1582 - Herr der Unterwelt
etwas Falsches gesagt.
»Haben Sie was?«, fragte ich. »Ja, ich denke schon.«
»Und was?«
Er wandte seinen Blick von der Toten ab. »Sie können es nicht wissen, aber wir müssen unter Umständen davon ausgehen, dass Grace nicht entführt wurde. Dass der Killer ins Haus gekommen ist und sie gar nicht vorgefunden hat.«
»Sind Sie sicher?«
Er nickte mir zu. »So gut wie. Ich habe mit Grace Taylor gesprochen. Sie rief mich an.«
»Und weiter?«
»Nun ja, ich habe sie nicht davon abhalten können. Sie erklärte mir, dass sie einen bestimmten Weg allein gehen müsse. Sie wollte keine anderen Menschen mit hineinziehen. Das sei sie ihrem Bruder schuldig. So jedenfalls hat sie gesprochen.«
In mir wuchs die Spannung. »Und was taten Sie?«
Er hob in einer hilflosen Geste die Schultern. »Ich konnte sie nicht davon abbringen. Glauben Sie mir, ich habe alles versucht, aber sie ließ sich nicht davon abbringen. Sie wollte sich selbst opfern, um die Menschen hier vor dem Unhold zu retten.«
Ich spürte, wie mir das Blut zu Kopfe stieg.
»Und wir stehen hier herum und sind völlig machtlos.«
Der Konstabler senkte den Blick und schüttelte den Kopf. »Nein, das sind wir nicht.«
»Und warum nicht?«
»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass ich intensiv mit ihr sprach. Ich habe sie zwar nicht von ihrem Vorhaben abbringen können, aber es ist mir gelungen, ihr so etwas wie einen Kompromiss abzuringen.«
»Wie sieht der aus.«
»Sie hat mir den Weg zur Höhle des Unholds beschrieben.«
Bill und ich tauschten einen Blick. Erleichtert fühlten wir uns zwar nicht, aber es ging uns etwas besser. Wir sahen einen Hoffnungsstreifen am Horizont.
»Wie müssen wir fahren?«, fragte ich nur.
»Sie müssen den Weg zurück, den wir gekommen sind. Hier, ich überlasse Ihnen die Zeichnung.« Er griff in die Tasche. »Ich habe mir nämlich alles notiert.«
»Sie sind super«, lobte Bill.
Der Kollege bekam einen roten Kopf. Dann reichte er uns einen Zettel, den wir noch auseinanderfalten mussten. In einer gut lesbaren Schrift war zu lesen, wie wir fahren mussten und auf was wir alles zu achten hatten.
Clinton hob etwas verlegen die Schultern. »Ich hoffe, dass Sie beide damit zurechtkommen. Ich würde ja gern bei Ihnen bleiben, doch es wird noch dauern, bis ich mich wieder richtig bewegen kann.«
»Das ist schon gut so«, sagte ich. »Sie haben uns genug geholfen. Vielen Dank noch mal. Und bitte, lassen Sie die Tote noch hier liegen. Wir kümmern uns später um sie.«
»Gut.«
Uns hielt nichts mehr in diesem Haus. Wir verließen es und stiegen in den Off Roader. Zum Glück hatten wir diesen Wagen, mit dem wir uns auch im freien Gelände bewegen konnten…
***
Es war für Grace Taylor kein Diebstahl, auch wenn sie sich das Fahrrad, das nicht gesichert gewesen war, einfach genommen hatte. Sie wollte so schnell wie möglich die Strecke bis zur Höhle des Unholds hinter sich bringen. Zu Fuß hätte das zu lange gedauert.
Grace Taylor zählte sich zu den sportlichen Menschen. Vor Jahren hatte sie sogar mal an Mountainbike-Rennen teilgenommen, sodass sie auch jetzt beim schnellen Fahren nicht so leicht außer Atem geriet.
Ihr war jetzt alles egal. Sie wollte den Mörder stellen, auch wenn sie selbst dabei Blessuren erlitt. Sie hoffte nur, dass es ihr nicht so ergehen würde wie ihrem Bruder.
Zum Konstabler hatte sie Vertrauen gefasst und ihn deshalb angerufen, um ihm mitzuteilen, was sie vorhatte. Er würde schon das Richtige unternehmen.
Der Fahrtwind schlug wie eine Peitsche in ihr Gesicht, und er sorgte auch dafür, dass ihre Tränen getrocknet wurden. Die Nachforschungen wegen des Todes ihres Bruders hatten eine Wendung genommen, wie sie es nie für möglich gehalten hätte. Und jetzt, wo sie strampelte, ging sie in Gedanken noch mal die letzte Stunde zurück.
Eigentlich hatte sie nicht vorgehabt, allein zu fahren. Sie war in ihr Zimmer gegangen und hatte sich auf das Bett gelegt, um sich von den Nachwirkungen der Ereignisse zu erholen.
Das war nicht möglich gewesen. Sie hatte keine Ruhe gefunden. Immer dann, wenn sie die Augen schloss, hatte sie wieder alles vor sich gesehen. Dieses unmenschliche Ungeheuer, wie es das Auto mit den beiden Menschen angegriffen hatte, und welch ein Glück ihnen zur Seite gestanden hatte, als die beiden Männer mit ihrem Geländewagen aufgetaucht waren.
Aber es ist noch nicht beendet! Das hatte sie immer wieder gedacht, und dann hatte sie sich plötzlich entschlossen, etwas
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