1573 - Grauen im Geisterschloss
können. Wie lange er schon hier lag, wusste er nicht.
Jedenfalls war es nicht dunkel, denn durch die Lamellen der Jalousie sickerte Tageslicht in den Raum.
Holland musste innerlich lachen. Es war verrückt, was er da erlebt hatte.
Dabei war er nur so etwas wie ein normaler Wanderer gewesen, der sich die Gegend anschauen wollte.
Holland arbeitete für eine Umweltorganisation. In deren Auftrag war er auch unterwegs gewesen. Nach seiner Pensionierung hatte er den Job angenommen, für den er sich noch nicht zu alt fühlte. Er hatte sich sogar noch auf eine Ausbildung eingelassen und war nun unterwegs, um herauszufinden, wie sehr die Umwelt auch in Schottland schon geschädigt war.
Ja, auch hier konnte man die Augen nicht vor den Schäden verschließen. Er hatte alles akribisch notiert und war auf dem Rückweg zu seinem Wagen gewesen, als er in dem Schloss gelandet war.
Ein Schloss, das es nicht gab?
Das hatte zumindest der Mann behauptet, bei dem er zuerst Zuflucht gefunden hatte.
Holland wusste nicht genau, wie weit er gelaufen war, um diesen Pub zu erreichen. Jedenfalls hatte der Wirt ihm kein Wort geglaubt, und je mehr er darüber nachdachte, desto eindringlicher fragte er sich, ob es wirklich ein Schloss gewesen war, in dem man ihn gefangen gehalten hatte.
Wenn nicht, wenn er sich alles eingebildet hatte, woher kamen dann seine Verletzungen?
Das war die große Frage. Er hatte sich die Verletzungen schließlich nicht eingebildet. Sie waren vorhanden. Man hatte sie sogar hier im Krankenhaus behandelt. Und so blieb er bei seiner Überzeugung, dass das Bild aus seiner Erinnerung der Wahrheit entsprach.
Da war etwas geschehen. Etwas, das es nicht geben konnte. Es war einfach zu unheimlich. Etwas Gespenstisches, das zur Realität geworden war.
Ich bin nicht verrückt, hämmerte er sich ein. Ich bin völlig normal, und was ich gesehen habe, das habe ich gesehen!
Er nahm sich vor, nachzuforschen, sobald man ihn aus dem Krankenhaus entlassen hatte. .
Jemand klopfte gegen die Tür, die sofort danach geöffnet wurde. Ein Mann im weißen Kittel betrat das Zimmer. Er hatte eine Schwester mitgebracht, die ihr Haar zu einem Dutt geknotet hatte.
Der Arzt war ein kleiner Mann mit einem Vollbart und einer Halbglatze.
Er lächelte breit, und als er neben dem Bett stehen blieb, nickte er zufrieden.
»Ich sehe, dass es Ihnen wieder besser geht, Mr. Holland.«
»Ja, Gott sei Dank.«
»Wir hatten auch einiges bei Ihnen zu tun. Das war schon verwunderlich.«
»Sie meinen die Verletzungen?«
»Ja.«
»Und was sagen Sie dazu?«
»Ich bin übrigens Dr. Morton. Das ist Schwester Hilda. Nun, um auf die Verletzungen zurückzukommen, es waren Schnittwunden, Mr. Holland, die man Ihnen beigebracht hat. Nicht sehr tief, aber stark blutend, und wie so oft macht es auch hier die Anzahl.« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was Ihnen widerfahren ist, und ich denke, dass ich die Polizei einschalten muss.«
»Die kann mir auch nicht helfen.«
Dr. Morton lachte. »Da haben Sie recht. Dazu ist es jetzt natürlich zu spät. Aber so etwas fügt man sich ja nicht selbst zu, denke ich. Das haben Sie anderen Personen zu verdanken. Wer hat Sie denn überfallen?«
»Das waren Folterknechte.«
Der Arzt zuckte zurück.
»Bitte? Was haben Sie da gesagt? Folterknechte?«
»Ja.«
»Und wo gibt es die?«
»In einem alten Schloss, in dem ich gefangen war. Ich bin dort gelandet und später mit den Wunden wieder aus ihm geflohen. Das ist die simple Geschichte.«
Der Arzt und die Schwester schauten ihn mit skeptischen Blicken an.
Und Hilde fragte mit leiser Stimme: »Wo haben Sie dieses Schloss denn gesehen?«
»Nicht weit entfernt. Es war plötzlich da, und ich befand mich von einem Moment zum anderen innerhalb seiner Mauern.«
»Hier gibt es kein Schloss«, erklärte die Schwester.
»Das hat man mir schon mal gesagt.«
»Und es stimmt.« Die etwas korpulente Frau hatte dunkle Augen, aus denen sie den Patienten scharf musterte.
Jack Holland lachte. »Verdammt noch mal, denken Sie mal nach. Wie habe ich denn ausgesehen, als man mich hier eingeliefert hat? Erinnern Sie sich daran?«
»Klar, wir haben Sie ja behandelt.« Dr. Morton lächelte etwas mokant.
»Ach«, sagte Holland mit einem gewissen Spott in der Stimme. »Dann soll ich mir die Verletzungen also selbst beigebracht haben? Oder wie sehe ich das?«
»Wie auch immer, Mr. Holland. Ich bin nicht dabei gewesen.« Der Arzt hob die Schultern. »Wer weiß, was mit Ihnen
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