1586 - Leichenräuber
verändert. Zwei gingen voran, einer hielt sich in der Mitte, wenn auch leicht nach hinten versetzt.
Genau den nahm Shao aufs Korn.
Sie bewegte sich noch einen Schritt von der Mauer weg, hob den rechten Arm mit der Beretta an und senkte ihn.
Die Gestalt lag genau in der Ziellinie.
Shaos Zeigefinger lag am Abzug. Nur noch eine geringe Bewegung, dann ging der Schuss los.
Sie zog den Finger nach hinten, stützte dabei ihre Waffenhand noch ab und schoss.
Shao hörte den Knall, sie spürte auch den winzigen Ruck in ihrer Hand. Den Weg der Kugel konnte sie nicht verfolgen, aber sie sah, wie sie in die Brust des Mittleren einschlug.
Die Gestalt blieb stehen.
Für Shao war dies ein positives Zeichen.
Würde sie auch zusammenbrechen? Im Moment sah es nicht so aus.
Der Getroffene schüttelte sich wie ein nasser Hund, der die Wassertropfen loswerden wollte. Dann bäumte er sich auf, riss seine Arme in die Luft, fiel aber nicht.
Es war eine bittere Enttäuschung für Shao, und für einen Moment schloss sie die Augen.
»Er ist nicht tot!« Shinis Stimme klang, als würde sie von einer wilden Panik geschüttelt.
Das sah Shao jetzt selbst. Das furchtbare Wesen hatte die Silberkugel tatsächlich geschluckt. Es hielt sich weiterhin auf den Beinen, wobei es allerdings leicht schwankte.
Seine beiden Artgenossen waren nicht weitergegangen. Sie warteten ab, was mit dem Verletzten geschah.
Noch stand er auf der Stelle. Aber er erholte sich wieder. Er richtete sich aus seiner leicht gebückten Haltung auf, schien sich einen Ruck zu geben und marschierte wieder los.
Sein Ziel blieb gleich.
In diesem Moment wurde Shao klar, dass Shini den richtigen Vorschlag gemacht hatte. Es war besser, wenn sie die Flucht ergriffen, denn nur mit geweihten Silberkugeln waren die Wesen nicht zu stoppen.
»Komm endlich!« Shinis Stimme schrillte.
»Schon okay!«
Shao ging rückwärts, weil sie das Trio weiterhin im Auge behalten wollte.
Die Gestalten waren bisher recht langsam gegangen, und darauf setzte sie einen Teil ihrer Hoffnung.
Wenn sie sich nicht schneller bewegten, dann konnten sie es auch schaffen, den BMW zu erreichen und wegzufahren.
Beide drehten sich um.
»Sie sind zu stark, nicht?«, flüsterte Shini.
»Leider.«
Sie nahmen denselben Weg, den sie auch gekommen waren. Und sie liefen so schnell wie möglich.
Nicht mehr umdrehen, nur keine Zeit verlieren.
Shini rannte neben Shao her. Sie schlug dabei mit den Armen um sich, stolperte, wurde von der Chinesin abgefangen und lief weiter.
Sie sahen die Bank in der Nähe der Sträucher und auch den leeren Platz davor.
Hier stoppte Shao für einen winzigen Moment, um den Kopf zu drehen. Keine Verfolger mehr.
Der leise Zitterschrei in ihrer unmittelbaren Nähe ließ die Alarmglocken in ihrem Hirn klingeln.
Sie fuhr wieder herum und konnte nicht glauben, was sie sah. Leider war es eine Tatsache.
Das mörderische Trio hatte sie erreicht. Wie sie es geschafft hatten, diese Frage stellte Shao sich im Augenblick nicht. Jedenfalls waren sie da und hatten sich strategisch so günstig aufgebaut, dass den beiden Frauen der Fluchtweg versperrt war.
»Wir sitzen in der Falle!«, brach es aus Shini hervor…
***
Shao musste darauf keine Antwort geben. Es war klar, dass sie nicht mehr wegkamen. Den Weg zum Wagen versperrten zwei dieser stummen und bösen Gestalten. Die dritte hatte sich zum Friedhof hin aufgebaut und damit die Falle zuschnappen lassen.
»Wie kommen wir jetzt von hier weg, Shao?«
Die Frage war berechtigt, nur konnte Shao keine Antwort darauf geben. Die Beretta in ihrer Hand kam ihr plötzlich lächerlich vor.
»Willst du noch mal schießen?«, flüsterte Shini.
»Vielleicht. Ich glaube nur nicht, dass es einen großen Sinn ergibt, ehrlich.«
»Was können wir dann tun?«
»Nichts, glaube ich.«
»Aber dann werden sie uns…«
»Pssst!« Shao legte einen Finger auf die Lippen. Sie hatte etwas gehört. Ein Rascheln oder leises Knacken in der Nähe. Ziemlich dicht bei den Sträuchern.
»Was ist denn?«
Die Antwort kam. Nur nicht von Shao, sondern von einer Männerstimme, dessen Sprecher aber nicht zu sehen war.
»Bewegt euch nicht vom Fleck und überlasst alles mir«, sagte Suko mit ruhiger Stimme…
***
Er hatte gesprochen, aber er war nicht zu sehen.
Das sorgte bei Shini für ein gewisses Durcheinander. Sie fing an zu lachen und schüttelte den Kopf.
»Was war das denn?«
»Tu, was er gesagt hat.«
»Das war doch dein Freund, oder?«
»Ja.«
»Und
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