1577 - Der Engelssohn
er wird kommen!«, flüsterte der Templer. »Und wenn ich ehrlich sein soll, bin ich froh, dass Sophie nicht mehr bei mir ist. Wo immer sie steckt, es wird für sie besser sein und…«
Etwas geschah. Wir sahen es nicht, wir spürten es nur. Etwas war anders geworden. Stiller, aber es war nicht zu erklären. Eine Stimmung wie vor dem Ausbruch eines Tornados.
Beide merkten wir es und blickten uns an. Mein Kreuz reagierte immer noch nicht. Ich musste mich auf mein Gefühl verlassen, und das sagte mir nichts Gutes.
»Was kann das sein?«
»Tut mir leid, Godwin. Ich habe noch keine Ahnung. Aber es hat mit Matthias zu tun.«
Der Templer lief auf die Tür zu.
»Wo willst du hin?«, rief ich ihm nach.
Er stoppte und drehte sich um. »Ich muss im Haus nachschauen. Ich will wissen, ob meine Brüder es auch gespürt haben.«
Zurückhalten konnte ich ihn nicht. Das war auch nicht nötig, denn etwas anderes brachte ihn von seinem Plan ab.
Ohne zuvor anzuklopfen, stieß jemand die Zimmertür auf. Ein Templer stand auf der Schwelle. Er sagte noch nichts, er musste sich zunächst fangen.
»Was ist passiert, Thomas?«
Der Mann atmete schwer, und zwischen diesen Atemstößen presste er seine Antwort hervor.
»Wir haben keinen Strom mehr. Die gesamte Elektrik ist ausgefallen. Wir sind praktisch von der Welt abgeschnitten…«
***
Das war eine Botschaft, mit der wir nicht hatten rechnen können. Aber diese Tatsache bewies, wie gründlich Matthias seinen Angriff vorbereitet hatte. Unternehmen konnten wir dagegen nichts.
Ich fing mich nach der Botschaft als Erster und fragte: »Ist sonst noch etwas passiert?«
Thomas wirkte verzweifelt. »Ich weiß nicht genau, ob es zutrifft, aber wir alle haben den Eindruck, dass sich die Lichtverhältnisse geändert haben. Es ist nicht mehr so hell wie sonst. Etwas ist eingetreten und…«
»Genauer!«, sagte ich.
»Wir haben ein blaues Licht gesehen. Es ist so dünn wie ein Hauch.«
Godwin gab die Antwort. »Er hat es geschafft, verdammt noch mal. Es ist im Haus!«
»Was denn?«, rief Thomas.
»Das Böse, das absolut Böse. Es hat keinen Sinn mehr, wenn ich euch etwas vormache: Die andere Seite hat es geschafft, hier einzudringen, und ich weiß nicht, ob wir uns dagegen wehren können. Tut mir leid.«
»Ist das dein Ernst, Godwin?«
»Leider…«
Thomas sagte nichts. Er nickte nach einer Weile und drehte sich um.
Wie ein geschlagener Boxer verließ er das Zimmer und verschwand im Halbdunkel des Gangs.
Godwin wandte sich an mich. »Was machen wir jetzt?«
»Nichts.«
»Du hast keine Idee?«
Ich schüttelte den Kopf. »Wir müssen alles der anderen Seite überlassen. Geh davon aus, dass es nicht bei dem Licht bleiben wird. Es ist nur so etwas wie ein Vorbote. Matthias wird selbst erscheinen, er wird seinen Auftritt haben, und dann wird es richtig ernst.«
Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, als etwas geschah.
Da die Tür nicht geschlossen war, hörten wir den fürchterlichen Schrei eines Mannes. Er war nicht in unserer Nähe aufgebrandet, sondern weiter entfernt, aber er näherte sich, und mich hielt nichts mehr in Godwins Büro. Was er unternahm, sah ich nicht, denn ich befand mich bereits im Flur, und da sah ich, was geschehen war.
Der Templer kam von oben. Die Treppe hatte er in der nächsten Sekunde hinter sich gelassen, bog um die Ecke und lief jetzt direkt auf mich zu. Es war mehr ein Taumeln. Er schleuderte seine Beine nach rechts und links, schlug mit den Armen um sich, als wollte er irgendwelche Flammen löschen.
Die waren nicht vorhanden. Was ihn quälte, war das blaue Licht, das ihn wie ein dünner Vorhang umgab. Es zeichnete seine Gestalt nach. Es war am Kopf, im Gesicht, an den Schultern und auch an den Beinen.
Warum er schrie, War nicht zu erkennen. Ich ging davon aus, dass es am Licht lag. Mitten im Lauf stoppte er ab, blieb für einen Moment auf der Stelle stehen, sackte dann in die Knie, und der blaue Schein verschwand.
Er löste sich leider nicht gänzlich auf, wie ich es mir gewünscht hätte.
Das Licht sackte nach innen, und das war für den Templer der Anfang vom Ende.
Er verwandelte sich, und plötzlich schössen aus seinem Körper kleine blaue Flammen. Der Mann schrie.
Er starb einen schrecklichen Tod. Ich konnte nicht mehr eingreifen und einen Rettungsversuch starten, denn das Feuer vernichtete den Menschen in Sekundenschnelle.
Als ich neben ihm stehen blieb, hatte er seinen letzten Atemzug bereits hinter sich..
Es lag nicht viel von
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