein Leben in diesen Minuten immer schneller abläuft.«
»Hört sich ja schaurig an«, sagte Bill.
»So können nur diejenigen reden, die ihn nicht kennen.«
»Was bei dir nicht der Fall ist.«
»Ja, ich kenne ihn gut. Ich stehe mit dem Tod auf du und du.«
»Für ihn ist also die Asche so wichtig?«
»Ja.«
»Warum?«
»Die Asche ist sein Werkzeug, das ihm alles ermöglicht.«
Bill hatte zwar nicht alles begriffen, doch er ging davon aus, dass sein Gegenüber wusste, wovon er redete. Er stand unter dem Bann eines Dämons, daran zweifelte Bill nicht mehr. Winkler gehorchte diesem Dämon, er hatte sogar für dieses Skelett, von dem er gesprochen hatte, getötet, wobei Bill ein Begriff durch den Kopf schoss.
Der Schwarze Tod!
Nein, das konnte nicht sein. Er war vernichtet - endgültig. Dahinter musste etwas anderes stecken.
Bill wusste in diesem Moment, dass er mal wieder voll ins Schwarze gegriffen hatte.
»Reichen denn nicht zwei Urnen?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Sie werden das Stundenglas nicht füllen können. Er braucht die Asche aus drei Urnen. Erst dann ist er zufrieden.«
»Dann hat er Pech gehabt - und du auch.«
Winkler grinste ihn scharf an. Er schwitzte jetzt noch stärker, was Bill auch roch. »Ich weiß nicht, ob er Pech gehabt hat. Aber wenn ich die dritte Urne nicht zurückbekomme, brauchen wir Ersatz.«
»Kann ich mir vorstellen. Was hältst du von mir?«
»Als Ersatz?«
»Ja.«
»Willst du verbrennen?«
»Das hatte ich nicht vor.« Bill blieb recht cool, aber auch freundlich. »Ich könnte mir vorstellen, dass wir deinen Freund mal gemeinsam aufsuchen.«
Winkler schrak zusammen. »Du willst zu ihm?«
»Warum nicht?«
Winkler konnte nicht anders. Er musste einfach lachen. Es klang mehr wie ein Brüllen. Dann schüttelte er den Kopf. »Wenn du bei ihm bist, kannst du sicher sein, dass du schon so gut wie tot bist.«
»Das musst du mir überlassen.«
»Deine Asche wird in einem Stundenglas landen. Dafür und für nichts anderes ist sie gut. Alles andere kannst du vergessen.«
Bill blieb beim Thema. »Wie weit ist es bis zu ihm?«
Otto Winkler riss die Augen auf. »Bist du wahnsinnig?«
»Vielleicht…«
»Du willst wirklich mit?«
»Wenn ich es dir doch sage.«
»Wann?«
»So schnell wie möglich. Meinetwegen noch in dieser Nacht. Dann sehen wir weiter.«
Winkler rieb seine Hände. »So etwas habe ich noch nie erlebt. Und du willst ihm wirklich gegenübertreten?«
»Das war kein Bluff.«
»Gut, dann wird er sich freuen.« Er kicherte, bevor er sagte: »Ich würde mich an deiner Stelle schon mal von deiner Frau verabschieden. Das gehört sich wohl so.«
»Tut mir leid, Winkler, aber ich habe nicht die Absicht, für immer bei dir zu bleiben. Ich werde wieder hierher zurückkehren. Meine Frau weiß, dass ich
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