1586 - Leichenräuber
wo steckt er? Ich kann ihn nicht sehen. Warum zeigt er sich denn nicht?«, schrie sie plötzlich.
Shao fuhr sie an.
»Reiß dich zusammen! Bleib einfach nur, wo du bist!«
»Und dann?«
»Wirst du es sehen.«
Shao vertraute voll auf Suko. Zwar blieb er weiterhin unsichtbar, doch aus diesem Zustand hervor griff er gnadenlos an.
Shao sah plötzlich einen Schleimklumpen durch die Luft fliegen. Er war auf die beiden Kannibalen gezielt, die dicht beieinander standen.
Beide wurden getroffen.
Es war noch ein Klatschen zu hören, als die Masse gegen die Körper schlug und sofort ihre Kraft entfaltete. Sie breitete sich blitzschnell aus und bildete eine riesige Blase, die die beiden Gestalten umgab.
Shaos Augen leuchteten auf, denn sie wusste jetzt, dass Suko eine ultimative Waffe mitgebracht hatte, und plötzlich musste sie gellend lachen…
***
Suko dachte nicht im Traum daran, seine Tarnung aufzugeben. Besser konnte es für ihn nicht laufen.
Sein Angriff hatte die drei Bestien verunsichert. Zumindest zwei von ihnen hatte er ausschalten können. Sie waren von der Schleimblase umgeben, hämmerten mit den Fäusten von innen dagegen, doch die Haut war unzerstörbar. Und in der Blase befand sich eine Flüssigkeit, die sofort damit begann, die Gestalten aufzulösen.
Suko hatte den Vorgang schon öfter beobachtet. Er faszinierte ihn auch jetzt, aber er durfte nicht länger hinsehen, denn er musste sich jetzt auf den Dritten konzentrieren.
Wieder zog er den Abzug nach hinten.
Aus der Waffe löste sich die nächste Schleimladung. Sie war nicht mal groß, und das brauchte sie auch nicht zu sein, denn wenn sie das Ziel getroffen hatte, breitete sie sich blitzschnell aus, und das würde auch jetzt geschehen.
Der Kannibale erlebte den Aufprall in seinem knochigen Gesicht. Er zuckte noch zurück. Dabei fuhr seine Hand nach oben, um sich den Schleim aus dem Gesicht zu wischen, was er aber nicht schaffte, denn der hatte sich blitzschnell ausgebreitet und eine Blase mit dünner, aber nicht zerstörbarer Haut gebildet, die seinen Körper umgab.
Die Vernichtung begann. Niemand konnte sie aufhalten, abgesehen vom Träger der Waffe, der dazu einen zweiten, etwas versteckten Abzug benutzen musste.
Das hob sich Suko für später auf. Als Unsichtbarer beobachtete er das Gleiche wie die beiden Frauen.
Shini bekam ihren Mund einfach nicht zu. Er war weit geöffnet, und ihre Augen zeigten einen starren Blick.
»Das gibt es nicht«, flüsterte sie, »das ist ja der reine Irrsinn. Wo bin ich hier gelandet?«
»In Sicherheit«, sagte Shao leise.
Das beruhigte Shini. Sie sagte nichts mehr und schaute nur noch zu, wie die drei Kannibalen in den beiden großen durchsichtigen Blasen immer wieder von Schleimtropfen getroffen wurden.
Für sie gab es keine Rettung mehr, so sehr sie sich auch bemühten.
Sie versuchten wirklich alles. Sie schlugen mit ihren Fäusten gegen die Innenwand, ohne dass sie etwas erreicht hätten. Selbst eine Panzerfaust hätte diesen Widerstand nicht brechen können, so dünn und durchsichtig er auch war.
Der Schleim, der vom Planeten der Magier stammte, vernichtete seine Bewohner.
Im Innern der Blasen bildete sich ständig neuer Schleim, der sich oben sammelte und dann, wenn er zu dicken Tropfen geworden war, nach unten fiel.
Seine Ziele konnte er nicht verfehlen, so hektisch sich die Gestalten auch bewegten. Der Schleim traf ihre Körper und löste sie gnadenlos auf.
Es war ein schauriges Bild, wie sich zuerst die Kleidung auflöste und dabei leichte Rauchwolken entstanden. Danach hatte der Schleim freie Bahn, um an die Haut der Gestalten zu gelangen.
Die Masse fraß die Haut und das Fleisch von den Knochen. Alles wurde einfach aufgelöst oder weggeschabt, sodass das bleiche Skelett zum Vorschein kam.
Die Auflösung begann bei den Köpfen und hinterließ ein Bild, als wäre die Haut in langen Streifen vom Schädel gezogen worden. Da fiel die Nase zusammen, da sah es aus, als wären die Augen aus den Höhlen gesaugt worden. Da hing die Haut wie alte Lappen nach unten, bevor sie sich ganz auflöste.
Aber auch die Knochen blieben nicht mehr ganz. Kein Skelett konnte dieser Macht widerstehen, auch wenn sich die Wesen noch so wild und verzweifelt dagegen wehrten.
Sie schafften es nicht.
Nichts konnte sie aus ihrem Gefängnis befreien. Ihr furchtbarer Tod war unausweichlich.
In Shaos Gesicht zuckte nichts. Sie schaute eiskalt zu, was in diesen Blasen passierte.
Auch Shini war zu einer Zeugin geworden.
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