1588 - Das Horror-Grab
immer etwas los. Wenn jedoch noch schlechtes Wetter hinzukam, dann verdichtete er sich, und das war an diesem Tag leider der Fall.
Ich musste oft anhalten und manchen Schauer über mich ergehen lassen. Da goss es wie aus Kübeln, und auf den Scheiben zerplatzten die Tropfen wie Perlen.
Ich übte mich in Geduld, gähnte jetzt weniger und spürte, dass die Müdigkeit aus meinem Körper wich. Ich musste noch mit unserem Chef, Superintendent Sir James Powell, über den letzten Fall sprechen. Er bekam immer einen Bericht.
Ich konnte wieder anfahren, und es hörte auch auf zu regnen. Der Wind hatte die Wolken aufgerissen, sodass der Himmel an einigen Stellen eine fast frühlingshafte Bläue zeigte, die bei mir für ein gewissen Wohlgefühl sorgte.
Ich stellte den Rover beim Yard ab, begab mich aber noch nicht ins Büro, sondern ging den kurzen Weg zu Luigi zu Fuß. Dabei beeilte ich mich, weil sich über der Stadt wieder eine graue, drohend wirkende Wand aufgebaut hatte. Es waren sogar lokale Gewitter angesagt worden. In der Ferne hörte ich tatsächlich ein Grummeln.
Der Herbst kam. Der Sommer wollte nicht weichen, und deshalb kämpfte noch der eine gegen den anderen.
Draußen gab es keine Sitzgelegenheiten mehr, und so begab ich mich in das Innere des Restaurants, das um diese Zeit bereits gut besetzt war.
Von der glänzenden Kaffeemaschine aus winkte mir Luigi zur Begrüßung zu und deutete dann in Richtung eines kleinen Tisches, an dem Glenda und Suko saßen und mit dem Studium einer fahrbaren Tafel beschäftigt waren, auf der die Gerichte standen, die besonders zu empfehlen waren.
»Lasst euch nicht stören«, sagte ich und setzte mich auf einem freien Stuhl am Tisch.
»Das hätten wir sowieso nicht getan«, meinte Glenda. »Na, bist du endlich wach?«
»Noch nicht ganz.«
»Was hast du nur in der Nacht getrieben?«
Da ich ihre Neugierde kannte, gab ich einen kurzen Bericht, bei dem auch Suko die Ohren spitzte.
»Dann warst du mit der Cavallo zusammen?«, fragte Glenda.
»Es ließ sich nicht vermeiden.«
Sie schüttelte den Kopf. »Darüber komme ich nicht hinweg. Werde ich nie kommen. Sie ist eine Blutsaugerin, vergiss das nicht.«
»Das weiß ich, aber manchmal spielt einem das Leben eben einen Streich. Es ging nicht anders.«
»Und Jane Collins ist nicht dabei gewesen?«
»Du sagst es.«
»Naja…«
Ich grinste in mich hinein, weil ich die jahrelangen Eifersüchteleien zwischen Glenda und Jane kannte.
Meine Wahl hatte ich schnell getroffen. Ich benötigte nicht mal die Karte und bestellte eine mittelgroße Pizza, belegt mit Thunfisch, Peperoni und Käse.
»Sehr gute Wahl«, lobte der Kellner.
Glenda beließ es bei einem Salat mit Putenscheiben, und Suko entschied sich für Nudeln asiatisch Ich lächelte in die kleine Runde. »Schön, dass wir wieder mal zusammensitzen. Und auch so entspannt. Es gibt keinen Fall, über den wir uns Gedanken machen müssen und…« Glenda unterbrach mich. Sie schob die Ärmel ihres neuen grauen Pullovers in die Höhe. Sie nickte nicht mir zu, sondern Suko.
»Soll ich es ihm sagen?«
»Nein, nein, das mache ich schon.«
Ich wurde misstrauisch. »Gibt es Ärger?«
Suko winkte ab. »Das weiß ich noch nicht, John. Wir sollten uns nach dem Essen darum kümmern.«
»Rück schon damit raus, Alter. Um was geht es?«
»Um eine Frau, die lebt und zugleich tot ist.«
Ich sagte nichts und schaute die beiden nur an, bevor ich den Kopf schüttelte.
»Es war kein Witz, John«, sagte Glenda.
»Ja, ja, ich denke nur darüber nach, wie ich das in die Reihe bekommen soll.«
»Es wird wohl zu unserem Fall werden. Die normalen Kollegen haben davon erfahren und diesen Fall sofort an Sir James weitergeleitet. Er meinte, dass wir uns darum kümmern sollten.«
»Und wer hat über diese Person berichtet?«
»Ein gewisser Victor Fleming. Er war mit der Frau liiert. Sie heißt übrigens Klara Wellmann und stammt aus Deutschland.«
Ich nickte. »Und diese Person lebt und ist zugleich tot.«
»Ja, so muss man die Aussage des Mannes interpretieren. Wir sind übrigens nach dem Essen mit dem Mann am Grab seiner Freundin verabredet.«
»Ist sie dort begraben?«
»Das müsste eigentlich so sein. Aber wie gesagt, sie lebt trotzdem.«
Ich winkte ab. »Das ist doch Quatsch und…«
»Nein«, unterbrach mich Suko. »Der Mann hat sie sowohl tot als auch lebendig gesehen. Sie sah dabei unterschiedlich aus. Einmal normal und dann wie eine Leiche, die schon einige Zeit in der Erde
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