157 - Der Tod von Baikonur
erzählen, sobald wir im Flugzeug sitzen. Hoffentlich können wir in Baikonur landen. Wenn ein Schneesturm tobt, wird es kritisch."
„Himmel, der Kerl entführt uns in den russischen Winter, und wir haben nicht mal Mäntel dabei", erregte sich Flindt. „Kiwibin, irgendwann bringe ich Sie um! Das sind mindestens zwanzig Grad Unterschied von Andorra bis Kasachstan!"
„Wahrscheinlich mehr", sagte Kiwibin trocken. „Aber sei unbesorgt, Brüderchen Flindt. Im Flugzeug hängt ein Wintermäntelchen, das genau deine Größe hat. Und jetzt sei ruhig, ich kenne mich hier nicht aus und muß mich auf die Straßenbeschilderung konzentrieren."
„Ich bringe ihn um", flüsterte Flindt, der sich zurücklehnte. „Ich bringe ihn irgendwann um, wenn es nicht die Werwölfe von Baikonur tun."
„Ich muß vielleicht ein wenig ausholen", sagte Kiwibin später, als das kleine, schnelle Flugzeug nach Osten jagte. Die Kabine war bequem und mit mäßigem Luxus eingerichtet. Kiwibin räucherte sie mit seinen superschwarzen Zigaretten ein. Für Dorian hatte er eine Flasche Bourbon bereitgestellt; Dorian und Abi bedienten sich sehr zurückhaltend.
„In Baikonur wird eine Großrakete startklar gemacht", sagte Kiwibin. „Sie trägt ein Weltraumlabor, in dem fünf Männer und eine Frau arbeiten sollen. Das Raumschiff wird wenigstens drei Monate im All bleiben und dabei eine gewaltige Entfernung zurücklegen. Das Projekt trägt die Bezeichnung KOSMOVEGA."
„VEGA?" echote Dorian. „Hat das etwas mit den beiden VEGA-Sonden zu tun, die zur Venus geflogen sind?"
„Unter Umständen", sagte Kiwibin. „Sie wissen sicher, daß die beiden VEGAS inzwischen auf neuem Kurs sind. Sie haben durch die Venus-Schwerkraft eine geplante Kursänderung erfahren und haben jetzt, nachdem sie die Bodenfahrzeuge auf der Venus abgesetzt haben, die Aufgabe, Daten zu sammeln und der europäischen GIOTTO-Sonde genaue Kursdaten zum Halleyschen Kometen zu ermitteln. Wie Sie wissen, soll GIOTTO in den Kopf des Kometen einfliegen." „Russisch-westliche Völkerverständigung", sagte Flindt spöttisch.
„Das alles, was Sie bisher über VEGA und GIOTTO erzählt haben, war uns bekannt, Kiwibin", sagte Dorian. „Was hat das nun mit den Werwölfen zu tun, und vor allem mit uns? Mit ein paar lausigen Werwölfen dürften Sie doch allein fertig werden."
„Nun lassen Sie mich doch weiterreden, Towarischtsch", sagte Kiwibin gelassen. „Vor ein paar Tagen wurden telepathische Sondierungen des Sicherheitsbereichs von Baikonur festgestellt."
Oha, dachte Dorian. Die Selbstverständlichkeit, mit der Kiwibin darüber sprach, erstaunte ihn.
Wenn ein telepathischer Tastversuch. festgestellt worden war, bedeutete das doch nichts anderes, als daß auch in Baikonur ein Gedankenleser stationiert war. Wie sonst sollten sie dahintergekommen sein? Telepathen ließen sich nur durch Telepathen bekämpfen, Magie nur durch Magie… Dorian weigerte sich, das Gedankenspiel weiterzuführen. Es wurde ihm zu makaber.
„Es stellte sich heraus, daß der fremde Telepath ein Werwolf ist", fuhr Kiwibin fort. „Sagt Ihnen das etwas, Towarischtsch?"
Dorian nickte.
„Normale Werwölfe können schwerlich Gedanken lesen. Es handelt sich also um Dämonen." „Richtig. Deshalb wurde ich eingeschaltet. Und nun kommen Sie beide ins Spiel: ich bin nicht sicher, ob ich allein mit den Dämonen klarkomme. Es gibt innere Widerstände im Lager selbst. Ich brauche Unterstützung."
„Und ganz zufällig haben Sie uns draußen auf der Straße gefunden."
„Es war wirklich Zufall. Ich hätte sonst bis zum Castillo fahren müssen", gestand Kiwibin. „Aber so geht es schneller. Ich denke, daß wir in zwei Stunden in Baikonur landen können."
„Aber was zum Teufel haben die Biester dort vor?" fragte Flindt. „Sind sie Spione in fremdländischem Auftrag? Das wäre neu."
„Ich nehme an, es geht ihnen um die KOSMOVEGA", sagte Kiwibin. „Sie wollen sie erobern, übernehmen. Ob sie dabei zugleich für ein westliches Land spionieren, weiß ich nicht, aber ich werde sie fragen, wenn wir sie lebend bekommen. Ich nehme an, sie wollen die KOSMOVEGA entweder zerstören oder benutzen. In beidem sehe ich keinen Sinn."
„Ich schon", sagte Dorian.
Kiwibin sah ihn gespannt an.
„Der Halleysche Komet", sagte Dorian. „Ich nehme an, daß die Bezeichnung KOSMOVEGA nicht von ungefähr kommt. Die beiden VEGA-Sonden fliegen zum Kometen. Das Raumschiff soll auch dorthin, nicht wahr?"
Kiwibin nickte. „Sie sind klug,
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