1573 - Blick in die Zeit
zusammen.
Der Schmerz war schlimm. So schlimm, daß der Lemurer glaubte, daran sterben zu müssen. Aber der Tod wollte nicht kommen. „Keine besonders tolle Erfindung", bemerkte Mirona Thetin. „Er kann keine Blutungen stillen und keine Schmerzen betäuben. Dieser kleine Apparat hat noch einige Mängel. Du wirst sie beseitigen müssen, mein Liebling."
Nermo Dhelim öffnete die Augen. „Ich kann nichts daran ändern", flüsterte er. „Du wirst dich noch sehr darüber wundern, was du alles können wirst", versprach Mirona Thetin gelassen. „Ich bin sicher, daß ich die richtigen Mittel kenne, um deinen Arbeitseifer zu wecken."
„Nein", erwiderte Nermo Dhelim voller Trauer und Haß. „Damit ist es jetzt vorbei."
Sie lachte. „Ich meinte nicht solche Mittel", erklärte sie sarkastisch. „Ich dachte eher an so etwas hier."
Sie schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Sie zielte gut dabei: Sie bereitete ihm Schmerzen, aber sie vermied es, ihn bewußtlos zu prügeln. „Ich gebe zu, daß diese Methode ein bißchen grob ist", fuhr sie fort. „Aber wir stehen ja auch erst am Beginn unserer Zusammenarbeit. Wenn du mir ein bißchen Zeit gibst, lasse ich mir feinere Mittel einfallen. Und nun wirst du die Güte haben, mir ein bißchen mehr über das Thema Unsterblichkeit zu erzählen."
Nermo Dhelim schwieg. „Du solltest mit mir kooperieren!" warnte sie. „Tust du es nicht, dann könnte das deiner Gesundheit sehr abträglich sein."
Nermo Dhelim drehte den Kopf zur Seite und schloß die Augen.
Ich werde das überleben! schwor er sich. Und ich werde hier herauskommen. Von diesem Augenblick an werde ich nur noch ein einziges Ziel haben, solange Mirona Thetin noch lebt: Ich werde alles daransetzen, um zu verhindern, daß sie die Unsterblichkeit erhält. „Wie du willst", sagte Mirona Thetin. „Dann werde ich mich mit Ermigoa befassen müssen."
„Nein!"
Sie lachte. „Hast du Angst um sie?" fragte sie spöttisch. „Du hast auch allen Grund dazu. Wenn ich mit ihr fertig bin, wirst du sie nicht mehr wiedererkennen."
Nermo Dhelim hatte geglaubt, daß er nicht mehr imstande sei, noch größeres Entsetzen zu empfinden, als es bereits der Fall war, aber er stellte fest, daß er sich geirrt hatte.
Er glaubte Mirona Thetin jedes einzelne Wort, und er war sich absolut sicher, daß sie ihn diesmal nicht belog. „Was willst du wissen?" fragte er entmutigt.
Mirona Thetin beugte sich über ihn. Sie lächelte. Ihre Augen strahlten ihn an. „Wo sind die anderen Anhänger?" fragte sie sanft. „Wo hast du sie versteckt?"
Er sagte es ihr.
Und er verriet ihr auch alles andere, was sie im Zusammenhang mit den Zellaktivatoren und der relativen Unsterblichkeit wissen mußte.
Nur ein einziges Detail verschwieg er ihr: Daß es noch einen vierzehnten Zellaktivator gab - den, den Ermigoa jetzt trug.
Mirona Thetin saß die ganze Zeit hindurch neben ihm und tupfte ihm mit einem weichen Tuch den Schweiß von der Stirn. Ein unbefangener Beobachter hätte glauben können, daß sie damit beschäftigt war, voller Liebe und Hingabe einen Verletzten gesundzupflegen.
Sie hatte Nermo Dhelims verletztes Bein mit einem Schnellverband versehen. Der Wissenschaftler würde zumindest nicht verbluten. „Siehst du", sagte sie geradezu liebevoll, als sie alles erfahren hatte, was Nermo Dhelim ihr zu sagen vermochte. „Das war doch gar nicht so schwer, nicht wahr?"
Für einen Augenblick hoffte er, sie würde ihn gehen lassen. „Jetzt bleibt nur noch eine einzige Frage offen", bemerkte sie sanft.
Nermo Dhelim erschrak. Er glaubte nichts anderes, als daß sie Verdacht geschöpft hatte.
Er fragte sich, was er tun sollte, falls sie ihn zu zwingen versuchte, seine eigene Tochter in eine Falle zu locken.
Du scheinst mir ein charakterfester Mann zu sein, hatte der Bote der Superintelligenz bemerkt, und Nermo Dhelim hatte es nicht für nötig gehalten, darauf einzugehen - so fest war er davon überzeugt gewesen, daß es völlig unmöglich sei, ihn zu irgendeiner Art von Verrat zu zwingen.
Offensichtlich hatte er sich geirrt.
Als besonders demütigend empfand er die Erkenntnis, daß Mirona Thetin es noch nicht einmal nötig gehabt hatte, raffinierte Verhörmethoden anzuwenden, Drogen zu benutzen oder technische Hilfsmittel einzusetzen.
Einfache Gewaltanwendung und Erpressung waren offenbar völlig ausreichend.
Die Tamrätin saß neben Nermo Dhelim und beobachtete ihn.
Er bemühte sich gar nicht erst, seine Angst vor ihr zu verbergen. Er wußte,
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