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1577 - Der Engelssohn

1577 - Der Engelssohn

Titel: 1577 - Der Engelssohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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seiner Haut frei, doch was ich sah, das sagte genug.
    Gesicht und Hände waren völlig verbrannt, und die Haut war zu einer dünnen Schicht geworden, die bläulich schimmerte. Nur das Weiße in den Augen war noch zurückgeblieben, während die Haare auf dem Kopf klebten, als wären sie feucht geworden.
    Godwin stand neben mir. Er bekreuzigte sich. Seine Wangen zitterten, und er brachte nur mühsam die Worte hervor.
    »Jetzt wissen wir, dass er im Kloster steckt. Er hat sich das erste Opfer geholt. Weitere werden folgen, ich weiß es genau.«
    Der Templerführer schloss die Augen, als könnte er das Elend nicht mehr mit ansehen.
    Seine Worte waren auch an mir nicht spurlos vorübergegangen. Sie hatten mich hart getroffen, und ich fühlte mich plötzlich so hilflos. Ich stand daneben, ohne eine Idee zu haben, wie es jetzt weiterging und ob wir noch etwas retten konnten.
    Wahrscheinlich mussten wir uns Matthias fügen. Darauf lief alles hinaus.
    Sonst würde es noch weitere Leichen geben.
    »John, gib uns einen Rat. Haben wir noch eine Chance? Dieser Bruder war erst der Beginn. Es wird weitere Tote geben, davon bin ich überzeugt, und ich weiß nicht…«
    »Schon gut«, erwiderte ich mit tonloser Stimme, »schon gut. Ich werde versuchen, ihn zu locken. Schon einmal bin ich ihm gegenübergetreten, und mir war damals schon klar, dass es sich wiederholen würde. Ich habe nur nicht damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde. Dieser Matthias lässt wirklich nichts anbrennen.«
    Godwin überlegte. Das war ihm deutlich anzusehen. Letztendlich konnte auch er nur die Schultern heben.
    Ich legte ihm für einen Moment die Hand auf den Arm. »Es ist besser, wenn du hier stehen bleibst.«
    »Und was machst du?«
    »Das wirst du schon hören und auch sehen.« Mehr sagte ich nicht, denn noch war alles reine Theorie. In den nächsten Minuten würde es zu einer Entscheidung kommen.
    Ich war nur froh darüber, dass ich keine Schreie mehr hörte. Matthias hatte es womöglich bei dem einen Toten als Warnung belassen. Wenn er wirklich das Kloster übernehmen wollte, dann war es besser, wenn er die Menschen darin umpolte, damit sie den gleichen Weg gingen wie er.
    Ich wusste,, woher der jetzt tote Templer gekommen war. Er hatte zuvor eine Treppe hinter sich gelassen und war dann in den Gang gelaufen.
    Da sich Matthias nicht gezeigt und ich ihn auch nicht gehört hatte, musste ich davon ausgehen, dass er sich noch im oberen Bereich des Klosters aufhielt. Von dort wollte ich ihn weglocken.
    Auf dem kurzen Weg begegnete mir niemand. Ich erreichte unbehelligt den Beginn der Treppe und blieb vor der ersten Stufe stehen. Mein Blick glitt die leeren Stufen hoch, und da kein Licht mehr brannte, verschwanden sie schon bald im Halbdunkel.
    Meine Gefühle schaltete ich so gut es ging aus. Das Kreuz blieb auch weiterhin kalt, und so rief ich mit lauter Stimme den Namen.
    »Matthias!«
    Kam er?
    Noch wartete ich vergebens, aber ich gab nicht auf und unternahm einen zweiten Versuch.
    »Ich warte auf dich, Matthias! Bist du zu feige, dich mir zu zeigen? Hast du Angst?«
    Ich wollte ihn locken. Doch er zeigte sich nicht.
    »He, Sinclair!«
    Mir fiel zwar keine Last vom Herzen, aber irgendwie war ich froh, dass er geantwortet hatte. So musste er sich auf mich konzentrieren und ließ die Templer in Ruhe.
    Wie schon in Polen musste ich mich auf mein Kreuz verlassen. Dabei fiel mir ein, dass ich noch nicht auf ihn geschossen hatte. Ich glaubte leider nicht, dass ihn geweihte Silberkugeln vernichten konnten, aber vielleicht konnte ich ihn damit schwächen.
    Deshalb holte ich die Beretta hervor, presste sie aber mit der Hand gegen die Außenseite des rechten Oberschenkels, damit er sie nicht sofort entdeckte.
    Und er kam.
    Ich hatte mich inzwischen an die schlechte Sicht gewöhnt, und so bemerkte ich sofort die Bewegung auf den obersten Stufen. Dort zeichnete sich eine Gestalt ab, und sie hatte sich seit unserem ersten Zusammentreffen nicht verändert.
    Auch jetzt trug Matthias die Soutane, die in der Taille mit einem Gürtel zusammengehalten wurde. Sein dunkles Haar sah aus wie eine Kappe.
    Er war auch nicht in das blaue Licht eingehüllt, aber es steckte in ihm, das wusste ich genau. Er konnte es einsetzen und damit vernichten.
    Er kam langsam die Treppe herab. Jetzt sah ich sein Gesicht deutlicher.
    Nichts wies darauf hin, dass er auf der anderen Seite stand. Anders waren bei ihm eigentlich nur die Augen, in denen der harte und bläulich schimmernde

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