1582 - Herr der Unterwelt
dagegen zu unternehmen.
Sie wollte nicht alles den Fremden überlassen. Schließlich war es auch ihre Angelegenheit. Hätte sie sich nur auf andere Menschen verlassen und wären die dabei zu Schaden gekommen, hätte sie nie mehr Ruhe in ihrem Leben gehabt.
Deshalb war ein Entschluss in ihrem Kopf gereift. Etwas tun, handeln, nicht einfach auf dem Bett liegen und warten, bis sich etwas tat. Das Schicksal einfach in die Hände nehmen. Genau das war es, was sie wollte.
Und das tat sie auch, denn sie setzte sich mit einem Ruck auf. Im Haus befand sich nur Mrs. Hamilton. Ihr wollte sie nichts sagen. Dafür dem Konstabler. Sie wollte ihn in ihr Vorhaben einweihen, um sich so etwas wie eine Rückendeckung zu verschaffen.
Ihr Handy funktionierte noch. Es hatte den Crash im Wagen überstanden. Ohne lange Vorrede erklärte sie Jack Clinton, dass ihr etwas eingefallen wäre, das sie bisher verdrängt hätte. Sie wüsste jetzt wieder, wo sich die Höhle des Unholds befand und wie man zu ihr gelangte. Mit hastigen Worten hatte sie ihm den Weg beschrieben.
Der Polizist hatte noch versucht, sie von ihrem Vorhaben abzuhalten, aber sie hatte sich nicht beirren lassen.
Sofort nach dem Telefonat war sie aus dem Haus geschlichen, ohne dass die Wirtin etwas davon bemerkte.
Fahrräder gab es genug in Gilfach. Es war kein Problem, sich eines zu besorgen.
Und jetzt huschte unter ihr das graue Band der Straße hinweg.
Es ging leicht bergauf, aber ihre Kondition war gut genug, um es zu schaffen.
Grace war sicher, dass sie bis an die Höhle herankommen konnte.
Und dann? Was würde sie dann tun?
Grace Taylor hatte noch keine Ahnung. Sie setzte nur darauf, dass alles ein gutes Ende nehmen würde. Allerdings bedauerte sie es, keine Waffe bei sich zu haben. Eine Pistole hätte ihr die nötige Sicherheit gegeben, auch wenn sie noch nie in ihrem Leben eine Schusswaffe in ihren Händen gehalten hatte.
Sie fuhr. Der Wind fegte ihren Kopf leer. Es gab keine großen Gedanken mehr. Ihr Ziel stand fest, und es dauerte nicht mehr lange, da sah sie ihren Mini und das Motorrad am Rand der Straße liegen.
In ihrem Hals hatte sich ein dicker Kloß festgesetzt. Dennoch zögerte sie nicht, ins Gelände vorzudringen. Das Fahrrad ließ sie in der Nähe der Straße zurück. Sie kippte es einfach ins Gras, in dem es beinahe verschwand.
Dann lief sie los.
Grace Taylor hatte das Gefühl, dass jemand hinter ihr stand, der dabei war, sie immer wieder anzustoßen. Sie dachte an ihren Bruder und natürlich an ihre Begegnungen mit dem Unhold, der eigentlich nicht mehr hätte leben dürfen.
Sie wurde gegen einen Toten kämpfen müssen, der trotzdem noch existierte. Eine Verrücktheit, über die sie gar nicht erst nachdenken wollte. Das war ihr alles zu viel.
Wieder umfing sie die Stille der Natur. Sie nahm Gerüche wahr, und schien sogar den Duft der Kräuter zu riechen, so sehr war sie sensibilisiert.
Auf ihrem Gesicht lag Schweiß, der kalt geworden war, und ihr Atem ging stoßweise, als sie den Hang hinter sich gelassen hatte.
Sie ließ ihren Blick schweifen. Sie ging davon aus, dass der Mörder in der Nähe war. Wahrscheinlich aber hockte er in seiner Unterwelt, denn da würde er sich sicher fühlen.
Ja, Grace kannte den Weg. Die Erinnerung war wieder da. Sie musste dorthin, wo die Büsche dichter standen.
Es hatte keinen Sinn, noch länger zu warten. Sie wollte es so rasch wie möglich hinter sich bringen. Ihre Knie zitterten schon ein wenig, als sie auf den Buschgürtel zuschritt. Manchmal rann es ihr kalt den Rücken hinab, obwohl die Strahlen einer schwachen Sonne gegen sie schien.
Das Ziel war erreicht. Oder fast…
Sie musste tief Luft holen, um sich zu beruhigen. Es hätte jetzt noch ein Zurück gegeben. Für einen Moment spielte sie mit diesem Gedanken.
Dann verwarf sie ihn wieder.
Nein, nicht vor dem letzten Schritt kneifen.
Sie ließ auch das letzte Hindernis hinter sich und ging noch einen langen Schritt, bevor sie anhielt.
Ihr Blick traf die Öffnung.
Es war alles so, wie sie es kannte. Der offene Eingang lockte und stieß sie zugleich ab. Kalte Schauer rieselten über ihren Körper. In diesen Augenblicken fühlte sie sich verflucht oder dazu verdammt, dem Tod entgegen zu gehen. Daran wollte sie jetzt nicht denken. Sie musste weitergehen, auch hinein in die Dunkelheit des Stollens.
Sie schob sich in den finsteren Eingang hinein. Wenige Schritte nur, dann hatte sie eine bestimmte Stelle erreicht, die ihr bekannt war.
Und wieder
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