1589 - Der steinerne Templer
nichts.
Das heißt, ich wusste schon, dass sie auf der anderen Seite standen und damit ein Fall für mich waren. Aber zu wem gehörten sie? Einen Namen wusste ich. Hector de Valois, der ich selbst mal gewesen war.
Was hatte er mit Maurice Vidal zu tun? Welche in die Vergangenheit führende Spur hatte dieser Mensch gefunden?
Zudem stellte ich mir die Frage, wer er überhaupt war und wie er auf die Spur des Hector de Valois gekommen war. Hatte er etwas über meinen Vorfahren herausgefunden, von dem ich nichts wusste?
Im Moment gab es noch keinen richtigen Durchblick für mich, doch ich war überzeugt davon, dass sich dies bald ändern würde. Ewig konnte man mich hier nicht festhalten.
Ich warf einen Blick auf meine Uhr, die man mir gelassen hatte, und stellte fest, dass es auf Mittag zuging. Ich war sehr früh in Paris gelandet, und eigentlich hätte man inzwischen herausfinden müssen, mit wem man es zu tun hatte.
Ich räusperte mir die Kehle frei, denn es kratzte darin. Mittlerweile hatte ich Durst bekommen, aber man brachte mir weder Wasser noch etwas zu essen.
Aber ich hörte ein Geräusch, das vor der Tür entstanden war. Es war so etwas wie ein Hoffnungsfunke für mich, der sehr bald zu einer Flamme wurde, als die Tür aufgestoßen wurde und ein Uniformierter auf den Schwelle stand. Im Hintergrund wartete sein Kollege. Man ging auf Nummer sicher und hatte zwei Leute geschickt.
Der Mann warf mir meinen Hosengürtel zu, den ich wieder umlegte und dabei in das Gesicht des Polizisten schaute, das einen neutralen und keinen bedrohlichen Ausdruck zeigte.
Ich nickte dem Uniformierten zu. »Und? Was ist jetzt?«
»Wir können gehen.«
»Gut. Und wohin?«
»Das werden Sie sehen.«
»Ja, ich freue mich. Hoffentlich gibt es da auch was zu trinken. Ich habe nämlich Durst und bin es nicht gewohnt, dass mich Kollegen behandeln, wie es hier passiert ist.«
»Gehen Sie schon.«
»Nichts lieber als das.«
Der Gang, in dem wir uns befanden, war breit genug, um nebeneinander gehen zu können. Gesprochen wurde kein Wort. Fenster sah ich ebenfalls nicht, und so kam mir der Gedanke, dass wir uns unter der Erde in irgendwelchen Kellerregionen befanden.
Es gab eine Betontreppe, die nach oben führte, aber auch einen Aufzug, vor dem wir anhielten.
»Wer erwartet mich denn?«
Man gab mir keine Antwort. Dafür durfte ich in die Kabine treten, deren Innenseiten mit Metall verkleidet waren und eine Flucht unmöglich machten.
Wir fuhren nach oben. Und da sah die Welt schon ganz anders aus. Es war kein normales Revier, in dem ich mich befand, sondern schon so etwas wie ein Hauptquartier der französischen Polizei. Hier war es mit der Ruhe des Kellers vorbei Bürotüren standen offen. Polizisten schleppten sich mit Verhafteten ab, die brüllten und heftigen Widerstand leisteten. Zwei Nutten schrien, als man ihnen Handschellen anlegte, und fingen auch an zu spucken. Als wir sie passierten, sah ich, dass es sich um Transvestiten handelte.
Am Ende des Flurs wurde es ruhiger. Dafür sorgte auch eine dicke Glastür, die hinter uns wieder zuschwappte. Vor einer geschlossenen Tür blieben wir stehen.
Einer meiner Bewacher klopfte, öffnete und sagte zu mir: »Gehen Sie!«
Es gab in diesem Moment nichts, was ich lieber getan hätte.
Ich betrat ein normales Büro, in dem mich nicht die Einrichtung interessierte, dafür aber der Mann hinter dem Schreibtisch, der mich anlächelte.
Ich blieb einfach nur stehen und bekam vor Staunen den Mund nicht mehr zu, denn den Mann hinter dem Schreibtisch, der jetzt aufstand, den kannte ich…
***
»Bonjour, John Sinclair!«, begrüßte er mich. »Wir haben uns lange nicht mehr gesehen.«
»Das kann man wohl sagen.«
»Setz dich«, sagte er und deutete auf einen Stuhl vor seinem Schreibtisch.
Ich hatte meine Überraschung noch immer nicht richtig verdaut, denn der Mann mit den braunen Haaren und dem Oberlippenbart war Kommissar Voltaire, der von seinen Kollegen wegen seines Namens nur der Philosoph genannt wurde.
»Wie geht es dir, John?«
»Jetzt besser.«
»Das glaube ich.«
»Du hast nicht zufällig etwas zu trinken?«
»Klar. Wein, Cognac oder…«
»Wasser würde mich schon zufriedenstellen.«
»Sogar das habe ich.«
Er öffnete einen schmalen Schrank, der in seiner Reichweite stand.
Hinter der Tür war ein kleiner Kühlschrank eingebaut, und darin stand auch eine kleine Flasche Mineralwasser.
Auf ein Glas verzichtete ich, drehte den Verschluss auf und nahm erst mal einen
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