1589 - Im Auftrag des Galaktikums
der sich zu ihren Füßen niederließ und ihr einen schmutzigen Lappen reichte, mit dem sie den Schweiß aus dem Gesicht wischte? „Andolai hilf. Is’ ganz Ohr und merk’ auf", rief der Kranke und massierte den aufgequollenen Bauch. „Ja", sagte Hagea Scoffy. „Du spürst es deutlich. Es ist die Rettung, Andolai. Die Rettung!"
Daß die Walzenraumer sie in Ruhe ließen, hatte sie nicht Paylaczer zu verdanken. Die Überschwere legte mit Sicherheit Wert darauf, sie in ihre Hände zu bekommen. Sie wartete nur darauf, daß Dorina sich eine Blöße gab und ihr einen Vorwand lieferte.
Noch hatte Cebu Jandavari das Sagen, sie gab die Befehle. Paylaczer führte sie aus.
Wie lange noch?
Sie erhob sich von der Liege, auf der sie geruht hatte. Sie streckte ihren zierlichen und zerbrechlich wirkenden Körper und schlüpfte in den weiten Mantel, den der Servo ihr bereitgelegt hatte.
Wie lange noch? Diese Frage hatte sie sich in letzter Zeit immer wieder gestellt. Seit sie die Wahrheit über das Kima und ihr Volk wußte, seit sie die Auswirkungen der Zellaktivatoren auf das Kima kannte, stritten sich in ihr zwei Seelen. Einerseits wurde sie hektisch und trieb sich zur Eile an, andererseits erfüllte sie eine lähmende Leere, die sie zuvor nie gekannt hatte. Wenn sie an Taumond dachte, jene Pionierwelt im Kaokrat-System, auf der sie ihre Kindheit verbracht hatte, dann war es, als sei das in einer anderen Welt gewesen, in einem anderen Universum.
Du hast mit der Erkenntnis über den Ursprung deines Volkes auch einen Hauch des Hyperraums in dir aufgesogen, sagte sie sich. Du spürst die Nähe der Ewigkeit. Die Worte Hennoks kamen ihr in den Sinn, des Sohnes von Garyo Kaymar. Kaymar hatte seinen Kima-Strauch in einem Fayum gezogen, einem Topf. Und Dorina hatte nach seinem Tod die ehrenvolle Aufgabe übernommen, diesen Fayum zu zerschlagen. Sie hatte es mit vielen Fragen getan und in dem Bewußtsein, nie eine Antwort zu erhalten.
Jetzt wußte sie die Antwort. Und sie sprach die Worte Hennoks über seinen Vater laut aus: „Er glaubt fest daran, daß gerade du imstande sein wirst, den Bann zu brechen. Den Bann der Macht. Der Verblendung. Der Selbstüberschätzung. Du solltest nicht nur den Fayum auf dem grauen Tuch zerschlagen, sondern auch das enge Gefäß, das man über deinen Geist gestülpt hat."
Sie hatte alle diese Worte aus ihrem Gedächtnis streichen wollen, aber es war ihr nicht gelungen.
Sie hatte sie für eine Weile verdrängt, aber dann war jener Zeitpunkt gekommen, an dem die arkonidischen Verschwörer ihr den Aktivator stahlen, um ihn Atlan zu geben. Die relativ kurze Zeit hatte ausgereicht, um sie auf den richtigen Weg zu fuhren. Atlan hatte ihr das wertvolle Gerät zurückgegeben, und sie hatte es an sich genommen. Aber von diesem Zeitpunkt an hatte sie es nicht mehr getragen.
Dorina Vaccer spürte Dankbarkeit in sich, so, wie sie Schüler gegenüber ihrem Meister und ihrer Meisterin empfanden, wenn diese sie in das Leben entließen. Der Anstoß war von außen gekommen, und ohne diesen Diebstahl, der zweite schon, seit sie den Aktivator damals von ihrem Kima-Strauch abgenommen hatte, wäre sie nie zur Besinnung gekommen. Sie hätte sich weiter in diesem unseligen Bann befunden, und sie hätte auch dasselbe Schicksal erlitten wie Cebu Jandavari und die anderen Träger. Sie waren wahnsinnig, und der körperliche Zerfall hatte bereits eingesetzt. Sie erlebten das natürliche Abklingen ihrer Fähigkeiten nicht mehr und erreichten nicht einmal ein durchschnittliches Lebensalter.
Was wäre gewesen, wenn alle 14 Opfer der Aktivatoren geworden wären? Andere wären gekommen und hätten sich die tödlichen Geräte umgehängt. Die Nachfolger im Triumvirat hätten aus Egoismus weiterhin das Wissen um die Entstehung des Volkes unterdrückt und es einfach ignoriert.
Weil es schick war, Unsterblicher zu sein, wenn auch nur für ein paar Jahre.
Irgendwann hätte der Kampf um die Aktivatoren eingesetzt, und die Linguiden wären zu schwach gewesen, sich gegen die Überschweren zur Wehr zu setzen. Sie hätten sich als unwürdig erwiesen, die Aktivatoren im Sinn von ES einzusetzen. „Amdan!" Die zarte Stimme hallte durch den Korridor, in den sie getreten war. „Amdan, komm zu mir in den Beratungsraum!"
Die Syntrons der SINIDO gaben ihre Worte weiter, und irgendwo in einer der Kabinen auf der anderen Seite des Rumpfes beeilte sich der Lieblingsschüler, seiner Meisterin so schnell wie möglich gegenüberzutreten.
Amdan
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